Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament, Elmar Brok (EVP),
rechnet nicht vor 2016 mit einem möglichen EU-Beitritt der Türkei. Das sagte er heute
in einem Gespräch mit Radio Vatikan in Rom. "Aufgrund dieses Verhandlungsmandates
und aufgrund der Probleme und Voraussetzungen kann - wenn man den Ratifikationsprozeß
mit einbezieht - der Beitritt, wenn er schnellstens käme, nicht vor 2016, 20117 erfolgen." Brok
ließ erkennen, dass die Beitrittsverhandlungen in einer Krise sind. Das habe auch
mit dem Thema Religionsfreiheit zu tun: "Ich glaube, das ist eine der Bedingungen
schlechthin. Wir können nicht ein Land aufnehmen, das die prinzipiellen politischen
Freiheiten nicht gewährleistet, die in den Kopenhagener Kriterien (der EU) vorgesehen
ist. Und wenn es dies nicht gibt, können die gar nicht Mitglied werden." Zwar dürfe
die EU der Türkei "nicht die Tür zuschlagen", denn sie sei "ein äußerst wichtiges
Land, und es ist in unserem gemeinsamen Interesse, dass sie in unserem Lager ist".
"Aber wir müssen sehen, dass die Türkei offensichtlich in ihrer inneren Mentalität
noch nicht so weit ist, dass Verhandlungen konstruktiv und erfolgreich geführt werden
können, und daraus sind jetzt Erwartungen entstanden, die nicht erfüllt werden und
von daher anschließend die Krise umso größer machen." Der Parlamentarier zeigte
sich optimistisch, dass es bis 2008 einen EU-Verfassungsvertrag geben wird. Das werde
dann auch den Weg freimachen für eine Aufnahme Kroatiens in die EU. "Denn Kroatien
ist ja eigentlich schon weiter als Bulgarien und Rumänien", die voraussichtlich nächstes
Jahr EU-Mitglieder werden. "Wenn es gelingt, diesen Prozeß bis 2008 zu beenden, so
dass die neue Verfassung zur Europawahl 2009 gilt, dann trifft das genau mit dem möglichen
Endpunkt der Verhandlungen mit Kroatien überein."