Die EKD und die Deutsche Evangelische Allianz sollten ihre Zusammenarbeit vertiefen.
Dafür hat sich der Präsident des EKD-Kirchenamts, Hermann Barth, gestern beim Allianztag
im thüringischen Bad Blankenburg ausgesprochen. Die evangelikale Bewegung könne den
Landeskirchen bei der geistlichen Profilierung helfen. So bilde bei Mitgliederumfragen
zur Frage, was unbedingt zum Evangelischsein gehöre, das Lesen in der Bibel regelmäßig
das Schlusslicht. Dem wollten Evangelikale entgegenwirken. Außerdem seien Protestanten
häufig mit ihrem „Blick aufs Diesseits fixiert“ und verdrängten das „Leben der kommenden
Welt“. Auch dagegen wendeten sich Evangelikale. Darüber hinaus helfe die evangelikale
Bewegung durch ihr missionarisches Engagement der Kirche, ihrem Auftrag treu zu bleiben,
Menschen für den Glauben an Jesus Christus zu gewinnen. Barth lobte an der evangelikalen
Bewegung, dass sie etwa im Medienbereich gelegentlich Vorreiter gewesen sei. Als Beispiele
nannte er den Evangeliums-Rundfunk, Bibel TV und die Nachrichtenagentur idea. Solche
Aktivitäten seien ein Ansporn für die Kirche. Die Evangelikalen seien weniger strukturkonservativ
als die Kirchen. Sie hätten auch zum Konzept so genannter Profilgemeinden beigetragen,
die laut dem EKD-Impulspapiers über die Zukunft der evangelischen Kirche künftig eine
größere Rolle spielen sollen. Profilgemeinden binden ihre Mitglieder nicht aufgrund
des Wohnorts, sondern aufgrund inhaltlicher Schwerpunkte, zum Beispiel Evangelisation
oder Kirchenmusik. Barth war von der Allianz allerdings auch gebeten worden, seine
Anfragen an die evangelikale Bewegung zu formulieren. Seiner Ansicht nach geht es
in evangelikalen Kreisen manchmal sehr eng zu im Verständnis des Glaubens, in der
Auslegung der Bibel und in den Regeln der Lebensführung. „Habt keine Berührungsängste!“
rief der Kirchenamtspräsident den 140 Zuhörern zu. Außerdem habe die evangelikale
Bewegung ein gebrochenes Verhältnis zum Pluralismus. Dass sich Teile der Evangelikalen
dafür aussprechen, den biblischen Schöpfungsbericht wortwörtlich zu verstehen und
an eine Sechs-Tage-Schöpfung zu glauben, ist nach Ansicht Barths ein „Verrennen in
falsche Alternativen zwischen Bibel und Naturwissenschaft“. Auch das in den USA entwickelte
Konzept des „Intelligenten Designs“, das als Erklärungsmodell für die Entstehung des
Lebens und die Vielfalt der Arten das Wirken einer Schöpferkraft annimmt, hält Barth
für untauglich. Er nannte es einen grundlegenden Denkfehler, die biblischen Schöpfungsberichte
als Weltentstehungsmodelle zu lesen. Die Deutsche Evangelische Allianz repräsentiert
rund 1,3 Millionen Evangelikale in Landes- und Freikirchen. Scharfe Kritik an
der evangelikalen Bewegung und der Zusammenarbeit „ehrgeiziger Kirchenleute“ mit ihr
hat derweil der Weltanschauungsbeauftragte der pfälzischen Kirche, Pfarrer Richard
Ziegert aus Ludwigshafen, geübt. „Viele Funktionsträger im Raum der Kirche“ unterstützten
„ohne nachzudenken“ die „Amerikanisierung unserer kirchlichen Verhältnisse“, schreibt
der Theologe im Pfälzischen Pfarrerblatt. (idea 01.10.06 sk)