Kardinal Kasper: "Ökumen. Fortschritte durch Geduld und Freundschaft"
Nach sechsjähriger
Unterbrechung ist in Belgrad wieder die katholisch-orthodoxe Dialog-Kommission
zusammengekommen. Die vom vatikanischen Ökumene-Minister Kardinal Walter Kasper und
dem orthodoxen Metropoliten Ioannis Zizioulas von Pergamon geleitete Experten-Konferenz
nimmt den im Jahr 2000 ausgesetzten Dialog zwischen den getrennten Kirchen wieder
auf. Zu diesem Neubeginn hatte sich im Dezember ein gesamtorthodoxes Treffen unter
Leitung von Patriarch Bartholomaios in Istanbul entschlossen.
Nach erfolgreichem
Beginn traten beim 1979 offiziell eröffneten katholisch-orthodoxen Dialog in den 90er
Jahren Schwierigkeiten auf. Bei ihrem bislang letzten Treffen 2000 in Baltimore konnten
sich die Mitglieder nicht auf ein gemeinsames Schlussdokument zur Frage der mit Rom
unierten Ostkirchen einigen.
Zu dem Treffen, für das die serbisch-orthodoxe
Kirche die Gastgeberrolle übernommen hat, haben beide Seiten je 30 Vertreter entsandt.
Auf katholischer Seite gehören dazu unter anderem der Wiener Kardinal Christoph Schönborn
und Kurienkardinal Jean-Louis Tauran, die Erzbischöfe Alfons Nossol von Oppeln und
Roland Minnerath von Dijon, sowie die Bischöfe Kurt Koch aus Basel und Gerhard Feige
von Magdeburg.
Wir haben mit Kardinal Kasper in Belgrad gesprochen: Worum
ging es eigentlich bei diesem Treffen?
Es ging darum, nach einer längeren
Unterbrechung, die ersten Kontakt wieder zu knüpfen. Wir haben eine neue Kommission
mit vielen neuen Mitgliedern. Viele mussten erst eingeführt werden in das, was bereits
geschehen ist. Dann haben wir uns vorgenommen, über das Thema „Kirche als communio“
zu sprechen. Das bedeutet: Wir wollen die Konsequenzen ziehen aus dem, was in der
ersten Phase der Diskussion gesagt worden ist. Die Kirche ist sakramental. Jetzt geht
es konkret um Konziliarität und Autorität in der Kirche, also die Spannung zwischen
einer synodalen und einer hierarchischen Verfassung. Und da haben wir ein Papier benützt,
das schon vorbereitet war für 1990, das schon 16 Jahre alt ist
Was sind
die heißen Fragen?
Die heißen Punkte sind bekannt. Es ist in erster Linie
das Problem des Petrusamtes, des Primats auf der universalen Ebene der Kirche. Wir
werden dieses Problem dieses Ml nicht ausführlich behandeln. Wir haben nur vor, es
auf den Tisch der Verhandlungen zu legen, genau die Position abzustecken und werden
in einer der künftigen Versammlungen dieses Problem direkt angehen. Ich denke, das
ist das wichtigste Problem, das zwischen der Orthodoxie und der katholischen Kirche
besteht. Alle anderen Probleme sind mehr Probleme der Mentalität, auch Missverständnisse
und polemische Verzerrungen der Vergangenheit.
Waren die Gespräche fruchtbar?
Es
sind sehr gute Gespräche gewesen in einer vorzüglichen Atmosphäre, sie sind sehr ruhig
verlaufen. Es hat keinerlei große Polemiken gegeben, aber auf der anderen Seite: Sehr
ehrlich hat man die Position dargestellt. Und auf dieser Grundlage meine ich, dass
wir gute Hoffnung haben, in den folgenden Sitzungen gute Schritte voranzukommen. Es
war zunächst einfach notwendig und wichtig, eine gute brüderliche Atmosphäre herzustellen.
Denn ohne eine solche Atmosphäre kann man nicht diskutieren. Insofern glaube ich,
dass wir der Hoffnung des Heiligen Vaters voll entsprochen haben.
Ist über
die Probleme im Zusammenhang mit der Papstrede in Regensburg gesprochen worden?
Wir
haben offiziell in unseren Verhandlungen nicht darüber gesprochen, weil sie nicht
zum Thema gehört. Aber am Rande ist oft darüber gesprochen worden, von orthodoxer
Seite oft in sehr positiver Weise für den Papst. Sie verstehen einerseits die Erklärungen,
die der Papst jetzt abgegeben hat. Die werden allgemein von den Orthodoxen akzeptiert.
Auf der anderen Seite sagen die Orthodoxen ganz klar, dass der Papst ein Problem benannt
hat, das besteht. Und dafür sind sie eigentlich eher dankbar. Im Verhältnis zwischen
katholischer und orthodoxer Kirche hat diese Rede keine Probleme gebracht. Natürlich
sehen beide mit Sorge auf Reaktionen bestimmter Kreise unter den Muslimen.
Glauben
sie dass dieses Treffen auch Auswirkungen auf den katholisch-protestantischen Dialog
hat.
Ich glaube nicht direkt, denn die Probleme zwischen orthodoxer und
katholischer Kirche sind doch recht unterscheiden vom evangelisch-katholischen Dialog.
Vielleicht hat es insofern Auswirkungen, dass es ein Ansporn ist, in diesem Dialog
mit den evangelischen Brüdern und Schwestern voranzukommen. Aber direkte Auswirkungen
sehe ich im Augenblick nicht. Natürlich das Thema Primat ist ein Thema in beiden Dialogen.
Aber doch in einem sehr verschiedenen Kontext, weil wir klar gegenseitig das Bischofsamt
haben und auch gegenseitig anerkennen und insofern sind andere Voraussetzungen gegeben.
Uniatismus,
das heißt also die Frage der mit Rom unierten Kirchen – war das Thema?
Es
war kein offizielles Thema, weil wir gleich am Anfang wiederholt haben, was man in
Balamand 1993 gesagt hat: Uniatismus ist ein Phänomen der Vergangenheit. Die Kirchen,
die so entstanden sind, haben ein Recht zu existieren. Sie sind übrigens auch hier
m Dialog präsent. Wir haben Vertreter dieser orientalischen Kirchen in voller Gemeinschaft
mit Rom. Aber wir haben zugleich gesagt: Die Methode des Uniatismus ist keine Methode
für heute und für die Zukunft, und das hat doch positiv gewirkt auf orthodoxer Seite.
Wie
wird es jetzt weiter gehen? Gibt es eine offizielle Erklärung?
Es wird
sicher eine Presseerklärung geben am Schluss. Aber wir werden noch keinen fertigen
Text haben am Schluss. Unsere Absicht war, lieber langsam vorangehen in guter Atmosphäre
und am Ende einen guten Text haben. Das ist mehr wert als ein schneller Text. Wir
werden einen überarbeiteten Text haben. Aber dieser überarbeitete Text muss dann neu
in die Vollversammlung eingebracht und diskutiert werden, so dass wir also erst mal
kein Dokument verabschieden können. Das ist aber in gar keiner Weise ein Versagen
oder ein Fiasko, im Gegenteil: Langsam vorangehen in guter Atmosphäre ist viel besser,
als etwas erzwingen zum jetzigen Zeitpunkt.
Steht denn schon fest, wann
eine nächste Sitzung stattfindet?
Vermutlich, aber nicht sicher, bereits
im nächsten Jahr. Nächstes Mal sind wir, die katholische Seite, die Einladenden. Wo
die Versammlung sein wird haben wir noch nicht beschlossen. (rv / kna 220906
mc)