Die seit mehr als 100 Jahren in Frankreich geltende Trennung von Kirche und Staat
soll gelockert werden. Innenminister und Präsidentschaftskandidat Nicolas Sarkozy
hat die Debatte heute mit dem Vorschlag neu entfacht, die Kommunen sollten in Zukunft
den Bau von Kultstätten finanziell mittragen können. Der in der katholischen Tageszeitung
„La Croix“ geäußerte Vorstoß hat „Religionen mit aktuell starker Ausdehnung auf unserem
Staatsgebiet“ im Blick, also in erster Linie den Islam. Sarkozy erwähnte allerdings
auch ausdrücklich das evangelische Christentum. Den Vorschlag hatte eine vom Innenminister
eingesetzte Kommission in den vergangenen zwei Jahren erarbeitet. Gestern Abend überreichte
der Kommissionsleiter das 86seite Dokument an Sarkozy. Die jetzigen französischen
Gesetze lassen nicht zu, dass der Staat Kultus-Neubauten unterstützt. Das Argument
des Innenministers ist, dass Moslems ihre Gottesdienste nicht in Kellern oder in Gebäuden
abhalten, die von Saudi-Arabien bezahlt werden. In „La Croix“ plädierte Sarkozy für
«eine farbenfrohe, vielseitige und durch seine Vielfalt reiche Gesellschaft». Es dürfe
keine Bürger zweiter Klasse geben, weil dies nur zu Radikalisierungen führe. In Frankreich
ist der Islam mit rund sechs Prozent der Bevölkerung die zweitgrößte Religionsgemeinschaft.
Die Laizität, also die strikte Trennung von Kirche und Staat, ist seit ihrer Einführung
1905 eine tragende Säule der Gesellschaft. ( „La Croix“/ efe 21.09.06 gs)