Das UN-Ultimatum ist verstrichen, im Atomstreit mit Iran hat sich bisher nichts bewegt.
die Regierung in Teheran hat gestern nochmals deutlich gemacht, dass sie die umstrittene
Urananreicherung nicht einstellen wird. Diese Ankündigung hat Kritik ausgelöst, der
Ruf nach wirtschaftlichen Sanktionen wurde laut. „Sanktionen fruchten wenig“, meint
der Pfarrer der evangelischen Gemeinde deutscher Sprache in Teheran, Karl Jacobi.
„Wir haben den Eindruck, dass die Mehrheit der Iraner hinter der Politik
von Ahmadinedschad steht, und zwar deshalb, weil es hier um den Stolz der Nation geht.
Es wird immer wieder in den iranischen Zeitschriften betont, dass es ein unveräußerliches
Recht Irans ist, Atomenergie friedlich zu nutzen. Deshalb glaube ich auch, dass wirtschaftliche
Sanktionen wenig fruchten werden. Die Iraner haben im Iran- Irakkrieg gezeigt, dass
sie leiden können. Ich glaube, dass auch stärkere Sanktionen nicht zu einem Politikwechsel
führen.“
Respekt vor der iranischen Bevölkerung – dazu
mahnte Papst Benedikt bereits zu Beginn der Auseinandersetzungen in Sachen Atomstreit.
Beobachter haben anstelle wirtschaftlicher Sanktionen einen Vermittelungsversuch des
Heiligen Stuhles angeregt.
„Nach dem, was ich in den iranischen Zeitungen
lese, wird der Vatikan als Gesprächspartner ernst genommen. Die verschiedenen Institutionen
hier in Teheran, die sich um interreligiösen Dialog bemühen, zeigen ebenfalls immer
wieder, dass Iran einen willkommenen Gesprächspartner wie den Vatikan ernst nimmt.
Allerdings sind die Iraner auch Händler. Von daher glaube ich, werden wirtschaftliche
Notwendigkeiten auch gehört – inklusive der Frage, wie produzieren wir unsere Energie
in den nächsten zehn oder zwanzig Jahren. Wichtig ist, dass die Iraner respektiert
werden. Und vor allen Dingen, seit der islamischen Revolution, fühlen sich die Iraner
in ihrem Kern vom Westen nicht mehr ernst genommen. Und wenn man deutsche Zeitschriften
liest, hat man ja wirklich den Eindruck, dass sehr viel Distanz zwischen Deutschland
und Iran liegt.“
Unter den Deutschen, die in Iran leben, sei die Stimmung
gemischt. Einige riefen zur Gelassenheit auf, während andere schon auf gepackten Koffern
Richtung Deutschland säßen. eine Möglichkeit, die der heranwachsenden Generation iranischer
Jugendlicher verwehrt bleibe, so Pfarrer Jacobi:
„Das größte Problem sehe
ich darin, dass vor allen Dingen junge Iraner im Iran wenig Zukunft sehen. Denn es
geht ja nicht nur um Waren, sondern auch um Technologietransfer und um Bildung, die
bei einer ganzen Generation verschlechtert wird. Und das bereitet mir am meisten Sorge,
dass junge Iraner sich anfangen einzukapseln und dass mit jungen, unzufriedenen Iranern
auch das Gewaltpotential im Nahen Osten wächst.“ (rv 01.09.06 sis)