2006-08-31 14:06:02

Italien: Was ist das "Volto Santo" von Manoppello?


Morgen vormittag wird Papst Benedikt den Wallfahrtsort Manoppello in den italienischen Abbruzzen besuchen, um dort vor dem so genannten "Volto Santo" (Heiliges Antlitz) zu beten. Der Kunsthistoriker P. Heinrich Pfeiffer hat die Tuchreliquie vor 20 Jahren gleichsam entdeckt. P. Eberhard Gemmingen sprach mit dem an der päpstlichen Universität Gregoriana lehrenden Jesuiten und fragte ihn zunächst, was Papst Benedikt in Maoppello überhaupt zu Gesicht bekommen wird.

Zunächst einmal, man sieht eine Monstranz. In dieser Monstranz zwischen zwei Glasscheiben befindet sich ein ganz ganz feines Tuch, auf dem das Antlitz Christi erscheint. Es ist 17 auf 24 Zentimeter groß, also genau Gesichtsgröße. Was man sieht, ist nur dieses ganz ganz feine, durchsichtige Tuch, und so fein und durchsichtig, dass man durch das Bild hindurch alles sehen kann, was hinter dem Bild ist. Man kann, soweit man auf Abstand lesen kann, eine Zeitung oder ein Buch durch das Bild hindurch lesen, ohne jede Schwierigkeit.

Wie ist dieses Gesicht auf das Tuch gekommen?

Es gibt bisher keine Erklärung. Wenn es stimmt, dass es sich um Byssos aus dem Meer handelt, [Anm: Byssos ist eine Faser, die aus den Ankerfäden der im Mittelmeer lebenden Edlen Steckmuschel (Pinna nobilis L.) gewonnen wurde; die Faser ist extrem fest und haltbar, insofern mit Nylonfäden vergleichbar] dann sobald man es trocknet, gibt es noch einige Salzkristalle drin, und die bewirken, dass jede Farbe abblättert. Farbe kann also nicht auf das Tuch gebracht worden sein. Das geht nicht, das würde wieder abblättern oder nach Jahrhunderten müsste es längst wieder abgeblättert sein.

Warum ist das Tuch ausgerechnet in dem unscheinbaren, etwas abgelegenen Abbruzzen-Ort Manoppello? Wann und wie ist es dorthin gekommen? Manoppello ist ja in den vergangenen Jahren als Wallfahrtsort populär geworden.

In dem Augenblick, als ich es zum ersten Mal 1986 sah, wusste ich sofort, das muss das Bild der Veronika sein, oder „die Veronika“, wie man in Rom immer sagte. Die Veronika, das wahre Christusbild. Das höchstwahrscheinlich während des Sacco di Roma aus Rom verschwunden ist. Was heute gezeigt wird, muss man leider sagen ehrlicherweise, dass das auf keinen Fall die Veronika sein kann, weil auf dem Tuchstück, das im Petersdom noch gezeigt wird, kein Bild zu sehen ist. Ich weiß, dass ich mit dieser These lange Zeit ganz alleine stand, und jetzt hat sich die Situation ganz langsam geändert. Wie das Tuch genau nach Manoppello kam, das weiß keiner, das ist ein Geheimnis zwischen dem, der dieses Stück als Hehler hatte, wahrscheinlich als Adliger, und dass die Ware ihm zu heiß wurde, und den Kapuzinern, die höchstwahrscheinlich nur deshalb in Manoppello sind, weil sie dieses Tuch mit dem Christusbild zu bewahren hatten. In dem Augenblick, als ich es 1986 zum ersten Mal sah, wusste ich sofort, das muss das Bild der Veronika sein, oder die Veronika, die man in Rom immer sagte.

Veronika heißt dieses Bild?

Das wahre Antlitz heißt es, nichts anderes als das. Die Veronika – das wahre Christusbild. Das höchstwahrscheinlich während des Sacco di Roma aus Rom verschwunden ist
Als die Veronika verehrt wurde in Sankt Peter im 14. und 15. Jahrhundert, bis eben wahrscheinlich wegen des Sacco di Roma, der Plünderung Roms, das Tuch verschwunden ist. Ich war damals sehr glücklich als ich es sah, das muss es sein, ich habe sie wiedergefunden. Da das die Päpste ungeheuer interessierte, von Innonenz III. an, muss das den Papst auch heute interessieren. Das ist eine ganz einfache Frage. Wieder vor diesem Objekt zu sein, das seine Vorgänger über die Maßen verehrt haben, für das sie Ablassgebete herausgebracht haben, selbst Hymnen gedichtet haben – dieses Objekt wiederzusehen, muss doch eine große Erfahrung für den Papst sein.

Und wenn ein normaler Christ dorthin kommt und das Bild sieht, ist das so, wie wenn er die Bergpredigt liest? Oder die Kommunion empfängt, ist das eine Begegnung mit Jesus Christus?

Eine mögliche, ja. Bei Manoppello ist das besonders stark, denn der Ausdruck ist der von großer Unschuld, wie man das nur bei Kindern findet. Auch von Barmherzigkeit und Gerechtigkeit. Davor zu stehen, ist ein besonders tiefes Erlebnis.
(rv 31.08.06 gem/gs)







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