Mit Nachdruck ruft die deutsche katholische Friedensbewegung Pax Christi zum Frieden
im Libanon auf. Eine Erklärung des Verbands spricht mit Sorge von einer neuen Dimension
des Nahostkonflikts. Die gegenwärtige dramatische Eskalation erschwere auch eine Lösung
des israelisch-palästinensischen Konflikts und werfe die Friedensbemühungen im Nahen
und Mittleren Osten insgesamt zurück. Pax Christi nennt den Libanon-Konflikt daher
eine "Niederlage für die Menschheit".
Hier der genaue Wortlaut des Statements:
Die
neue Dimension des Nah-Ost-Konfliktes: Militärgewalt potenziert die Probleme
Stellungnahme
des Präsidenten, Bischof Heinz Josef Algermissen, und des Geschäftsführenden Vorstandes
der deutschen Sektion der internationalen katholischen Friedensbewegung pax christi
Seit
einem Monat herrscht Krieg im Libanon. Alle politischen Initiativen zur Eindämmung
der Kämpfe scheiterten bislang an der Eskalationsbereitschaft beider Seiten und der
zögerlichen und uneinheitlichen Haltung der internationalen Staatengemeinschaft. Aktuell
konzentrieren sich alle Hoffnungen auf die Stationierung libanesischer Streitkräfte
im Südlibanon, um den Kämpfen ein Ende zu setzen. Eine solche Initiative und alle
weiteren Schritte sind zu unterstützen, die den Krieg schnellst möglich beenden könnten.
Mit ihren Raketenangriffen hat die Hisbollah eine Aggression vollzogen, die
eine neue Qualität in der Bedrohung Israels darstellt. Erstmals erreichen Raketen
die Stadt Nazareth und die Waffenlager sind derart gefüllt, dass ein Beschuss über
Monate hin möglich ist. Es wird offenkundig, dass mit Hilfe Syriens und des Iran eine
enorme Aufrüstung der Hisbollah-Milizen stattgefunden hat. Die Vernichtungs-Rhetorik
des iranischen Präsidenten Achmadinedschad gegenüber Israel hat in den Raketen der
Hisbollah eine konkrete Gestalt angenommen.
Die Militäraktionen Israels, die
Bombardements und die jetzt verschärften Bodenkämpfe, sind keine angemessene Antwort
auf die verbrecherische Entführung israelischer Soldaten durch die Hisbollah und keine
Strategie zur Verhinderung der Raketenangriffe auf israelische Städte. Zu Recht ist
die Empörung der weltweiten Zivilgesellschaft über das Vorgehen Israels groß.
Bisher
sind nach libanesischen Angaben in diesem Krieg rund tausend Menschen, zumeist Zivilisten,
getötet worden; über dreitausend Menschen wurden verwundet und in Massen fliehen die
Menschen vor den Bomben und Raketen. Im israelischen Grenzgebiet zum Libanon leben
die Menschen in ständiger Angst vor den Raketen der Hisbollah, fast 100 von ihnen
sind bei den Angriffen umgekommen. Über 50 israelische Soldaten und etwa 400 Milizionäre
der Hisbollah sind bislang in den Kämpfen getötet worden. Die Zerstörung von Beirut
und weiterer Städte und Dörfer im Süden Libanons wird mit jedem Kriegstag größer und
die Not der Zivilbevölkerung nimmt zu, da Hilfsorganisationen mit ihren Transporten
die Bedürftigen nicht erreichen können.
Hier zeigt sich eine neue Dimension
des Nah-Ost-Konflikts. Das vierwöchige Bombardement des Libanon demonstriert zwar
das gewaltige militärische Potential Israels. Es offenbart aber gleichzeitig, wie
unmöglich es ist, die perfide Gewalt der Hisbollah-Milizen auf diese Weise zu beenden.
Wenn Waffenlager in Wohngebieten von Zivilisten und neben Krankenhäusern eingerichtet
werden, wenn ein neutraler Staat zur Operationsfläche von Anschlägen missbraucht wird
und wenn die Drahtzieher der Gewalteskalation sich hinter Milizionären verstecken
können, führen militärische Antworten zu einer weiteren Verschärfung der Lage. Die
Eskalation der Gewalt mindert die Sicherheit Israels in der Region und vermehrt
die Zahl der Todesopfer und Flüchtlinge; sie schließt Verletzungen des Völkerrechts
und der Menschenrechte ein, sie schürt den Hass und stärkt die radikalen Kräfte.
Die
gegenwärtige dramatische Eskalation erschwert auch eine Lösung des israelisch-palästinensischen
Konflikts und wirft die Friedensbemühungen im Nahen und Mittleren Osten insgesamt
zurück. So ist auch dieser Krieg eine Niederlage für die Menschheit.
Alle
Bemühungen um eine sofortige Beendigung des Krieges im Libanon müssen sowohl auf Israel
und die Hisbollah als auch auf Syrien und Iran gerichtet sein. Nur so werden die Voraussetzungen
zur politischen Lösung des Konflikts geschaffen. Konkret fordert pax christi:
die sofortige Einstellung aller Kampfhandlungen im Libanon und Wiederherstellung
der Integrität des libanesischen Staates; die schnellst mögliche Verabschiedung
einer UN-Resolution, die die Stationierung von internationalen Truppen im Libanon
und den Rückzug Israels möglich macht, um weitere Übergriffe dauerhaft zu unterbinden
und eine Entwaffnung der Hisbollah durchzusetzen; unverzügliche Verhandlungen
über die Freilassung und den Austausch von Gefangenen und entführten Soldaten; den
Stopp von Waffenlieferungen u.a. aus den USA und Deutschland an Israel sowie aus Syrien
und Iran an israelfeindliche Kräfte.
Von der Bundesregierung erwartet
pax christi eine Politik, die alle Bemühungen um einen Waffenstillstand ohne Vorbedingungen
unterstützt. Dazu gehören insbesondere:
die Stärkung der libanesischen
Regierung, damit diese die Kontrolle über den Südlibanon gewinnen kann, Hilfen
zur Bewältigung der akuten Notlagen, Unterstützung von Maßnahmen der UNO zum Schutz
der Zivilbevölkerung in Israel und dem Libanon sowie zum Stopp aller Rüstungslieferungen, eine
Initiative zusammen mit Frankreich und weiteren Ländern, um Syrien und Iran zu bewegen,
eine Friedensordnung im Nahen Osten mit zu schaffen, die eine gesicherte Existenz
Israels, Libanons und Palästinas garantiert.
pax christi fordert zur
Unterstützung von Friedens- und Menschenrechtsgruppen in der Konfliktzone auf und
leistet selbst solche Unterstützung.