Kongo: Ohne das Engagement der Kirche "wäre es chaotisch"
Die internationale
Gemeinschaft ist zufrieden mit dem Ablauf der ersten demokratischen Wahlen im Kongo.
UNO-Generalsekretär Kofi Annan spricht von einem „Meilenstein“ in der Geschichte.
Das kann der Menschenrechts-Experte Kalala Ilunga Matthiesen nur bestätigen. Dennoch
kritisiert er: Richtig demokratische Wahlen sehen anders aus. Matthiesen ist als Kandidat
bei den Parlamentschaftswahlen angetreten. Eigentlich lebt er mit seiner Familie
in Hamburg. Sein Wahlkreis im Kongo war so groß wie Schleswig Holstein:
„Es
ist natürlich eine Erleichterung für die Kongolesen, wenn sie zur Wahl gehen. Aber
für uns als unabhängige Kandidaten – ich gehöre zu keiner politischen Partei... Alles
habe ich selbst finanziert. Und der Staat hat nichts für uns getan. Die Herausforderung
für uns als unabhängige Kandidaten ist sehr groß – auch der Druck. Und auch, dass
man garantieren kann, dass die Wahl frei und demokratisch abgelaufen ist, ist in Frage
zu stellen, weil es keine Beobachter gab. Uns Kandidaten werden die Ergebnisse sagen,
ob es gut gelaufen ist oder ob es schlecht gelaufen ist. Ob Geld eine Rolle spielt
- oder ob das, was wir gepredigt haben, eine Bedeutung in der Bevölkerung hat.“
Menschenrechte
und Menschenwürde – das stand auf seinem Programm. Er verschenkte keine Fahrräder,
er gab den Wählern kein Geld. Er wollte, dass die Menschen etwas über Demokratie
lernen, bevor sie an den ersten demokratischen Wahlen teilnehmen. Die Bundeswehr wurde
in den Kongo geschickt, um die Wahlen abzusichern. Sein Wahlkreis konnte von dieser
Präsenz jedoch nicht profitieren, meint Matthiesen:
„Es ist wichtig, dass die
Bundeswehr nach Kinshasa gegangen ist. Aber der Kongo ist sehr, sehr groß – etwa siebenmal
so groß wie Deutschland. Die ganzen Soldaten sind nur in Kinshasa, und deshalb sind
sie hier in meinem Wahlkreis nicht zu sehen. In meinem Wahlkreis sind keine internationalen
Beobachter, es gibt auch keine lokalen Beobachter. Nur die Zeugen, die jeder Kandidat
engagieren sollte, sollten dafür garantieren, dass die Wahl gut läuft. Allerdings
haben diese Zeugen die Erlaubnis von der unabhängigen Wahlbüro viel zu spät bekommen-
einen Tag vor der Wahl.“
Matthiesen bedauert, dass in seinem Wahlkreis vieles
nicht geklappt hat. Im Vorfeld hatten methodistische und katholische Bischöfe immer
wieder auf die Unregelmäßigkeiten aufmerksam gemacht. Ohne das Engagement der Kirche,
so Matthiesen, wären die Wahlen unmöglich gewesen:
„Weil die Politiker keine
Kompromisse mehr finden konnten. Heute ist auch der Leiter der Wahlkommission ein
katholischer Priester. Das heißt, die Kirche hat total mitgewirkt. Zum Beispiel ist
heute eine Truppe der UNO hier in unserem Wahlkreis. Sie sind nicht genug, sie sind
nicht ausreichend, aber sie sind sichtbar. Aber sie sind auch nicht in allen Wahlzentren
gewesen, sie sind nur bei der katholischen Kirche, wo sie übernachten. Das heißt,
wir können dorthin gehen, um uns zu beschweren. Wenn etwas komisch läuft, dann haben
wir Leute, an die wir uns wenden können. Das sichert schon einigermaßen. Ohne das
wäre es chaotisch“ (rv 01.08.06 sis)