Wer Kinder großzieht
muss im deutschen Rentensystem besser wegkommen. Das will die Deutsche Bischofskonferenz.
Mit Blick auf die Leistungen für Familien sei das Rentensystem "hochgradig defizitär
und reformbedürftig", heißt es in einem heute in Frankfurt veröffentlichten Gutachten,
das die Bischofskonferenz in Auftrag gegeben hatte. Der Sozialbischof Reinhard Marx
betont: "Das Verhältnis zwischen den Leistungen der Familien und den Gegenleistungen
der Gemeinschaft ist nicht ausgewogen. Das ist unumstritten. Die Familien sind strukturell
Benachteiligt. Kinderlose werden im Vergleich zu denjenigen, die Elternverantwortung
übernehmen, begünstigt. Vor allem in der gesetzlichen Rentenversicherung tritt dies
zu Tage, und das ist ein Konstruktionsfehler des vor 50 Jahren eingeführten Rentensystems,
die Kindererziehungsleistungen nicht angemessen zu berücksichtigen und nicht wirklich
systematisch in die gesamte gesetzliche Rentenversicherung einzubauen." Auch
die jüngsten Reformen hätten wenig daran geändert, dass Bürger mit Kindern bei der
Rente benachteiligt würden, kritisierte der Bischof. "Familienpolitisch ist
diese Reform blind. Die damit einhergehenden Rentenkürzungen erfolgen völlig unabhängig
davon, ob jemand Kinder erzogen hat. Es wird also im Grunde genommen die systematische
Benachteiligung der Erziehungsarbeit, der Familienarbeit weiter vorangetrieben." Die
Bochumer Sozialwissenschaftler Jörg Althammer und Andreas Mayert hatten das Gutachten
erstellt. Einer ihrer konkreten Vorschläge: Zwei Erziehungsjahre mehr als bisher auf
die Rente anrechnen. Die Reform müsse kostenneutral durchgeführt werden und verlange
deshalb Leistungseinschnitte an anderer Stelle. Althammer: "Es geht nicht um
eine Bestrafung Kinderloser sondern es geht darum, dass die Leistungen, die die Familien
bislang schon immer für die Rentenversicherung erbracht haben, dass die endlich sachadäquat
berücksichtigt werden. Wenn es der Bundesregierung tatsächlich ernst ist, Familienorientierung
im System sozialer Sicherung auszubauen, dann sehe ich die Chancen relativ gut. Sollte
es nur darum gehen, neue Finanzierungsquellen zu erschließen, dann wird es sicherlich
wie in der Vergangenheit so oft im Sande verlaufen." (kna/pm 26.07.06 bp)