2006-07-14 14:02:24

Israel: Papst könnte vermitteln


RealAudioMP3 Die Situation in Nahost eskaliert. In dieser Nacht verstärkte Israel die Luftangriffe im Libanon. Ziel war der Süden der Hauptstadt Beirut, wo sich das Hauptquartier der Hisbollah befindet. Gestern tagte der Weltsicherheitsrat in New York. 15 Mitglieder - darunter China, Russland und Frankreich - stimmten für eine Resolution, die Israel dazu auffordern soll, einen unverzüglichen Abzug aus dem Gazastreifen einzuleiten. Die USA stimmte dagegen. "Wir befinden uns in einer Sackgasse“ urteilt Moshe Zimmermann, Professor für Moderne Geschichte an der „Hebrew University“ in Jerusalem. Dass Israel früher oder später zu den Waffen greifen würde, sei voraussehbar gewesen:

„Man kann ja nicht zulassen, dass Städte im Süden Israels mit Raketen beschossen werden und Israel darauf nicht reagiert. Die Reaktion bisher war nicht effektiv – man versuchte jetzt effektiver zu werden. Dasselbe passiert jetzt im Norden Israels. Alle befinden sich einer Sackgasse, und aus einer Sackgasse kann man nur heraus, wenn die UNO, Amerika und Europa intervenieren und nicht nur so lahm wie bisher, wo man ein paar Worte sagt und irgendeinen unwichtigen Politiker hinschickt, sondern wenn man etwas Energisches tut, wenn man diese Vorschläge in die Tat umsetzt.“

 
Dem Treffen des Weltsicherheitsrates steht er skeptisch gegenüber. Die dort getroffenen Entscheidungen seien ein Signal, könnten jedoch nur wenig bewegen, glaubt Zimmermann. Wirksamer sei womöglich ein Appell des Papstes.
 
„Wenn der Papst oder wenn vom Vatikan her ein Vermittlungsvorschlag angeboten wird, kann das selbstverständlich eine große Wirkung haben. Beide Seiten versuchen ja, ihr Gesicht zu wahren, und wenn dann ein Angebot von Seiten des Vatikans kommt, dann ist man geehrt und auf beiden Seiten eher bereit, Kompromisse einzugehen.“

Und wie sieht es in den israelischen Städten aus? Was denken die Menschen in Israel?

„Die israelische Gesellschaft ist eine Wohlfahrtsgesellschaft, eine „Spaßgesellschaft“. Das ist keine Gesellschaft, die Kriege führen will. Deshalb ist die Fortsetzung dieser Situation für all die Israelis unerträglich. Die Leute mögen Ferien machen, die mögen ins Ausland reisen, die mögen am Samstag Fußball sehen und keine Kriege führen.“

Zum Libanon kann der Historiker nicht viel sagen. Wenn er seinen Blick auf die palästinensische Gesellschaft richtet, dann stellt er fest:

„Im palästinensischen Lager ist die Verzweiflung sehr groß. Obwohl die Palästinenser sehen, dass Israel viel stärker ist, dass Israel jetzt eigentlich ohne Beschränkung seine Macht ausüben kann. Diese lange Zeit der Unterdrückung ist Grund genug für diese Leute, doch eine radikale Politik zu unterstützen. Man denkt dort sehr oft: Schlimmer kann es nicht werden, und deswegen brauchen wir diese Art von Befreiungsschlag. Mindestens um unsere Ehre zu retten. Das ist selbstverständlich eine Haltung, die nicht friedensfördernd wirkt.“

Der Historiker blickt besorgt in die Zukunft. Schon seit langem hat er kommen sehen, was nun traurige Wirklichkeit geworden ist:

„Israel versucht mit aller Macht Probleme zu lösen, die sich aufgestaut haben. Die Entführung israelischer Soldaten hat man als Anlass genutzt, um einen Feldzug zu veranstalten. Man hat eine Rechtfertigung, und diese Rechtfertigung benutzt man, um ein Ziel zu erreichen, das man schon seit langem erreichen wollte, aber nicht erreichen durfte weil man keinen Anlass hatte.“
(rv. 14.07.06 sis)








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