Ein gedeihliches Zusammenleben
zwischen Christen und Muslimen kann nur dann gelingen, wenn der Islam seinen Anspruch
auf die Verschmelzung von Religion und Politik ("din wa daula") aufgibt. Das betonte
der deutsche Islam-Experte und Jesuit Christian Troll, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur
kathpress. Er weise im Gespräch mit Muslimen immer darauf hin, dass die Trennung von
Religion und Politik nicht als westliche Forderung angesehen werden dürfe, der man
sich zähneknirschend beugt, so Troll. Vielmehr gelte es, im Islam selbst die Grundlage
für die Trennung von Staat und Religion zu erkennen. Troll plädierte im "Kathpress"-Gespräch
auch dafür, zwischen dem "Dialog des Lebens" und dem "interreligiösen Dialog" im engeren
Sinn schärfer zu unterscheiden. Nur wenige Experten auf christlicher und muslimischer
Seite seien dazu in der Lage, einen wirklichen interreligiösen Dialog zu führen. Dringlicher
sei aber jener Dialog, wie das Zusammenleben von Christen und Muslimen in einer demokratischen
Gesellschaft gelingen kann. Das führe dann zu einem Dialog über notwendige moralische
Grundlagen, was aber noch lange kein interreligiöser Dialog sei.
In
diesem Zusammenhang begrüßte es P. Troll, dass erst kürzlich der Päpstliche Rat für
den interreligiösen Dialog in den Päpstlichen Kultur-Rat integriert wurde. Damit habe
Papst Benedikt XVI. wohl auch ein Zeichen für den derzeitigen Vorrang des kulturellen
Dialogs setzen wollen.
Im übrigen, so Troll, habe er bei diversen sogenannten
"interreligiösen Dialogen" immer wieder feststellen müssen, dass seine muslimischen
Gesprächspartner über das Christentum nur sehr wenig wissen. Kaum einer habe je die
Bibel gelesen oder sich intensiver mit christlichen Traditionen befasst.
Troll
gilt als einer der profundesten westlichen Islam-Experten. Er hielt u.a. auch von
1992 bis 2001 jedes Jahre Vorlesungen und Seminare an der Islamisch-Theologischen
Fakultät der Universität Ankara. Zum Islam in der Türkei meinte der Jesuit, dass dieser
ein wenig offener sei als in anderen muslimischen Ländern. So sei es an der Universität
in Ankara zumindest möglich gewesen, dass sich einige Theologen auch historisch-kritisch
mit dem Koran auseinander setzten, auch wenn sie von den anderen Professoren kritisch
betrachtet wurden. Positiv zu bewerten sei auch die Tatsache, dass an türkischen Fakultäten
Abteilungen für Religionsgeschichte eingerichtet wurden, wo man versucht, Religionen
wie das Christentum auch ohne islamische "Brille" zu betrachten. (kathpress 05.05.06
sk)