2006-05-29 14:54:20

Als der Papst nach Auschwitz kam... ein Bericht


RealAudioMP3 In der Ferne läuten Glocken, sonst herrscht Stille, als der Papst durch das Tor des Stammlagers Auschwitz mit der absurden Aufschrift "Arbeit macht frei" geht. Benedikt hält die Hände gefaltet, sein Gesicht ist starr, nur die Augen schweifen unruhig umher; hinter ihm ziehen Kirchenmänner, darunter Kardinal Kasper, ins Lager ein, viele Sicherheitsbeamte links und rechts. Vor der so genannten Todesmauer wartet Polens Präsident auf den Papst, außerdem einige überlebende Häftlinge, denen der Papst die Hände drückt, besonders herzlich bei Polens früherem Außenminister Wladislaw Bartoszewski, einem alten Pionier der polnisch-deutschen Aussöhnung. Stehend und mit gefalteten Händen betet Benedikt XVI. vor der Todesmauer, an der immer wieder willkürliche Erschießungen stattfanden; er nimmt sein Käppchen ab, verneigt sich vor der Mauer - es sind Bilder, die an Johannes Paul II. vor der Jerusalemer Klagemauer erinnern. Dann stellt der Papst eine weiße Kerze vor der Mauer auf. Und erneut grüßt er, während weiter nur Schweigen zu hören ist, Überlebende, ältere Leute, von denen viele sehr bewegt wirken; einige küssen dem Papst den Ring, einen küßt der Papst auf beide Wangen, einer Frau, der die Tränen kommen, streichelt er über das Haar. Die Überlebenden tragen zum größten Teil blau-weiß-gestreifte Halstücher, die an die frühere Häftlingskleidung erinnern.
Dann ein paar Stufen abwärts in die unterirdische Todeszelle, in der unter anderem der heilige Maximilian Kolbe starb; erneut betet Papst Benedikt im Stehen; die Zelle ist dunkel, nur eine Kerze gibt ein schwaches Licht. Nach dem Gebet bekreuzigt sich der Papst, und dann, wieder draußen, trägt er sich an einem Tischchen, das man auf den Kies vor Block 11 gesetzt hat, ins Goldene Buch des Museums ein. Präsident Kascinsky schüttelt dem Papst noch einmal die Hand, dann bringt ihn ein Wagen in das nahegelegene GEbets- und Dialogzentrum der Kirche knapp außerhalb des Stacheldrahts. Hier hält Kardinal Dziwisz von Krakau eine kleine Ansprache, sagt: "In Auschwitz ist der Mensch erniedrigt worden - und damit Gott, der den Menschen nach seinem Bild geschaffen hat." Jugendliche übergeben dem Papst eine Friedensbotschaft, Mitarbeiter des Zentrums überreichen ein "Auschwitz Memorial" und Kinder Blumensträuße. Benedikt gibt seinen Segen auf Latein.
Ein leichter Nieselregen geht nieder, als Benedikt dann per Wagen im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau eintrifft. Das Krakauer Streichorchester spielt ernste Musik, und ein Regenbogen spannt sich über den Himmel, als der Papst am Auschwitz-Mahnmal in unmittelbarer Nähe der Krematorien an den Gedenktafeln in verschiedenen Sprachen still betet. Jugendliche aus allen Teilen Europas stellen Kerzen auf, Psalmen-Ausschnitte werden gesungen. Romani Rose vom Zentralrat der Roma in Deutschland liest eine Fürbitte für ermordete Roma, weitere Fürbitten in anderen Sprachenm darunter hebräisch, folgen, dann spricht Papst Benedikt auf deutsch ein Gebet. Das Kaddisch, das jüdische Totengebet, schallt über das Lagergelände, nicht weit von der Rampe, wo die Nazis ihre Opfer selektierten. Dann beginnt der Papst mit seiner Ansprache - auf italienisch, nicht auf deutsch.







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