Mit rund einer Million Menschen hat Papst Benedikt XVI. am vierten und letzten Tag
seiner Polenreise in Krakau einen Gottesdienst gefeiert. Von seinem mit weißen und
gelben Fuchsien geschmückten Podest rief der Pontifex in seiner Messe die Gläubigen
auf, den christlichen Glauben nach Europa und in die Welt hinauszutragen.
Hier
Kernsätze aus der Predigt des Papstes in Krakau:
"Zu Beginn des zweiten Jahres
meines Pontifikates bin ich mit einem Herzensanliegen nach Polen und Krakau gekommen:
als Pilger auf den Spuren meines Vorgängers. Ich wollte die Luft seiner Heimat atmen.
Ich wollte das Land sehen, in dem er geboren wurde und aufwuchs, um seinen unermüdlichen
Dienst fuer Christus und die Weltkirche aufzunehmen. Vor allem wollte ich die lebendigen
Menschen treffen, seine Landsleute, euren Glauben sehen, der ihn nährte, und mich
davon ueberzeugen, dass ihr fest im Glauben seid. Hier will ich auch zu Gott beten,
damit er in euch das Erbe des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe erhalte, das Johannes
Paul der Welt und besonders euch hinterlassen hat.
Liebe Brueder und Schwestern,
das Motto meiner Pilgerreise lautet: "Bleibt stark im Glauben". Glauben heisst vor
allen Dingen, das als wahr zu akzeptieren, was unser Geist nicht bis in die Tiefe
versteht. Wir müssen annehmen, was Gott uns über sich selbst enthüllt, über uns und
ueber die Wirklichkeit, die uns umgibt, auch wenn diese unsichtbar, unfassbar und
unvorstellbar ist. Dieser Akt des Annehmens der uns enthüllten Wahrheit erweitert
den Horizont unseres Bewusstseins und erlaubt uns, das Geheimnis zu erlangen, in das
unsere Existenz getaucht ist. Diese Grenzen des Geistes sind nicht leicht hinzunehmen.
Genau hier zeigt sich der Glauben in seiner zweiten Dimension: im Sich-Anvertrauen
an eine Person. Nicht an eine gewöhnliche Person, sondern Christus. Es ist wichtig,
woran wir glauben. Aber noch wichtiger ist der, an den wir glauben.
Glauben
heisst, sich Gott auszuliefern, unser Schicksal ihm anzuvertrauen. Glauben heisst,
eine ganz persönliche Bindung mit unserem Schöpfer und Erlöser herzustellen, und diese
Bindung zur Grundlage unseres ganzen Lebens zu machen.
Auch ich, Benedikt
XVI., der Nachfolger von Papst Johannes Paul II., bitte euch, von der Erde zum Himmel
zu schauen. Gestärkt im Glauben an Gott, bemüht euch mit Eifer, Sein Reich auf Erden
zu schaffen: das Reich des Guten, der Gerechtigkeit, der Solidarität und der Barmherzigkeit.
Ich bitte euch, das Evangelium vor der Welt von heute mit Mut zu bezeugen und den
Armen Hoffnung zu bringen, den Leidenden, den Verlassenen, Verzweifelten, und denen,
die nach Freiheit, Wahrheit und Frieden dürsten.
Ich bitte euch schliesslich,
mit den anderen Völkern Europas und der Welt den Schatz des Glaubens zu teilen, auch
in Erinnerung an euren Landsmann, der das als Nachfolger Petri mit aussergewöhnlicher
Kraft und Wirksamkeit getan hat."
2.000 Geistliche, unter ihnen 20 Kardinäle
sowie 150 Bischöfe und Erzbischöfe aus 16 Ländern, waren auf der Blonie-Wiese versammelt,
auf der auch Johannes Paul II. bei Besuchen in seiner Bischofsstadt immer die Heilige
Messe zelebriert hatte. Zur Begrüßung wandte sich Krakaus Erzbischof, Kardinal Stanislaw
Dziwisz, an den Nachfolger von Johannes Paul II., dem dieser fast vierzig Jahre als
Sekretär gedient hatte: "Unser Haus ist das Deine, unsere Kirche ist Deine Kirche",
sagte Dziwisz. Er hiess die Glaeubigen und Papst Benedikt ausserdem im Namen Johannes
Pauls II. willkommen.
Im Rahmen der Heiligen Messe ueberbrachten mehrere Repraesentanten
des Volks der polnischen Glaeubigen dem Papst Brot und Wein: eine Grossfamilie, drei
Kranke, darunter ein an Krebs leidendes Kind und der Patient eines Sterbehospizes,
ausserdem zwei Jugendliche, die einen in Polen ausgeschriebenen Wissens-Wettbewerb
ueber Johannes Paul II. gewonnen hatten, sowie zwei Fussballfans, deren Gruppen sich
in der Vergangenheit blutige Schlachten geliefert hatten.