2006-05-26 15:47:10

Papst in Polen: Alles auf einen Blick.


RealAudioMP3 Auf dem Warschauer Pilsudzyki-Platz hat der Papst heute die Messe gefeiert. Dabei erinnerte er an seinen Vorgänger Johannes Paul, der hier Ende der siebziger Jahre die Freiheitsbewegung in Polen in Gang brachte, die dann zum Sturz des Kommunismus führte. Benedikt XVI. warnte vor Relativismus und rief aus: "Bleibt stark im Glauben, und gebt ihn an eure Kinder weiter!" Am Freitagabend besuchte der Heilige Vater den Marienwallfahrtsort Tschenstochau mit seinem berühmten Bildnis der Schwarzen Madonna, der Königin Polens. Dort traf er Ordensleute, Seminaristen und Vertreter neuer geistlicher Gruppen.

Papstmesse in Warschau: Benedikt warnt vor Relativismus

Es war der erste emotionale Höhepunkt dieser Papstreise: Benedikt XVI. feierte die Messe im Zentrum von Warschau. Der Pilsudski-Platz, der auch als Siegesplatz bekannt ist, hat für die Polen eine ganz besondere Bedeutung. Am 2. Juni 1979 rief hier der neugewählte polnische Papst Johannes Paul II. mitten im kommunistischen System aus: "Herr, sende aus deinen Geist und erneuere das Antlitz der Erde - dieser Erde!" Hier fanden auch - während des Kriegsrechts 1981 - die Beisetzungsfeiern für den so genannten Primas des Millenniums, Kardinal Wyszynski, statt.


Der gesamte Platz war voller Regenschirme; dicht gedrängt standen mehr als 10.000 Menschen zusammen und hielten dem Regen stand. Unter den Gästen waren auch Präsident Lech Kacynski und seine Frau, Politiker, vierzig Kardinäle und Bischöfe aus dem Ausland. Thema der Messfeier war der Heilige Geist; immer wieder, wenn Benedikt XVI. ein paar Worte auf polnisch sagte, brandete Beifall auf. In einer Fürbitte in der Sprache des Nachbarlands Weißrußland wurden auch politische Töne angeschlagen und der Respekt vor der Würde jedes einzelnen Menschen angemahnt. Weißrußland ist eine Diktatur, in der zahlreiche Dissidenten in Haft sind oder schikaniert werden.
Am Ende des Gottesdienstes segnete der Papst das Marienbild der "Madonna Tribunalska"; polnische Parlamentarier wünschen sich eine Erhebung der "Maria Tribunalska" zur Patronin der Abgeordneten.

Predigt des Papstes in Warschau: Die Kernsätze.
"In der Geschichte der Kirche haben die Apostel das Wort Christi gepredigt und sich bemüht, es ihren Nachfolgern unverändert weiterzugeben. Viele Prediger des Evangeliums haben aus Treue zur Wahrheit des Wortes Christi das eigene Leben gegeben. Und so ist aus der Sorge um die Wahrheit die Tradition der Kirche entstanden. So wie in den vergangenen Jahrhunderten gibt es auch heute Personen und Kreise, die, diese jahrhundertealte Tradition vernachlässigend, das Wort Christi verfälschen und jene Wahrheiten des Evangeliums entfernen möchten, die sie als unbequem für den modernen Menschen erkennen. Man versucht den Eindruck zu erwecken, alles sei relativ: auch die Wahrheiten des Glaubens sollen von der historischen Situation und der Bewertung durch den Menschen abhängen. Doch die Kirche kann den Geist der Wahrheit nicht zum Verstummen bringen. Die Nachfolger der Apostel sind, gemeinsam mit dem Papst, für die Wahrheiten des Evangeliums verantwortlich, und auch alle Christen sind dazu berufen, diese Wahrheit zu teilen, indem sie die die Zeichen im Glauben annehmen.
Was bedeutet es, Christus zu lieben? Es bedeutet, sich ihm auch in der Stunde der Prüfung anzuvertrauen, ihm selbst auf dem Kreuzweg treu zu folgen. Die Liebe zu Christus verwirklicht sich durch die innere Vereinigung, durch Gebet, Lobpreisung, Dank und Reue. Nicht fehlen kann ein aufmerksames Hören der Eingebungen, die der Herr durch sein Wort auslöst, durch die Menschen, die wir treffen, durch Situationen des täglichen Lebens. Ihn zu lieben bedeutet, mit ihm im Gespräch zu bleiben, um seinen Willen zu erkennen und ihn bereitwillig umzusetzen.

Doch den eigenen Glauben als Liebesbeziehung mit Christus zu leben, bedeutet auch die Bereitschaft, auf alles zu verzichten, was die Verneinung seiner Liebe darstellt.

Bleibt stark im Glauben, gebt ihn an eure Kinder weiter, bezeugt die Gnade, die ihr in eurer Geschichte in so überreichem Maß durch den Heiligen Geist erfahren habt. In euren Herzen möge niemals die Liebe zu Christus und zu seiner Kirche fehlen."




Papstmesse in Warschau: Das Grußwort von Kardinal Glemp.

Der Primas Joseph Glemp erwähnte in seinem Grußwort, dass Warschau drei neue Brücken über die Weichsel brauchte - und dass aus seiner Sicht drei geistliche Brücken dringend repariert werden müßten. Die erste sei die Brücke zwischen Himmel und Erde sowie zwischen Leib und Seele. Diese Brücke sei beispielsweise durch den Atheismus des kommunistischen Systems stark erschüttert worden. Heute, so Glemp, "leben wir in einem freien und demokratischen System." Da glaubten Pragmatiker, sie hätten es nicht nötig, über die Brücke, die zum Himmel führt, zu gehen, "weil sie auf der anderen Seite nichts Besonderes erwarten". Die zweite Brücke, die eine Überholung brauche, sei die zwischen Gegenwart und Zukunft: Die Kirche dürfe bei der Weitergabe des Glaubens an kommende Generationen nicht versagen. Und als letzte und scheinbar einfachste nannte der Primas die Brücke von einem Menschen zum anderen. Die Distanzen zwischen den Menschen seien allerdings nur vermeintlich einfach zu überwinden, auf dem Weg gebe es zahlreiche Hindernisse und Leerstellen, die überwunden werden müssten.


Papst trifft Präsident Kaczynski
Am Donnerstag ist Benedikt in Warschau eingetroffen. Am Abend seines ersten Reisetags hat er dem neuen Präsidenten Lech Kaczynski einen Höflichkeitsbesuch abgestattet.
Kaszynski hat praktisch sein Leben in Warschau verbracht: Wurde hier kurz nach dem Krieg geboren, lehrte hier an der Kardinal-Wyszinsky-Universität bis zu seiner Wahl ins höchste Staatsamt. Lech Kaszynski und sein Zwillingsbruder, die heute die polnische Politik fast als Familienbetrieb führen, traten in ihrer Kindheit in einem Fernsehfilm als komische Figuren auf. In den siebziger und achtziger Jahren aber gehörten sie zur demokratischen Opposition und gehörten zur Untergrund-Führung der Gewerkschaft Solidarnosc um Lech Walesa. Lech Kaszynski ist seit 1990 Abgeordneter; 2002 wurde er Oberbürgermeister von Warschau. In dieser Zeit machte er durch Reparationsforderungen an Deutschland wegen der Zerstörung Warschaus im zweiten Weltkrieg von sich reden. Präsident wurde er im Dezember letzten Jahres. Er ist verheiratet, hat eine Tochter und eine Enkelin.


Ökumenische Begegnung: Papst beruft sich auf Augsburger Erklärung zur Rechtfertigungs-Lehre
Ebenfalls am Donnerstag Abend hat der Papst an einer Ökumenischen Begegnung in der Lutherischen Dreifaltigkeitskirche von Warschau teilgenommen - nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit in einem Land, in dem 96 Prozent der Einwohner katholisch sind. Hier sind die Kernsätze aus der Ansprache des Papstes.
"Liebe Brüder und Schwestern in Christus,

uns vereint heute der Wunsch einander zu treffen, um im gemeinsamen Gebet unserem Herrn Jesus Christus Ruhm und Ehre zu erweisen. Zusammen mit euch danke ich für das Geschenk dieses Treffens. Ich sehe darin eine der Etappen auf dem Weg, meinen festen Vorsatz vom Beginn meines Pontifikates Wirklichkeit werden zu lassen: naemlich die Wiederherstellung der vollen und sichtbaren Einheit zwischen den Christen als eine Priorität meines Amtes anzusehen.



Die Botschaft Christi muss jeden Menschen auf der Erde erreichen, dank des Bemühens jener, die an ihn glauben und berufen sind zu bezeugen, dass er vom Vater geschickt ist. Wir müssen also, wenn wir das Evangelium verkünden, vom Wunsch beseelt sein, gegenseitige Beziehungen von aufrichtiger Nächstenliebe zu pflegen, sodass alle sehen, dass der Vater den Sohn sandte und seine Kirche sowie jeden von uns liebt. Die Aufgabe der Schüler Christi, die Aufgabe eines jeden von uns ist es also, einer solchen Einheit zuzustreben, sodass wir als Christen das sichtbare Zeichen seines Heilsbotschaft werden, die an jedes menschliche Wesen gerichtet ist.



Gott hat uns viele Schritte hin zum gegenseitigen Verständnis und zur Annäherung tun lassen. Erlauben Sie mir, Ihnen einige ökumenische Ereignisse vor Augen zu führen, die in jener Zeit auf der Welt stattgefunden haben: Das Erscheinen der Enzyklika "Ut Unum sint"; der Abschluss der "Gemeinsamen Erklärung über die Rechtfertigungslehre" in Augsburg; das Treffen anlässlich des Grossen Jubiläums des Jahres 2000 und das ökumenische Gedenken der Glaubenszeugen des 20. Jahrhunderts; die Wiederaufnahme des katholisch-orthodoxen Dialogs auf Weltebene; die Beerdigung von Johannes Paul II. unter Teilnahme fast aller Kirchen und kirchlicher Gemeinschaften.



Wir sehen viele Fortschritte in der Ökumene, und dennoch erwarten wir Weiteres. Erlauben Sie mir heute auf zwei Fragen detaillierter einzugehen. Die erste betrifft den Dienst der Nächstenliebe der Kirchen. Viele Brüder erwarten von uns die Gabe der Liebe, des Vertrauens, der spirituellen und konkreten materiellen Hilfe. Trotz aller Differenzen, die auf der Ebene des interkonfessionellen Dialogs überwunden werden müssen, scheint es legitim, das karitative Bemühen der ökumenischen Gemeinschaft der Schüler Christi auf der Suche nach voller Einheit zuzuordnen. Wir alle können am Einsatz zugunsten der Bedürftigen mitarbeiten und dabei jenes Netz gegenseitiger Beziehungen nutzen, das Frucht des Dialogs zwischen uns und des gemeinsamen Handelns ist.



Die zweite Frage, die ich anschneiden möchte, betrifft das Ehe- und Familienleben. Immer häufiger entscheiden sich junge Menschen verschiedener Traditionen, Religionen und Konfessionen, miteinander eine Familie zu gründen. Gelegentlich ist dies für diese Menschen selbst und für ihre Angehörigen eine schwierige Entscheidung, die verschiedene Gefahren bezüglich des Glaubens und der Schaffung einer Familienordnung mit sich bringt. Dennoch kann diese Entscheidung Anlass sein, ein praktisches Laboratoriums der Einheit zu schaffen. Dafür sind gegenseitiges Wohlwollen nötig, Verständnis und Reife im Glauben beider Partner, aber auch der Gemeinschaften, aus denen sie stammen. Ich wünsche allen, dass in dieser heiklen Frage das gegenseitige Vertrauen zwischen den Kirchen und die Zusammenarbeit wächst, die die Rechte und Pflichten der Eheleute respektiert."


Besuch in Tschenstochau

Im Moment, in dem wir diesen Newsletter erstellen, besucht Benedikt XVI. Tschenstochau: Um 17.30 Uhr ist er am wichtigsten Wallfahrtsort Mitteleuropas eingetroffen. Hier, wo Johannes Paul II. unzählige Male seit seiner Jugend als Pilger war, will der deutsche Papt Ordensleute treffen, Priesteramts-Kandidaten und Vertreter geistlicher Bewegungen und Gemeinschaften. Es ist der geistliche Nabel Polens, hier schlägt sein christliches Herz.
Jasna Gora, Heller Berg, 200 km von Krakau entfernt. Auf der Spitze ein Kloster aus dem 14. Jahrhundert, weithin erkennbar mit dem höchsten Turm Polens. Innen: das geheimnisvolle Gemälde der Schwarzen Madonna, dem viele Wunder zugeschrieben werden, zum Beispiel die Rettung Polens vor der schwedischen Invasion des 17. Jahrhunderts. Bei den polnischen Teilungen oder im dunklen 20. Jahrhundert hielt dieser Ort ideell das bedrohte Polen zusammen. Johannes Paul II. vertraute hier sein Pontifikat Maria an. Die goldene Krone der Schwarzen Madonna wurde vom sterbenden Johannes Paul geweiht, einen Tag vor seinem Tod. Pilgerziel: An die vier Millionen Menschen auch aus umliegenden Ländern kommen pro Jahr nach Tschenstochau.










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