Mit Esoterik und Sekten beschäftigt sich ein neuer Lehrstuhl an der päpstlichen Universität
„Angelicum“ in Rom, der heute Abend vom Leiter des päpstlichen Kulturrats, Kardinal
Paul Poupard, eingeweiht wird. Der Lehrstuhl für „nichtkonventionelle Religionen“
– so die offizielle Bezeichnung – soll den Studierenden helfen, neue religiöse Bewegungen
wie New Age besser einzuordnen. Aber es geht dabei nicht nur um Phänomene in Europa
oder Nordamerika, erklärt der erste Lehrstuhlinhaber, der deutsche Religionshistoriker
und Priester Michael Fuss:
“Besonders wollen wir die Situation
in außereuropäischen Ländern betrachten. Etwa in Lateinamerika, in Brasilien, das
wir ja heute als das Religionsproduktivste Land vielleicht der Erde nennen könnte.
Aber auch in anderen Kulturkreisen.“
Wiederholt hatte der Vatikan auf
die Situation in Lateinamerika und Afrika hingewiesen, wo auch in traditionell katholischen
Gebieten Sekten zu einer ernstzunehmenden Gefahr geworden sind. Oft übernehmen diese
Bewegungen Elemente des christlichen Glaubens, so Michael Fuss, und transformieren
diese zu einer kommerziellen Design-Religion. Jüngstes Beispiel: Dan Browns „Sakrileg“.
„Wir werden in Zukunft immer mehr vor diese Frage gestellt werden, dass
wir tatsächlich eine Unterscheidung der ganzen christlichen Thematik vornehmen müssen.
Das heißt, es wird über Christus geredet, Christus ist hier, Christus ist dort, aber
es sind eben Formen eines „Phantasiechristus“, die dem historischen Zeugnis nicht
standhalten. Daher, denke ich, ist es sehr richtig, dass man einen solchen Lehrstuhl
innerhalb einer theologischen Fakultät ansiedelt.“
Verschiedene Gastdozenten
werden den Studierenden neben dem religionswissenschaftlichen Wissen auch praktische
Kenntnisse über Therapiemöglichkeiten und psychologische Methoden vermitteln. Nach
Angaben von Fuss ist vorgesehen, die Stelle nicht fest zu besetzen, sondern jeweils
Gastprofessuren an internationale Wissenschaftler zu vergeben. Fuss lehrt derzeit
an der Päpstlichen Universität Gregoriana. Bis 1996 hatte er den Lehrstuhl für Religionsgeschichte
in Freiburg im Breisgau inne.