Buch und Film „Sakrileg“ von Dan Brown sind ein mehr oder weniger gutes Märchen. Mit
Geschichte haben sie nichts zu tun. Jeder Historiker kann viele Fehler entdecken.
Wir gehen hier einigen nach. 1. In Sakrileg“ wird behauptet, Jesus sei mit Maria
Magdalena verheiratet gewesen, und sie hätten ein Kind gehabt. Das ist reine Phantasie,
reine Erfindung. In der Bibel und in anderen Quellen des Altertums weist nichts darauf
hin. Jesus wird natürlich durch diese Behauptung für manche „interessanter“, aber
mit Historie hat das nichts zu tun. Im Gegenteil: die historischen Quellen gehen davon
aus, dass Jesus unverheiratet war – wie auch die Mitglieder der Sekte der Essener.
Es war auch zu Jesu Zeit, wo normalerweise alle verheiratet sein mussten, nicht ungewöhnlich,
dass geistbegabte und religiös suchende Menschen unverheiratet blieben. Die Behauptung,
Jesus sei verheiratet gewesen, ist eine freie Erfindung. Auch kirchen- und bibelkritische
Wissenschaftler haben dies nie ernsthaft behauptet.
2. „Sakrileg“ behauptet,
Kaiser Konstantin habe ums Jahr 320 die ursprünglichen Quellen über Jesus vernichten
und dann umschreiben lassen. Vorher sei Jesus immer nur als außergewöhnlicher Mensch
dargestellt, nie aber als Gott bezeichnet worden. Konstantin habe ihn vergöttlichen
lassen.
Diese These wird durch die heute immer noch kontrollierbaren alten
Quellen widerlegt. Handschriften und anderen Quellen, die wir kennen, stammen aus
der Zeit v o r Kaiser Konstantin. Sie werden bestätigt durch neuste Papyrusfunde.
Die Fachwelt verschiedenster Konfessionen weiß, dass die Evangelien zwischen dem Jahr
60 und 110 geschrieben wurden. Die Behauptung Dan Browns, die Evangelien, die wir
heute lesen, seien erst unter Kaiser Konstantin verfasst worden, kann von keinem Wissenschaftler
ernst genommen werden.
3. „Sakrileg“ behauptet, die katholische Kirche habe
in den ersten Jahrhunderten alles Weibliche unterdrückt. Vor allem das „göttlich Weibliche“
sei bekämpft worden. Vorher habe es den „heidnisch matriarchalischen Mutterkult“ gegeben,
der dann vor allem durch Kaiser Konstantin zum „patriarchalischen Christentum“ geworden
sei.
Das ist eine Erfindung: Seit Jahren stellen die Fachleute verschiedenster
Konfessionen fest, dass Jesus und die Bibel die Frauen im Vergleich zu ihrer Umwelt
unglaublich aufgewertet haben. Jesus zeigte keinerlei Angst vor dem Weiblichen, nahm
die Frauen im Vergleich zu seiner Umwelt ernst, ließ sich auf sie ein. In den Evangelien
wurden die Frauen insgesamt aufgewertet. Darüber ist sich die Fachwelt aller Konfessionen
einig. Bis zum Entstehen des Christentums mussten Frauen in der Regel heiraten, das
Christentum gab ihnen die Freiheit, auf die Ehe um des Himmelreiches zu verzichten,
was viele Frauen mit Freuden und freiwillig taten.
4. „Sakrileg“ sagt, das
Opus Dei sei ein „Orden“ oder eine „Sekte“, deren Mitglieder Ordensgewänder tragen.
Das ist nachprüfbar falsch. Das Opus Dei ist weder ein Orden noch eine Sekte,
denn in Orden leben „Ordensleute“ (z.B. Benediktiner, Franziskaner, Dominikaner, Jesuiten).
Die meisten Mitglieder des Opus Dei aber sind Laien, Christen, die nicht in Ordenshäusern
oder Klöstern leben, die ohne Ordensgewand in verschiedensten bürgerlichen Berufen
arbeiten. Die meisten Ordensmänner sind Priester, die meisten Ordensfrauen tragen
eine Ordenstracht, woran sie erkannt werden können. Unter „Sekte“ versteht man eine
Gruppe, die sich von einer religiösen Gemeinschaft abgespalten hat, das Opus Dei hat
sich nicht abgespalten, sondern weiß sich im Gegenteil ganz im Herzen der katholischen
Kirche.
5. „Sakrileg“ klagt die katholische Kirche an, für Millionen von Hexenverbrennungen
verantwortlich zu sein.
Das ist sehr übertrieben: Die allermeisten Hexenverbrennungen
wurden nicht von kirchlichen, sondern von weltlichen Gerichten angeordnet. Auf das
Konto der evangelischen Kirche gehen etwa gleich viele Verbrennungen wie auf das Konto
der katholischen Kirche. „Sakrileg“ behauptet, es seien 5 Millionen „Hexen“ verbrannt
worden, richtig ist: etwa 20.000 bis 50.000. (Auch das ist ein Verbrechen). In mehrheitlich
„katholischen Staaten“ gab es keine oder nur sehr wenige Hexenprozesse, z.B. Italien,
Spanien und Irland.
Weitere kleinere Fehler von Dan Brown 6. „Sakrileg“
behauptet, „tausende von Jüngern“ hätten das Leben Jesu aufgeschrieben. Es waren
vielleicht zwei Dutzend. Jesus hatte gar nicht tausende von Jüngern. Wie viele von
ihnen lesen und schreiben konnten, ist wohl auch nicht ganz klar.
7. „Sakrileg“
behauptet, die Schriftrollen vom Toten Meer gehören zu den „frühesten christlichen
Dokumenten“ Die Schriftrollen sind keine christlichen Dokumente, sondern jüdische
aus der Zeit zwischen 300 und 100 vor Christus.
8. „Sakrileg“ unterstellt,
dass der Vatikan die Schriftrollen vom Toten Meer oder Qumranrollen unter Verschluss
hielt und verbarg. Richtig ist, dass die israelische Antikenverwaltung sie verwahrt
hat und verwahrt, früher die jordanische. Der Vatikan hat damit überhaupt nichts zu
tun.
9. „Sakrileg“ behauptet, dass die apokryphen „Evangelien“ älter sind
als die Evangelien der Bibel. Apokryphe Texte sind Schriften über Jesus und die Apostel,
die von der Kirche in den ersten Jahrhunderten nicht in die Bibel aufgenommen wurden.
Richtig ist, dass die apokryphen Schriften meist jünger sind als die Evangelien
der Bibel.
10. „Sakrileg“ behauptet, jüdische Rabbiner müssten verheiratet
sein, daher sei Jesus verheiratet gewesen. Richtig ist, dass z. B. die Mönche der
Essener zur Zeit Jesu nicht verheiratet waren ebenso wie andere besondere religiöse
Persönlichkeiten. Normale Rabbiner waren verheiratet. Jesus war ein „normaler Rabbiner“,
denn alle fragten sich, woher er sein Wissen habe.
11. Sakrileg“ behauptet,
die Kirche habe vor allem Kräutersammlerinnen und Naturliebhaberinnen verfolgt. Das
ist falsch. Jeder Historiker weiß, dass gerade in Klöstern wundervolle Kräutergärten
entstanden, dass die „Kräutermedizin“ hoch im Kurs war.
12. „Sakrileg“ behauptet,
Leonardo da Vinci habe „hunderte von lukrativen Auftragswerken für den Vatikan“ gemalt. Leonardo
hat nur 17 Bilder gemalt.
13. „Sakrileg“ behauptet, der heilige Gral – ein
Kelch – sei eines der wichtigsten Reliquien der Christen gewesen. Die wichtigsten
Reliquien im Lauf der Geschichte waren das Kreuz Christi (oder Teile vom Kreuz), die
vermuteten Gebeine des heiligen Jakobus in Santiago de Compostela, das „Schweißtuch
der Veronika“. Der „heilige Gral“ ist eine mythologische Figur, die historisch sehr
umstritten ist.
Woher der Erfolg von „Sakrileg“? Menschen, die heute Bücher
lesen, interessieren sich für drei Bereiche, die das Buch meisterhaft aufgreift: *
Geschichte: es gibt einen Boom von Büchern über geschichtliche Themen. * Religion:
Der Einfluss der Kirchen schwindet, die Menschen suchen aber nach Religion. Daher
boomt auch der religiöse Markt. P. Eberhard v. Gemmingen SJ „Sakrileg“ ist
nicht nur ein Thriller, es ist vor allem ein Märchen. Wenn es nicht den Anspruch der
historischen Wahrheit erheben würde, könnte man lächeln. Aber das Buch nützt die Leichtgläubigkeit
und Unkenntnis von Millionen aus und greift verbreitete Kirchenkritik und Skepsis
gegen Großorganisationen auf. Wer sich in der Literatur auskennt, weiß, dass er von
vielen anderen Autoren abgeschrieben und neu komponiert hat. In ein paar Jahren wird
niemand mehr von Dan Brown sprechen – während immer noch von Dante, Shakespeare, Moliere
und Goethe gesprochen wird. Lassen wir gelassen Dan Brown an uns vorbeiziehen. Man
muss das Buch nicht lesen und den Film nicht sehen. * Verschwörung: Obwohl die
Welt durch die Medien so durchsichtig wird, wächst der Verdacht, es gebe viele Verschwörungen.