2006-03-22 13:05:20

Vatikan: Warum der Papst einen Titel aufgibt...


Der päpstliche Einheitsrat äußert sich in einem Statement zur Aufgabe des Titels "Patriarch des Abendlandes" durch den Papst. Dabei wendet er sich gegen Fehldeutungen dieser Entscheidung von Benedikt XVI. Historisch gesehen, hätten die alten Patriarchate des Ostens, die von den Konzilien von Konstantinopel und Calzedon festgelegt wurden, sich auf ein klar umrissenes Gebiet bezogen, während das Territorium des römischen Bischofssitz "im Vagen geblieben" sei. Zur Zeit Justinians im 6. Jahrhundert habe man den Papst im Osten und Orient als "Patriarch des Westens" verstanden, Rom habe dagegen darauf hingewiesen, dass es drei petrinische Bischofssitze gebe, nämlich außer Rom noch Alexandria und Antiochia. Mittelalterliche Konzilien hätten den Papst als ersten der damals fünf Patriarchen verstanden, ohne ausdrücklich den Titel "Patriarch des Abendlandes" zu erwähnen.
Zu einer wahren Blüte in der Anführung dieses Titels sei es dann im 16. und 17. Jahrhundert gekommen, als sich überhaupt die Titel der Päpste "multipliziert" hätten; das Päpstliche Jahrbuch führe ihn 1863 zum ersten Mal auf.
Wörtlich fährt das Vatikan-Statement fort: "Derzeit läßt der Begriff "Abendland" an einen kulturellen Kontext denken, der sich nicht nur auf Westeuropa bezieht, sondern über die USA bis hin nach Australien und Neuseeland... Offensichtlich will diese Bedeutung des Begriffs "Westen" kein kirchliches Territorium beschreiben und kann auch nicht als Definition eines Patriarchal-Territoriums gebraucht werden." Eigentlich sei der Begriff "Patriarch des Abendlandes" kirchenrechtlich gesehen nur sinnvoll, wenn er die besondere Jurisdiktion des Bischofs von Rom für die römische, lateinische Kirche beschreibe.
"Der Titel Patriarch des Abendlandes", der von Anfang an nicht sehr klar war, ist also im Lauf der Geschichte obsolet und praktisch nicht mehr benutzbar geworden. Es scheint also sinnlos, ihn weiter mitzuschleppen." Das gelte umso mehr, als die katholische Kirche ja mit dem letzten Konzil für die lateinische Kirche in den Bischofskonferenzen "die kanonische Ordnung gefunden hat, die den Bedürfnissen von heute entspricht".
Der Vatikan betont aber auch: "Den Titel Patriarch des Abendlandes fallenzulassen, ändert selbstverständlich nichts an der ... Anerkennung der antiken Patriarchalkirchen. Noch weniger bedeutet es neue Ansprüche. Der Verzicht auf den Titel will hingegen einen historischen und theologischen Realismus ausdrücken" und könne auch einen neuen Schub für den ökumenischen Dialog mit sich bringen.
(rv 22.03.06 sk)








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