Der päpstliche Einheitsrat äußert sich in einem Statement zur Aufgabe des Titels "Patriarch
des Abendlandes" durch den Papst. Dabei wendet er sich gegen Fehldeutungen dieser
Entscheidung von Benedikt XVI. Historisch gesehen, hätten die alten Patriarchate des
Ostens, die von den Konzilien von Konstantinopel und Calzedon festgelegt wurden, sich
auf ein klar umrissenes Gebiet bezogen, während das Territorium des römischen Bischofssitz
"im Vagen geblieben" sei. Zur Zeit Justinians im 6. Jahrhundert habe man den Papst
im Osten und Orient als "Patriarch des Westens" verstanden, Rom habe dagegen darauf
hingewiesen, dass es drei petrinische Bischofssitze gebe, nämlich außer Rom noch Alexandria
und Antiochia. Mittelalterliche Konzilien hätten den Papst als ersten der damals fünf
Patriarchen verstanden, ohne ausdrücklich den Titel "Patriarch des Abendlandes" zu
erwähnen. Zu einer wahren Blüte in der Anführung dieses Titels sei es dann im
16. und 17. Jahrhundert gekommen, als sich überhaupt die Titel der Päpste "multipliziert"
hätten; das Päpstliche Jahrbuch führe ihn 1863 zum ersten Mal auf. Wörtlich fährt
das Vatikan-Statement fort: "Derzeit läßt der Begriff "Abendland" an einen kulturellen
Kontext denken, der sich nicht nur auf Westeuropa bezieht, sondern über die USA bis
hin nach Australien und Neuseeland... Offensichtlich will diese Bedeutung des Begriffs
"Westen" kein kirchliches Territorium beschreiben und kann auch nicht als Definition
eines Patriarchal-Territoriums gebraucht werden." Eigentlich sei der Begriff "Patriarch
des Abendlandes" kirchenrechtlich gesehen nur sinnvoll, wenn er die besondere Jurisdiktion
des Bischofs von Rom für die römische, lateinische Kirche beschreibe. "Der Titel
Patriarch des Abendlandes", der von Anfang an nicht sehr klar war, ist also im Lauf
der Geschichte obsolet und praktisch nicht mehr benutzbar geworden. Es scheint also
sinnlos, ihn weiter mitzuschleppen." Das gelte umso mehr, als die katholische Kirche
ja mit dem letzten Konzil für die lateinische Kirche in den Bischofskonferenzen "die
kanonische Ordnung gefunden hat, die den Bedürfnissen von heute entspricht". Der
Vatikan betont aber auch: "Den Titel Patriarch des Abendlandes fallenzulassen, ändert
selbstverständlich nichts an der ... Anerkennung der antiken Patriarchalkirchen. Noch
weniger bedeutet es neue Ansprüche. Der Verzicht auf den Titel will hingegen einen
historischen und theologischen Realismus ausdrücken" und könne auch einen neuen Schub
für den ökumenischen Dialog mit sich bringen. (rv 22.03.06 sk)