Deutschland: Lehmann übt Kritik an Föderalismusreform
Bundestag und Bundesrat
beraten heute erstmals über die Föderalismusreform. Die katholischen Bischöfe haben
weiter Bedenken. Streitpunkte sind nach wie vor die geplanten Kompetenzzuwächse der
Länder unter anderem bei den Themen Bildung, Umwelt und Strafvollzug. Der Vorsitzende
der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, hatte die Pläne kritisiert
und bei Bildungsfragen vor einem zu hohen Niveauunterschied zwischen den einzelnen
Bundesländern gewarnt. Lehmann äußerte jetzt auch Bedenken in Sachen Strafrecht: „Wir
haben eben eine Sorge, dass bei der Ausgestaltung des Strafvollzugs in den Ländern
die verschiedenen Standards unterschiedlich werden könnten; das bringt dann auch Probleme
im Blick auf die Gerechtigkeit. Es könnte sein, dass die Wege, die man geht, sich
viel zu sehr auseinander entwickeln. In einzelnen Bundesländern will man oder hat
man schon den Strafvollzug in private Hände gegeben. Es geht auch darum, dass verschiedene
Wege der Sicherung gegangen werden, etwa mit Fußfesseln. Das ist ja nicht nur eine
technische Angelegenheit, sondern das bedeutet auch, dass die Gestalt des Strafvollzugs
sich ändert.“ Dieses Gebiet sei besonders sensibel. Es müsse gelingen, bundesweit
verbindliche Absprachen zu treffen. Lehmann betonte: Keinesfalls lehnten die Bischöfe
die ganze Föderalismusreform ab, schließlich sei die katholische Kirche in Deutschland
auch eher föderal organisiert, „ohne dass das sozusagen nur eine Kopie der
staatlichen Strukturen wäre. Wir haben in Deutschland verglichen mit anderen Ländern
eine relativ hohe Autonomie der Diözesen und sind längst nicht so zentralkirchlich
veranlagt, wie das etwa in Italien oder Frankreich der Fall ist und es von Paris oder
Rom sehr starke Bestrebungen gibt, zentrale Verwaltungen durchzuführen. Insofern profitieren
wir auch für die bunte Vielfalt des Lebens in den Diözesen von dieser föderalen Struktur
und können nicht radikal dagegen sein.“ Vergangenen Montag hatten Bundeskabinett
und die Ministerpräsidenten grundsätzlich grünes Licht für die Reform gegeben. Bund
und Länder sprechen von der größten Grundgesetzänderung seit 1949. Im Bundestag wie
im Bundesrat ist dazu eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich. (rv 10.03.06 bp)