D: Auch türkische Männer leiden unter Zwangsheirat
In türkischen Familien
in Deutschland steht sie immer noch auf der Tagesordnung - die Zwangsheirat. Eltern
arrangieren für ihre Kinder Hochzeiten, häufig auch mit völlig unbekannten Menschen,
die eigens aus der Türkei geholt werden. "Mehr soziale Integration statt Paragraphen
bei Zwangsheirat." Das fordert jetzt der türkische Pädagoge Ahmet Toprak in seinem
neuen Buch. Titel: "Das schwache Geschlecht - die türkischen Männer". Darin weist
er nach, dass in Deutschland nicht nur türkische Mädchen unter Zwangsehe und Ehrenmorden
leiden. Opfer der Kupplungsversuche ihrer Eltern sind auch Jungen. Bei ihnen kommt
allerdings noch ein anderer Gesichtspunkt hinzu: "Die Mädchen in Deutschland
sind ihnen zu selbstbewusst. Sie sind zu stark, sie sind erwerbstätig und sie sind
eigenständig. Diese jungen Männer kommen mit den Mädchen nicht klar und glauben in
der Türkei eine Frau zu finden und nach Deutschland zu holen, die sich anpasst und
abhängig ist. Also diese Männer sind in zweierlei Hinsicht schwach: Weil sie sich
nicht gegen die Frauen wehren und auch nicht gegen ihre eigenen Eltern." Die
Jugendlichen in der dritten Generation tun sich besonders schwer mit der Integration
in Deutschland. Eine große Gefahr sieht Toprak in der wachsenden Tendenz, zu traditionellen
Werten - wie etwa dem Tragen des Kopftuchs - zurückzukehren: "Wenn die Integration
und die Partizipation - so wie es momentan aussieht - nicht funktioniert; wenn die
Politik die Rahmenbedinungen nicht verbessert, so dass die jungen Menschen eine bessere
Schul- und Berufsausbildung genießen, kann ich mir vorstellen, dass das den Radikalismus
einen Nährboden bietet." (rv 06.03.06 ab)