Zuerst "Der Exorzismus der Emily Rose", dann Requiem . Beides preisgekrönte Filme,
die den "Fall Klingenberg" als Motiv hergenommen haben: den Exorzismus an der Studentin
Anneliese Michel im Jahr 1976. Die junge Frau aus Klingenberg am Main starb damals
nach einem vom Würzburger Bischof genehmigten und von zwei Priestern durchgeführten
Exorzismus an den Folgen von Unterernährung und Entkräftung. Ist dieses sensible Thema
wirklich Stoff für die Kino-Leinwand? Darüber kann man streiten, sagt Pfarrer Alfred
Singer, Referent für Weltanschauungs- und Sektenfragen im Bistum Würzburg:
"Als
katholische Christen sind wir nicht glücklich darüber, dass so ein sensibles und heikles
Thema zum Gegenstand von Spielfilmen gemacht wird. Auf der anderen Seite, so denke
ich, kommt es sehr darauf an, wie mit diesem Thema umgegangen wird. Schaue ich beispielsweise
auf den Film "Der Exorzismus der Emily Rose, so sind dort auch sehr schockierende
Szenen gezeigt worden. Dort wurde das eigentliche Exorzismusgeschehen vorgeführt,
aber nicht in der Weise, dass die Kirche einfach angeklagt wurde, sondern diese Frage
blieb letzlich offen und wurde an den Zuschauer weitergegeben: Wie stehst du zu diesem
Geschehen, wie stehst du zu dieser Möglichkeit des personalen Bösen?"
Im
Film "Requiem" steht nicht so sehr der Exorzismus als solches im Vordergrund, sondern
vielmehr die Vorgeschichte:
"Das religiöse, das enge soziale Umfeld des
damaligen, sehr engen Katholizismus in diesem Raum und die Entwicklung dieser Problematik
wird dargestellt und ich denke, dass ein solcher vertiefter Umgang, eine solche vertiefte
Auseinandersetzung mit dem ganzen Problem des Bösen dann eigentlich auch zu begrüßen
ist."
Doch - Singer betont, auch innerkirchlich wie theologisch wird das
Thema Exorzismus sensibel gehandhabt. Unter Theologen wie Medizinern herrscht Uneinigkeit:
"Handelt
es sich bei diesen Phänomenen, die dort beschrieben werden und die in erster Linie
tatsächlich epileptischen Phänomenen gleichen, tatsächlich um Anzeichen für eine dämonische
Besssenheit oder können sie als besonders schwere Formen von Epilepsie verstanden
werden? Dabei wird nun natürlich auch sehr stark die weltanschaulich Grundlage und
Überzeugung ins Spiel kommen."
Die katholische Kirche versteht unter dem
Begriff eine Bitte an Gott, den Menschen von der Macht des Bösen zu befreien. In gewöhnlicher
Form wird der Exorzismus im Taufritus vollzogen. Der so gennaten Große Exorzismus
darf auf Geheiß des Bischofs durchgeführt werden. Seit 1999 ersetzt ein neuer
Ritus die alte Form von 1614.
"Man muss dazu sagen, dass wir hier in Deutschland
aus gutem Grund äußerst zurückhaltend sind.Seit dem Exorzismus von 1975/76 in Klingenberg
ist meines Wissens nach kein Priester in Deutschland von einem Diözesanbischof beauftragt
worden, den großen Exorzismus durchzuführen ."