Trotz Turbulenzen
nach der Präsidentenwahl gibt es in Haiti jetzt doch die Chance, eine neue Seite aufzuschlagen.
René Préval, Kandidat der „Plattform Hoffnung“, ist der Nachfolger des 2004 abgesetzten
Jean-Bertrand Aristide. Aber vor dem neuen Präsidenten, der in den Neunzigern schon
einmal das gleiche Amt bekleidete, wartet eine Herkulesarbeit, warnt der Weihbischof
von Port-au-Prince, André Dumas. Das Land und seine Infrastruktur müssten neu aufgebaut,
die Spaltungen in der Gesellschaft geheilt werden. „Ich persönlich glaube, dass
man die persönlichen Empfindungen und Leidenschaften überwinden muss. Jetzt gilt es,
dem Land zu einer Wende zu verhelfen und nicht zu den Streitigkeiten der Vergangenheit
zurückzukehren, zu den Problemen, die das Land stets gespalten haben. Man muss bedenken,
dass das Volk Haitis seit Jahren ein Martyrium erleidet, es ist sozusagen ein von
der Geschichte gekreuzigtes Volk. Den Dienst, den die Politiker dem Volk erweisen
können, ist es, Hoffnung zu bringen, aber eine Hoffnung, die wirklich Wurzeln hat,
eine Hoffnung, die sich nicht in Worten ausdrückt, sondern die Haitianer wirklich
untereinander aussöhnt. Dies ist eine sehr große Aufgabe, und es wird nicht reichen,
lediglich den Gewinner oder Verlierer der Wahlen auszurufen. Wir müssen alle gemeinsam
daran arbeiten, damit das Land gewinnen kann.“
Und die Hauptaufgaben des
neuen Präsidenten?
„Priorität hat die Befriedung und Aussöhnung der
Nation, die Lösung der jahrhunderte langen Spannungen, der historischen Streitigkeiten.
Wichtig wird auch sein, Ausgrenzungen zu vermeiden. Ausgrenzungen seitens der Gewinner
genauso wie seitens der Wirtschaftsbosse. Wege für die Aussöhnung des Volkes zu finden,
ist wirklich die wichtigste Aufgabe. Ein zweiter Punkt: Haiti wurde bis jetzt immer
mit Port-au-Prince gleichgesetzt, mit der Hauptstadt. Man muss eine Reform anstrengen,
um den großen Provinzen größtmögliche Autorität einzuräumen, so dass die Menschen
auf dem Land eben auch in angemessener Weise leben können. Und ein letzter Punkt:
Ich denke, dass man sich sofort an die Arbeit machen muss, um die gegen die Arbeitslosigkeit
anzugehen. Die hohe Arbeitslosigkeit zieht Kriminalität nach sich. Die Jugendlichen
müssen eine Alternative gezeigt bekommen.“
In dieser, sagen wir, besonderern
Phase des Landes, welche Rolle spielt ihrer Ansicht nach die Internationale Gemeinschaft
für Haiti?
„Die Internationale Gemeinschaft hat während des Wahlprozesses
aber auch schon vorher damit begonnen, das Land zu begleiten. Nun darf man nicht denken,
dass mit den Wahlen alle Probleme beseitigt sind. Diese junge Demokratie, die noch
im Entstehen ist, muss jetzt unterstützt werden, sie braucht alle Kraft im wirtschaftlichen
Bereich, aber vor allem müssen die Menschen dazu gebracht werden, selbst Verantwortung
zu übernehmen, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen.“
Der abgesetzte
Aristide erwägt unterdessen die Rückkehr aus dem südafrikanischen Asyl in seine karibische
Heimat. Das gab Südafrikas Präsident Thabo Mbeki bekannt. Der 2004 gestürzte Aristide
hatte schon vor dem Sieg seines Vertrauten René Préval bei den Präsidentenwahlen angekündigt,
in der Politik Haitis wieder eine Rolle spielen zu wollen.