2006-02-21 19:44:54

Ex-Vatikanbankchef Marcinkus tot


Der amerikanische Erzbischof Paul Marcinkus ist in der Nacht zum Dienstag in Phoenix im US-Bundesstaat Arizona im Alter von 84 Jahren verstorben. Marcinkus war durch seine Funktion als Chef der Vatikanbank "Istituto per le Opere di Religione" (IOR) international in die Schlagzeilen geraten. Die Medien tauften ihm "der Bankier Gottes". Zuvor hatte Marcinkus, der aus einer litauisch-amerikanischen Familie stammte, unter anderem als Leibwächter Papst Pauls VI. Aufsehen erregt. Beim Philippinen-Besuch Pauls VI. im Jahr 1970 rettete er dem Papst bei einem Attentatsversuch das Leben.



Das IOR war 1942, mitten im Zweiten Weltkrieg, von Papst Pius XII. gegründet worden, um im Chaos der damaligen Zeit die Finanzierung kirchlicher Aufgaben - vor allem im Bildungs- und Missionsbereich - zu ermöglichen. In den frühen achtziger Jahren geriet das IOR durch den Fall Roberto Calvi - damals Chef des Mailänder "Banco Ambrosiano", des wichtigsten Instituts der traditionellen "katholischen Hochfinanz" in Italien - in die Schlagzeilen. "Banco Ambrosiano" unterhielt enge Geschäftsverbindungen mit der Vatikanbank. "Ambrosiano"-Chef Calvi tauchte unter, wurde aber am 18. Juni 1982 erhängt unter der Blackfriars Bridge in London aufgefunden. Am selben Tag stürzte Calvis Sekretärin, Graziella Corrocher, aus einem Fenster des Bankgebäudes in Mailand zu Tode. In beiden Fällen war sowohl von Selbstmord als auch von Mord die Rede. Der Bankrott des Mailänder Instituts war der größte Bankenzusammenbruch in der italienischen Nachkriegsgeschichte, die genaue Hintergründe liegen bis heute im Dunkeln. Umgerechnet sollen 1,14 Milliarden Euro "verschwunden" sein.
In der Folge musste auch Marcinkus zurücktreten und sich in die USA zurückziehen. Roberto Calvi, dem Mafia-Kontakte nachgesagt wurden, hatte sich mit Bürgschaftsbriefen des damaligen IOR-Chefs Marcinkus riesige Summen verschafft, die jedoch den Zusammenbruch seiner Bank nicht verhindern konnten. Der Vatikan sah sich später veranlasst, im Zuge einer gerichtlichen Diversion freiwillig 250 Millionen US-Dollar an die Gläubiger-Banken zu zahlen. Die Zahlung erfolge, ohne eine subjektive Schuld eingestehen zu müssen, hieß es damals.



Einen Prozess gegen Marcinkus vor einem italienischen Gericht erhinderte der Vatikan mit der Begründung, das IOR unterstehe als vatikanische Einrichtung nicht der italienischen Gerichtsbarkeit. Das italienische Verfassungsgericht gab dem Heiligen Stuhl recht und erklärte am 8. Juni 1989 die gegen den Erzbischof und zwei seiner Mitarbeiter erwirkten Haftbefehle für ungültig.

(kathpress 21.02.06 bp)







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