Türkei: Tiefe Trauer über Mord an Priester

Der gestrige Priestermord in der Türkei hat in der katholischen Kirche große Betroffenheit ausgelöst. Papst Benedikt XVI. kondolierte in zwei Beileidstelegrammen - einem an den Kardinalvikar von Rom Camillo Ruini, aus dessen Diözese der Ermordete stammte sowie einem weitren an den Apostolischen Vikar in Anatolien. "Ich hoffe, dass sein vergossenes Blut zum Samen der Hoffnung wird, um echte Brüderlichkeit unter den Völkern zu schaffen", schreibt der Papst.
Andrea Santoro war gestern nach der Sonntagsmesse in seinem Gotteshaus in der Hafenstadt Trabzon erschossen worden - vermutlich von einem Jugendlichen. Zeugenaussagen zufolge soll der Täter nach dem Mord "Allah ist groß" gerufen haben. Der türkische Ministerpräsident Erdogan verurteilte die Bluttat, die Behörden kündigten eingehende Untersuchungen an. Bisher sind die genaueren Umstände der Tat ungeklärt - etwa, ob sie im Zusammenhang mit dem Protest gegen die Mohammed-Karikaturen zu sehen ist. Wir haben mit Luigi Padovese gesprochen. Er ist der Apostolische Vikar in Anatolien und Vize-Präsident der türkischen Bischofskonferenz. Er sagt:
"Es scheint, dass hinter diesem Mord Fanatismus steckt. Don Andrea hatte ein gutes Verhältnis zu seinem muslimischen Umfeld. Im vergangenen Jahr hat er mich zum Mufti mitgenommen. Jetzt ist es natürlich schwierig zu beurteilen, ob es sich um eine isolierte Tat handelt - oder ob sie Teil einer Strategie ist. Das muss nun geklärt werden."
Beobachter im Vatikan warnen nun davor, voreilig von einem islamistisch geprägten Verbrechen auszugehen. Was in jedem Fall bleibt, ist der Schmerz über den gewaltsamen Tod des 60-jährigen Geistlichen. Noch einmal Bischof Padovese:
"Wir bleiben zurück mit dem bitteren Gefühl, einen Freund verloren zu haben, einen Bruder, einen guten Mitarbeiter. Gleichzeitig fühlen wir, dass wir hier bleiben müssen, in diesem Land, das auch für Christen eine große Bedeutung hat. In der Vergangenheit war es der Schauplatz von Martyrien. Heute gibt es neue Märtyrer. Auch das ist Teil des Vermächtnisse von Don Andrea."
(rv 06.02.06 hr)