2005-12-29 12:00:51

Italien: Taizè-Treffen eröffnet


Rund 50.000 Jugendliche aus aller Welt haben das 28. Europäische Taize-Treffen in Mailand im Gedenken an den ermordeten Frere Roger Schutz begonnen. Der tragische Tod des Gründers der internationalen ökumenischen Bruedergemeinschaft bleibe ein Geheimnis und eine schwere Prüfung, sagte Rogers Nachfolger Frère Alois, gestern abend.


Der für seine ökumenische Initiative weltweit geachtete Frère Roger war am 16. August von einer geistig verwirrten Frau erstochen worden. Diese Ermordung kurz vor Beginn des Weltjugendtags hatte für große Bestürzung unter Jugendlichen wie Kirchenvertretern gesorgt. Am Tag nach der Ermordung des Bruders im weißen Gewand hatte Papst Benedikt XVI. bei seiner Generalaudienz auf dem Petersplatz gesagt: "Diese Nachricht betrübt mich umso mehr, als ich gerade gestern einen sehr ergreifenden und freundschaftlichen Brief von Frère Roger erhalten habe. Er schreibt darin, daß er mir von ganzem Herzen mitteilen möchte: 'Wir stehen mit Ihnen und mit all denen, die jetzt in Köln versammelt sind, in Gemeinschaft'. Dann schreibt er weiter, daß er aufgrund seines Gesundheitszustandes leider nicht persönlich nach Köln kommen könne, er sei jedoch mit seinen Brüdern spirituell anwesend. Schließlich schreibt er mir in diesem Brief, daß er den Wunsch habe, möglichst bald nach Rom zu kommen, um mir einen Besuch abzustatten und um mir mitzuteilen, daß 'unsere Gemeinschaft von Taizé gemeinsam mit dem Heiligen Vater vorangehen möchte'."
In Mailand rief nun Frère Rogers Nachfolger, der Deutsche Frère Alois, die Jugendlichen auf, nach dem Vorbild Rogers in tiefem Vertrauen auf Gott zu leben. Selbst wenn die Welt von Gewalt und Konflikten zerrissen sei, mache Gott das unerklärbare Leid erträglich. Dieser Glaube habe auch die Brüdergemeinschaft in ihrer Trauer um den im Alter von 90 Jahren erstochenen Taize-Gründer geleitet. Nach 1998 findet das Europäische Taize-Treffen zum zweiten Mal in
Mailand statt. Die Teilnehmer sind bis zum Neujahrstag in insgesamt 400 Pfarrgemeinden untergebracht. Nach den 22.000 italienischen Jugendlichen seien die Polen mit 11.000 angereisten Gläubigen die zweitstärkste Ländergruppe, so die Veranstalter. Etwa ein Drittel der Teilnehmer stamme aus Osteuropa. Aus dem deutschen Sprachraum kamen rund 1.800 Jugendliche nach Italien.


Viele Vertreter von Kirchen und internationalen Organisationen haben sich in Grußworten an die in Mailand versammelten Jugendlichen gewandt. Papst Benedikt XVI. schrieb: "Mögen das Beispiel des Gründers von Taizé und das unermüdliche Zeugnis Papst Johannes-Pauls II. für Dialog und Frieden unter den Menschen euch ermutigen, eurerseits Friedensstifter zu sein! In einer Welt, die durch zahlreiche Spannungsherde geschwächt ist und in unseren entwickelten Gesellschaften, in denen neue Formen von Gewalt auftauchen, die insbesondere die Jugendlichen in Mitleidenschaft ziehen, lädt der Papst euch ein, in der Einfachheit und in der Freude Zeugnis abzulegen vom Geist des Friedens, der in uns wohnt, dank der Gabe, zu der sich der Herr Jesus Christus aus Liebe zu allen ein für allemal am Kreuz gemacht hat."

Kofi Annan, der Generalsekretär der Vereinten Nationen, schreibt seinerseits: "Diese neuerliche Etappe auf dem „Pilgerweg des Vertrauens auf der Erde“ gibt Gelegenheit, den Glauben zu feiern, der euch vereint, und euren Einsatz in der Gesellschaft zu bedenken. Denkt daran: Gleich aus welchem Land ihr kommt, groß oder klein, arm oder reich, ihr habt alle eine Rolle zu spielen im Kampf für eine gerechtere und friedlichere Welt."

Patriarch Bartolomaios von Konstantinopel unterstrich: "Die Versammlung junger europäischer Christen verschiedener Konfessionen ist eine große Hoffnung für unseren gesamten alten Erdteil, der dabei ist, seine christlichen Wurzeln aufzugeben und sich dem Materialismus auszuliefern. Als Christen müssen wir unsere Gesinnung in die Gesinnung Christi verwandeln, und so als jeder einzelne umgeformt werden zu lebenden Evangelien, indem wir die authentische evangelische Wahrheit durch unsere verantwortliche Lebensweise und unsere Aufopferung verkünden." Der russische Patriarch Alexij II. von Moskau seinerseits schrieb: "Es ist bedeutsam, daß das Thema des Treffens so tiefe christliche Begriffe wie Frieden, Liebe und Trost anspricht. Diese Tugenden sind so wichtig, wenn Anonymität, Haß und Gewalt zur Gewohnheit geworden zu sein scheinen. Vor kurzem wurden wir Augenzeugen aufflammender Gewalt in Ländern, die als reich und aufstrebend angesehen werden. Dies gibt uns zu denken, daß in der Welt von Heute sich niemand gänzlich in Sicherheit wiegen kann. Auch materielle Güter und bewaffnete Macht, auf die 'diese Welt' so sehr zählt, können den Menschen nicht beschützen."

Rowan Williams, der Erzbischof von Canterbury, betonte: "Wenigen Menschen einer Generation gelingt es, das Klima einer religiösen Kultur von Grund auf zu verwandeln. Genau das aber hat Frère Roger getan. Er hat den Bezugsrahmen der Ökumene verändert, indem er Christen verschiedener Zugehörigkeiten vor die Herausforderung stellte, gemeinsam ein monastisches Leben zu führen. Er hat für unzählige Jugendliche das Bild des gesamten Christentums verändert. Er hat die Auffassung verändert, die die Christen von der Versöhnung hatten; sie wurde zu einer absoluten Priorität, zunächst im Europa der Nachkriegszeit und dann überall auf der Welt."
(rv/kna 29. 12. 05 lw)








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