Mit seinem Austritt aus der Likud-Partei hat der israelische Ministerpräsident Ariel
Scharon die innenpolitische Landschaft Israels verändert. Mit der neuen Partei "Nationale
Verantwortung" will er bei den für März erwarteten Neuwahlen antreten. Scharon setzt
so einen Schlussstrich unter den Streit um den Rückzug aus dem Gazastreifen. Die Spaltung
der Partei und die Auflösung der Knesset sei im Grunde von vielen erwartet worden,
erklärt Johannes Gerster, Leiter der Vertretung der Konrad-Adenauer-Stiftung in Jerusalem.
"Sharon
will im Friedensprozess weitergehen, das heißt, er will auch weitere Räumungen in
der Westbank jetzt vornehmen, und das ist mit der derzeitigen Mehrheit des Likud nicht
zu machen. Deswegen die Spaltung."
Scharon hatte erklärt, seine nächste
Aufgabe sei nun die endgültigen Grenzen Israels festzulegen. Nach dem Rückzug der
Arbeitspartei unter dem neuen Vorsitzenden Amir
Perez aus der Koalition hatte
Scharon keine Regierungsmehrheit mehr. Laut Umfragen scheint Scharons neue Partei
in der Bevölkerung aber klar vorne zu liegen, der Likud ist dagegen sehr schwach.
Die eher sozialistische Arbeitspapier wird wohl zweitstärkste Kraft werden, meint
Gerster.
"Die entscheidene Frage wird sein, ob diese Sharon-Partei möglicherweise
mit der Arbeitspapier und der antireligiösen Partei eine Mehrheit erreicht, um dann
nach dem einseitigen Rückzug aus dem Gaza weitere Schritte eines Rückzugs aus den
palästinensischen Gebieten durchsetzen zu können. Wenn er diese Mehrheit bekommt,
wäre das, so glaube ich, ein bißchen eine Vision für die Palästinenser, die natürlich
nur dann bereit sind mit den Israelis zu kooperieren, wenn sie eine Perspektive auf
einen eigenen Staat sehen, und das heißt also auch Räumung aus der Westbank."
Doch
- Gerster warnt davor, sich Illussionen hinzugeben - jetzt geht es noch nicht um weitreichende
Visionen. Jetzt ist Wahlkampf.
"Und man weiß in Israel, wenn eine Partei
sich spaltet, bleibt das nie ohne Auswirkungen auf andere Parteien. Das heißt im Moment
wollen Religiöse möglicherweise fusionieren, im Moment glaubt man, dass es einen Wähleraustausch
gibt, dass die Arbeitspartei zum Beispiel aus dem Likud einiges holt und so weiter.
Es ist jetzt im Moment nicht die Stunde der Diskussion, wie geht es wirklich in der
Sache weiter. Im Moment sortieren sich die Parteien, um bei der nächsten Wahl antreten
zu können."