China/Taiwan/Vatikan: Reise des Ex-Außenministers, neue Verhaftungen
Ein ehemaliger Vatikanaußenminister wird nächste Woche Taiwan besuchen. Kardinal Jean-Louis
Tauran, heute Leiter der Apostolischen Bibliothek im Vatikan, soll am Montag zu einer
einwöchigen Reise auf der Insel eintreffen. Dabei wird er auch Taiwans Präsidenten
Chen Shui-bian treffen. Das gab der Außenminister Taiwans gestern bekannt. Der
Minister unterstrich aber sogleich, dieser Besuch habe nichts damit zu tun, dass Tauran
bei seinem Besuch etwa die Aufkündigung der diplomatischen Beziehungen mit der Insel
beginnen werde. In den letzten Wochen war mehrfach darüber spekuliert worden, der
Vatikan könne in nächster Zeit seine Vertretung in Taiwan zugunsten einer Botschaft
in der Hauptstadt der Volksrepublik China schließen. Peking betrachtet Taiwan schließlich
als abtrünnige Provinz. Es gehe bei dem Besuch vielmehr darum, dass der Kardinal eine
Auszeichnung entgegennehme, die ihm der Präsident verleihen wolle. Außerdem werde
er einige katholische Schulen besuchen. Unterdessen meldet die Nachrichtenagentur
Reuters mit Berufung auf eine Menschenrechtsgruppe, dass in den letzten Tagen in China
wieder ein Priester und zehn Seminaristen der so genannten "Untergrundkirche" verhaftet
worden seien. Das bestätigen auch andere Nachrichtenquellen. Sechs der zehn Seminaristen
seien allerdings nach drei Tagen in Polizeigewahrsam wieder frei gelassen worden.
Vor wenigen Wochen hatte Kardinal Sodano betont, der Vatikan sei bereit, mit China
volle diplomatische Beziehungen aufzunehmen; Grundbedingung sei aber, dass die kommunistische
Volksrepublik Religionsfreiheit gewähre. (reuters 18. 11. 05 lw)