2005-11-13 12:45:09

Dokument: Predigt bei der Seligsprechung


Das "abenteuerliche und faszinierende Leben" des Charles de Foucauld ließ Kardinal José Saraiva Martins heute bei der Seligsprechung des Franzosen noch einmal Revue passieren. Foucaulds Denken habe die Spiritualität des 20. Jahrhunderts tief geprägt, so der Tenor. Hier ist die Predigt von Kardinal Saraiva Martins, dem Präfekten der zuständigen Vatikan-Kongregation, bei der Seligsprechung am 13. November 2005:

"1. Der heutige Sonntag, der 33. im Jahreskreis und vorletzter im Jahreskreis, legt uns einige Abschnitte des Wortes Gottes vor, die auch und gerade über die Realität des christlichen Glaubens sehr erleuchtet sind, den Glauben, den man als die beste Verwendung der von Gott empfangenen Gaben verstehen muss. Dafür dass sie die eigenen Talente in der göttlichen Logik der Liebe und der totalen Selbsthingabe an die Kirche zur Vollendung gebracht haben, hat die Kirche heute in das Buch der Seligen eingeschrieben: Charles de Foucauld, Maria Pia Mastena und Maria Crocifisso Curcio.

2.Charles de Foucauld hat, als er in der Gegenwart des Jesuskindes während der Weihnachtszeit 1897-1898 über die Stelle aus dem Matthäus-Evangelium meditierte, die wir eben gehört haben, sagt er über die Verpflichtung, die jener erhalten hat, der die Talente bekam, um sie Frucht bringen zu lassen: „Wir werden nach all dem gefragt werden, was wir bekommen haben… Und da ich viel erhalten habe, wird man viel von mir zurückfordern! Ich habe wirklich mehr bekommen als der größte Teil der Menschheit… die Bekehrung, die Ordensberufung, das Trappistenkloster, das Leben eines Einsiedlers, Nazareth, den täglichen Kommunionempfang und viele andere Gnaden; man wird viel von mir zurückfordern…“
Die Seligsprechung von Charles de Foucauld ist für uns eine Bestätigung dafür: Er war wirklich vom Geist Gottes geführt, und so konnte er die verschiedenen Talente, die er erhalten hatte, auch richtig einsetzen und fruchtbar werden lassen. Indem er freudig auf die göttlichen Eingaben antwortete, folgte er einem wirklich evangeliumsgemäßen Weg, auf dem er Tausende von Jüngern angezogen hat.
Der Heilige Vater Benedikt XVI. hat vor kurzem daran erinnert, dass „wir unseren Glauben in diesen Worten zusammenfassen können: Jesus caritas, Jesus, die Liebe“; das sind die Worte, die Charles de Foucauld als Devise gewählt hatte, die seine Spiritualität zum Ausdruck bringen sollte.
Das abenteuerliche und faszinierende Leben des Charles de Foucauld bietet einen überzeugenden Beweis der Wahrheit dieser Worte des Papstes. Man kann tatsächlich mühelos einen roten Faden erkennen, der durch alle Änderungen und Entwicklungen hindurch Stück für Stück die Existenz von Bruder Karl durchzieht; wie 1889 Pater Huvelin dem Abt von Solesmes schrieb: „Er hat aus der Religion Liebe gemacht“.
Charles selbst offenbarte einem Schulfreund, der Agnostiker geblieben war, das, was er selbst „das Geheimnis meines Lebens“ nannte: „Die Nachahmung ist mit der Liebe untrennbar verbunden… Ich habe mein Herz an jenen vor 1900 Jahren gekreuzigten Jesus von Nazareth verloren, und ich verbringe mein Leben damit, ihn nachzuahmen, soweit ich dazu in meiner Schwachheit fähig bin“.
In der Korrespondenz mit Louis Massignon kann man die Freiheit untersuchen, die Charles durch seine Art und Weise lieben zu lernen, erhalten hat: „Die Gottesliebe, die Nächstenliebe… Da ist alle Religion… Wie soll man dahin kommen? Nicht an einem Tag, das ist die Vollendung an sich.: das ist das Ziel, das wir immer zu erreichen versuchen müssen, an das wir uns ohne zu zögern annähern müssen und das wir uns im Himmel erwarten“.
Und 1882 schon finden wir den berühmten Satz von Mt 25, den er oft zitiert und der ihn bis zur letzten Meditation 1916 begleitet, wo er die Gegenwart in der Eucharistie und diejenige in den Geringsten miteinander in Parallele setzt:
„Es gibt kein Wort des Evangeliums, glaube ich, das auf mich einen tieferen Eindruck gemacht hat und meine Ansicht mehr verändert hat als dieses hier: „Was ihr einem der Geringsten tut, das habt ihr mir getan’. Wenn man bedenkt, dass diese Worte jene der ungeschaffenen Wahrheit sind, jene des Mundes, der gesagt hat: ‚das ist mein Leib… das ist mein Blut’, mit welcher Kraft ist man dann dazu gebracht zu versuchen, Jesus in den Geringsten zu suchen, in den Sündern, den Armen“.
Charles de Foucauld hatte einen bedeutenden Einfluss auf die Spiritualität des 20. Jahrhunderts, und er bleibt am Anfang dieses dritten Jahrtausends, ein fruchtbarer Bezugspunkt, eine Einladung zu einem radikal evangeliumsgemäßen Lebensstil – und das auch jenseits der Gruppe jener, die den verschiedenen Vereinigungen angehören, aus denen seine vielzählige und vielgestaltige geistliche Familie entstanden ist.
Das Evangelium in seiner ganzen Einfachheit anzunehmen, zu evangelisieren, ohne etwas auferlegen zu wollen, Zeugnis für Jesus abzulegen im Respekt vor anderen religiösen Erfahrungen, den Primat der im Geist der Geschwisterlichkeit gelebten Liebe zu unterstreichen, das sind nur einige der wichtigsten Aspekte eines wertvollen Erbes, das uns einlädt, so zu handeln, dass unser Leben – so wie jenes des seligen Charles – darin besteht, „das Evangelium über die Dächer zu schreien… zu schreien, dass wir zu Jesus gehören“.

3. Der heilige Paulus erinnert in der zweiten Lesung, die aus dem ersten Thessalonicherbrief genommen ist, an die Notwendigkeit, wachsam zu sein, da wir nicht wissen, wann der Menschensohn kommt, um unser Werk zu richten, und zwar in Bezug auf die empfangenen Gaben. Das Leben des Christen ist tatsächlich eine lange Wache, eine Zeit des Wartens auf den Herrn. Aber wir sind, wie es der Apostel unterstreicht: „Alle Kinder des Lichts“, denn durch die Taufe sind wir in Christus, das Licht der Welt eingesenkt.
Ein gut sichtbares und strahlendes Licht war jenes, das die selige Maria Pia Mastena zum Leuchten brachte. Sie lebte ihre Lebensumstände als Ordensfrau im andauernden Bemühen, auf das Gesicht der Schwestern und Brüder den Glanz des Heiligen Antlitzes zurück zu bringen, das sie so sehr liebte. Das Angesicht des Menschen, besonders wenn es von der Sünde und dem Elend dieser Welt entstellt ist, kann nur wieder leuchten, wenn es jenem Christi gleich ist, der am Kreuz zu Tode gequält und von der Herrlichkeit des Vaters verklärt wurde. Mutter Mastena fühlte tatsächlich die starke missionarische Spannung, das „Antlitz Christi zu den Menschen auf der ganzen Welt zu bringen, an die ärmsten und verlassensten Orte“. Wenn man die Heiligkeit der Seligen Mutter Mastena ansieht, ist es legitim, in ihr eine große Künstlerin zu erkennen, die sich selbst das Antlitz Christi aufdrücken konnte, wobei sie durch die Ausübung vieler Tugenden das „Gesicht der Gesichter“ annahm, das schönste Gesicht, das unter den Menschenkindern existiert. Es gelang ihr, das Gesicht des Herrn durch ihre persönlichen Lebensregeln in den Erscheinungsweisen der Barmherzigkeit, der Liebe, der Vergebung, des vollen Dienstes an den Bedürftigsten durchscheinen zu lassen. Mit großen Opfern, Schwierigkeiten, Glauben und Hartnäckigkeit gründete Mastena 1936 die Kongregation der Schwestern vom Heiligen Antlitz, wobei sie ihren Mitschwestern ihren Lebensplan übermittelte, den sie in Synthese so zusammenfasste: „das Antlitz Christi in den Brüdern voranbringen, wiederherstellen, erneut zum Vorschein bringen“. So erklärte sie mit wenigen, aber dichten Worten den jungen Schwestern das Charisma der Ordensfrauen vom Heiligen Angesicht: „Wenn ein Bruder traurig und leidend ist, ist es unsere Aufgabe, das Lächeln auf sein Gesicht zurückkehren zu lassen… Das ist unsere Sendung: Das Gesicht des süßen Jesus auf dem Antlitz des Bruders lächeln zu lassen.“

4. Dem faulen und hochnäsigen Diener des Gleichnisses von den Talenten steht im positiven Sinn die Figur der Frau entgegen, die uns im Buch der Sprichwörter vor Augen gestellt wird. In diesen Kontext fügt sich mit ihrem mütterlich und ausdrücklich weiblichen Charisma die selige Maria Crocifissa Curcio ein, eine umtriebige und wirkmächtige Frau, die darauf schaute, sich um die Bedürfnisse ihres Nächsten zu kümmern, ja, sogar soweit, dass sie es „ihre Familie werden“ ließ. Auch Mutter Maria Crocifissa konnte „für Wolle und Flachs“ sorgen, und sie gern „mit emsigen Händen“ bearbeiten, um so die ihr von Gott anvertraute Familie wachsen zu lassen. Sie fand im Geist des Karmel – und da besonders im kontemplativ-missionarischen Charisma der heiligen Teresa vom Kinde Jesu – den Anreiz, die karmelitanische Kongregation der Missionarinnen der heiligen Teresa vom Kinde Jesu zu gründen.
Die Liebe zu Jesus führte sie auf einen Weg, der oft beschwerlich und bitter ist, was sie erfahren ließ, was es heißt, wie Christus „gekreuzigt“ zu sein, aus der Liebe zu den Schwestern und Brüdern, die immer in ihrer Aufmerksamkeit präsent waren, auch in den Momenten der größten Intimität mit Gott. Sie schrieb in ihrem geistlichen Tagebuch: „Nur der Gedanke daran, für meine Brüder zu leiden, erfüllt meine Seele mit Freude… Meine Zärtlichkeit wächst immer… und aus dieser Zärtlichkeit heraus liebe ich die Töchter, die mir die Vorsehung anvertraut hat, ich liebe die ganze Welt, ich liebe die Natur mit all ihren Schönheiten“.
Mutter Maria Crocifissa war eine einfache und starke Frau, die von der Liebe Gottes erfüllt war, ganz zum Himmel gerichtet, aber trotzdem darauf sah, sich zur Erde zu beugen, besonders über die leidende und bedürftige Menschheit. Sie konnte aus ihrem tiefen Glauben und aus der leidenschaftlichen Liebe zur Eucharistie Inspiration und andauernde Nahrung für ihre Suche nach der Heiligkeit ziehen. Die selige Mutter Curcio konnte in den Alltäglichkeiten ihres Lebens das Gebet und die Aktion miteinander verbinden, wobei sie diese als Annahme der Letzten verstand, genauer noch als Aufnahme und Ausbildung der am meisten verlassenen Jugend. Genau für diese ihre Normalität und Konkretheit ist sie ein Modell, an dem man sich jeden Tag inspirieren kann, weil ihre Botschaft von großer Aktualität ist.

5. Meine lieben Schwestern und Brüder, lernen wir von den neuen Seligen, einen fruchtbaren, im Gespräch geschehenden Glauben zu leben, denn ein „harmloser“ Glaube sagt niemandem etwas; wenn er sich nicht in Zeugnis übersetzt, bleibt er ein „unbenützter“ Glaube.
Mit dem Beispiel des auferstandenen Christus dürfen auch wir nie aufhören, mit den Talenten zu wirtschaften, die wir bekommen haben, damit wir jene bewundernswerten Worte wiederholen hören, die man eine „Seligsprechungsformel aus dem Evangelium“ nennen könnte: „Sehr gut, du bist
ein tüchtiger und treuer Diener. Komm, nimm teil an der Freude deines Herrn!”


Und hier weitere Texte aus der Seligsprechung von Charles de Foucauld:

Einführung

Liebe Schwestern und Brüder,

wir erheben unsere Sinne mit Freude zum Vater,
weil wir die Seligsprechung der verehrungswürdigen Diener Gottes
Karl von Jesus, Maria Pia Mastena und Maria Crocifissa Curcio feiern.

Sie werden heute als Selige anerkannt,
denn sie wussten, wie sie als gute und treue Diener die Talente einsetzen konnten, die ihnen vom Herrn anvertraut worden waren.

Wir rufen auch für uns die Gnade des Heiligen Geistes herab,
damit wir von unseren Sünden gereinigt in Treue auf den Wegen des Herrn gehen.


Bischof Claude Rault:

Die Bischöfe von Laghouat, der Bischofsvikar für die Diözese Rom und der Bischof von Porto-Santa Rufina bitten demütig den Heiligen Vater Benedikt XVI., die Diener Gottes Charles de Foucauld, Maria Pia Mastena und Maria Crocifissa Curcio ins Buch der Seligen einzuschreiben.


Kardinal:
Im Auftrag von Papst Benedikt XVI. lesen wir nun das Apostolische Schreiben, mit dem seine Heiligkeit die Verehrungswürdigen Diener Gottes Charles de Foucauld, Maria Pia Mastena und Maria Crocifissa Curcio ins Buch der Seligen einschreibt.

Apostolisches Schreiben:

Indem wir die Wünsche Unserer Brüder Claude Rault, Bischof von Laghouat, Kardinal Camillo Ruini, Kardinalvikar für die Diözese Rom, und Gino Reali, Bischof von Porto-Santa Rufina und vieler anderer Brüder im Episkopat und vieler Gläubiger erhören und nachdem Wir auch die Meinung der Kongregation für die Heiligsprechungen gehört haben, erklären Wir aufgrund unserer Apostolischen Autorität, dass die Diener Gottes Charles de Foucauld, Maria Pia Mastena und Maria Crocifissa Curcio von nun an Selige genannt werden. Ihre Feste sind nun:
Am 1. Dezember für Charles de Foucauld,
am 27. Juni für Maria Pia Mastena
und am 4. Juli für Maria Crocifissa Curcio.

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Gegeben zu Rom bei Sankt Peter am 13. November im Jahr des Herrn 2005, im ersten unseres Pontifikats.
Papst Benedikt XVI.

Die Bischöfe von Laghouat, der Bischofsvikar für die Diözese Rom und der Bischof von Porto-Santa Rufina danken aus ganzem Herzen Papst Benedikt XVI., dass er den Dienern Gottes Charles de Foucauld, Maria Pia Mastena und Maria Crocifissa Curcio den Titel von Seligen zugesprochen hat.




Fürbitten:
Schwestern und Brüder,
wir bitten Gott, unseren Vater, der uns auch heute sein Wort anvertraut, um seine Liebe und seinen Beistand, damit wir wie die neuen Seligen gute Früchte bringen können:

1. Spanisch:
„Ihr seid Kinder des Lichts und Söhne des Tags“. Die Aussage des Apostels Paulus möge für alle Getauften eine Einladung dazu werden, im Alltäglichen nach dem Beispiel der neuen Seligen das Evangelium Christi zu leben, um in Gemeinschaft mit Papst Benedikt und der ganzen Kirche Licht der Welt und Salz der Erde zu sein.

2. Arabisch:
„Sie öffnet ihre Hände für den Bedürftigen, streckt ihre Hand zum Armen aus“. Die Worte des Buches der Sprichwörter sei ein Lebensprogramm und ein Anreiz für einen konkreten und fruchtbaren Einsatz im Sozialen, vor allem für die Ärmsten und Verlassenen, von all jenen, die den Glauben an Jesus Christus bekennen, der gekommen ist, um zu dienen und nicht, um sich bedienen zu lassen.

3. Französisch:
„Mein Gott, wenn du existierst, lass mich dich erkennen!“
Dass das tiefe Sehnen des Charles de Foucauld den missionarischen Geist aller Gläubigen ergreife, besonders den jener, die dem neuen Seligen im Dienst an den Kleinen und Entfernten folgen. Auf dass wir aus der Betrachtung der Eucharistie die Kraft dafür bekommen, den Herrn immer mehr zu kennen und „das Evangelium durch unser Leben hinauszuschreien“.

4. „Dass das Gesicht Jesu in jeden Winkel der Erde gebracht werde“. Die Sehnsucht der seligen Maria Pia Mastena sei Erinnerung und Ermutigung, dass die Getauften nie ihre christliche Identität verstecken, in Dialog mit denen eintreten, die einer anderen Religion angehören und überall Zeugen der Liebe und Hoffnung für diejenigen seien, die nicht glauben.
5. Englisch
„Wir müssen immer das Magnificat singen, an grauen Tagen und auch an fröhlichen und demütig sagen: ‚Ecce ancilla Domini’“.
Das Leben der Seligen Maria Crocifissa Curcio sei eine Inspiration für all jene, die sich dem Herrn geweiht und dem Dienst an den anderen gewidmet haben mit dem Ziel der Wiedergeburt authentischer und freudenvoller christlicher Gemeinschaften, treu den Gaben und Charismen, die der Heilige Geist auch weiterhin in unserer Zeit gewährt.

6. Portugiesisch:
„Du guter und treuer Diener, nimm teil an der Freude deines Herrn“.
Dass sich diese Worte Jesu im Matthäusevangelium für unsere verstorbenen Schwestern und Brüder erfüllen mögen und dass sie in der ewigen Seligkeit der Gemeinschaft mit den Engeln und allen Seligen und Heiligen des Himmels leben können und so Gott von Angesicht zu Angesicht schauen.

In deine Hände, o Vater, legen wir mit dem Vertrauen von Kindern unsere Gebete und Bitten. Öffne unser Herz für deine Wahrheit und deine Liebe und führe uns auf den Wegen des Evangeliums. Durch Christus, unseren Herrn.








All the contents on this site are copyrighted ©.