Zwei Wochen nach Ausbruch der Unruhen in Frankreich gehen die Ausschreitungen in den
Vorstädten noch immer weiter. Die Bilanz der vergangenen Nacht: 400 abgebrannte Autos,
168 Festnahmen. Mit Sorge blickt die Polizei auf das lange Feiertagswochenende, denn
heute gedenken die Franzosen des Sieges im Ersten Weltkrieg. Wir haben mit dem Münsteraner
Weihbischof Josef Voss gesprochen, dem Migrantions-Experten der Deutschen Bischofskonferenz.
Die Situation in Frankreich hält er für nicht ohne weiteres auf die Bundesrepublik
übertragbar: "Diese Banlieues in der Weise und in der Konzentration - praktisch
nur Ausländer - gibt es bei uns bedeutend weniger in den Städten. Da ist eine größere
Mischung. Das ist das eine - und das zweite: Wir sind vielleicht davor bewahrt geblieben,
in dieser Weise die Folgen eines Kolonialismus mitzutragen. Das sind ja zum großen
Teil Zuwanderer aus Ländern, die früher französische Kolonien waren. Das ist der
Unterschied. So dass ich nicht damit rechne, dass das bei uns genauso geschieht." Als Warnung sieht der Weihbischof die Geschehnisse in Frankreich aber dennoch,
und zwar in dem Sinne, "dass wir in unserem Nachbarland erleben, wohin das führen
kann, wenn sich eine Zwei-Klassen-Gesellschaft herausbildet, die im Grunde wenig miteinander
zu tun hat. Von daher halte ich es für notwendig, alle Kräfte darauf zu konzentrieren,
den jungen Menschen - und das sind Deutsche wie Zuwanderer - Perspektiven zu eröffnen.
Dass sie an unserem Leben teilnehmen können. Wie können sie auch in das Leben, das
Miteinander der Gesellschaft einbezogen werden, so dass sie erfahren, dass sie gewollt
sind und dass sie gebraucht werden? Denn diese Perspektivlosigkeit ist eine Gefahr
auch für viele Menschen in unserem Land." (rv 11.11.05 hr)