Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber hat Papst Benedikt XVI. für nächstes Jahr
nach München eingeladen. Das Kirchenoberhaupt hatte Stoiber zu Mittag in Privataudienz
empfangen, die zehn Minuten dauerte. Stoiber zufolge waren die Themen des Vier-Augen
Gespräches der Wert des Lebens, der Schutz des Lebens vor der modernen Technik.
"Ich
habe auch zum Ausdruck gebracht, dass ich glaube, dass heute in unserer Gesellschaft
der Schutz des Lebens immer höher bewertet wird und dass hier auch die Festigkeit
der katholischen Kirche sicherlich bei ihrer Grundhaltung einen Niederschlag in der
Auffassung der Menschen bedeutet."
Zu Entwicklungen der Bundespolitik habe
sich der deutsche Papst nicht geäußert, sagte Stoiber.
"Er hat nur gesagt,
dass letzten Endes es erhebliche Bewegung auch in den großen Parteien in Deutschland
gebe, und er hat mich beeindruckt über die Details, die er kannte, was bestimmte Ereignisse
in der deutschen Innenpolitik bedeuten - auf mehr will ich nicht eingehen, aber ich
war tief beeindruckt."
Im Anschluss an Stoiber durfte die gesamte CSU-Landtagsfraktion
mit Begleitern zum Papst - insgesamt 170 Personen, davon die Hälfte Abgeordnete. Hier
ist der Text der auf deutsch gehaltenen Ansprache von Papst Benedikt an die CSU-Delegation:
"Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, verehrte Mitglieder der Bayerischen
Staatsregierung und des Bayerischen Landtages, meine Damen und Herren!
Eine
so hohe Abordnung aus der geliebten bayerischen Heimat hier im Apostolischen Palast
begrüßen zu können, ist für mich ein Grund zu großer Freude. Seien Sie alle herzlich
willkommen!
Mit Ihrem Besuch geben Sie der langen und in vielerlei Hinsicht
fruchtbaren Verbundenheit Bayerns mit der Kathedra Petri zum Ausdruck. Bayern kann
nicht nur auf eine mehr als 1200-jährige Geschichte zurückblicken; es ist auch ein
Land, in dem modernste Forschung und Technik seit Jahrzehnten eine bevorzugte Heimstatt
gefunden haben. Es zeichnet Bayern aus, daß sich auf seinem Boden zukunftsgerichtete
Wissenschaft, Technik und Industrie mit einer überaus reichen kulturellen und religiösen
Überlieferung harmonisch verbinden. Gerade in dieser Harmonie liegt auch die Verheißung
einer wahrhaft menschenfreundlichen Zukunft.
Gewiss nehmen besonders die schwierigen
gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit Ihre Aufmerksamkeit
in Anspruch. Dazu kommen auch jene immer komplizierteren Fragen neuer wissenschaftlicher
und technologischer Entwicklungen, vor die sich die politischen Entscheidungsträger
gestellt sehen. Aus dem Fortschritt der Wissenschaften können ebenso Segen wie Verderben
erwachsen. Hier kommt es darauf an, ob jene, die über rechten Gebrauch oder Missbrauch
zu entscheiden haben, dabei bloß den Gesetzen vordergründigen Nutzens oder aber den
Gesetzen Gottes folgen. Männer und Frauen, die sich ihrer Verantwortung vor Gott,
dem Geber allen Lebens, bewusst sind, werden ihr Bestes tun, damit die unantastbare
Würde des Menschen, dessen Leben in allen Phasen heilig ist, den Umgang mit neuen
wissenschaftlichen Erkenntnissen bestimmt.
Damit die höchsten Güter unserer
abendländischen Kultur auch in Zukunft geachtet und gefördert werden, bedarf es freilich
einer Formung der Jugend nicht bloß nach technokratisch-ökonomischen Maßstäben, sondern
durch jenes geistige Erbe, das durch die Namen Athen, Jerusalem und Rom charakterisiert
wird. In diesem Zusammenhang möchte ich den besonderen und unersetzlichen Beitrag
erwähnen, den die Theologischen Fakultäten an den Universitäten des Landes dazu leisten.
Ich selbst hatte die Ehre, an der Theologischen Fakultät der Universität Regensburg
als Professor für Dogmatik einige Jahre zu forschen und zu lehren. An diese Zeit denke
ich gerne zurück.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
verehrte Damen und Herren! Im Herzen Münchens, meiner unvergessenen Bischofsstadt,
erhebt sich die Mariensäule, die das Bild der Patrona Bavariae trägt. Möge die Gottesmutter
Maria weiterhin einen Ehrenplatz auch in den Herzen der Bayern einnehmen! Dann wird
sie mit ihrer Fürsprache unser Beten begleiten: „Gott mit dir, du Land der Bayern,
... über deinen weiten Gauen walte seine Segenshand“. Mit diesem Gebetsruf vereine
ich mich im Geiste mit meiner Heimat und erteile Ihnen allen von Herzen den Apostolischen
Segen."
Stoiber sprach vor dem Papst von einem „besonders wichtigen Moment“
in seinem Leben.
"Heiliger Vater, eine Privataudienz bei Ihnen zu haben,
ist der Höhepunkt für viele im Leben. Für eien Bayern, für einen bayerischen Christen,
mit der absolute Höhepunkt. Und ich möchte Sie erinnern an die wunderbare Zeit als
Erzbischof von München und Freising, als Sie 1982 sich verabschiedet haben, da haben
Sie vor der Patrona Bavariae, der Mutter Bayerns, gebetet und gesagt: Der Geist, die
Stärke der Patrona soll Sie begleiten nach Rom. Nun haben Sie den Namen Europas angenommen,
des Patrons Europas, Benedikt XVI. Ich habe nachgeschaut, am Sockel der Patrona Bavariae
am Marienplatz ist eingraviert: Johannes Paul II., 19. November 1980. Wir, die Landtagsfraktion
der CSU, die Vertreter der bayerischen Staatsregierung, wir wünschen uns so sehr,
dass demnächst irgend jemand darunter einmeißeln muss: Benedikt XVI., Punkt Punkt
Punkt, 2006." (rv 03.11.05 sk)