2005-11-03 17:12:45

Vatikan: CSU beim Papst


Bayerischer Moment im Apostolischen Palast: Papst Benedikt XVI. hat heute Mittag den bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber und die Landtagsfraktion der CSU in Audienz empfangen. Worum es dabei ging – Ludwig Waldmüller hat es beobachtet:

Gegen die strengen Vorschriften des Protokolls betraten Papst Benedikt XVI. und Ministerpräsident Edmund Stoiber gemeinsam die Sala Clementina im Apostolischen Palast. Nur wenige Schritte hinter dem Papst durfte der Politiker eintreten... Und Benedikt freute sich sichtlich über den Besuch aus seiner Heimat:
„Eine so hohe Abordnung aus der geliebten bayerischen Heimat hier im Apostolischen Palast begrüßen zu können, ist für mich ein Grund zu großer Freude. Seien Sie alle herzlich willkommen!“
Stoiber, der vor der Audienz schon eine Viertelstunde Zeit hatte, mit dem Papst privat zu sprechen, wandte sich im Nahmen aller 150 Abgeordneten und sonstigen Anwesenden an den Heiligen Vater:
„Eine Privataudienz bei Ihnen zu haben, ist für einen Bayern, für einen bayerischen Christen, mit der absolute Höhepunkt“, sagte der Ministerpräsident und erzählte von einem kürzlichen Besuch bei der Marienstatue auf dem Münchener Marienplatz: „Ich habe nachgeschaut, am Sockel der Patrona Bavariae am Marienplatz ist eingraviert: Johannes Paul II., 19. November 1980. Wir, die Landtagsfraktion der CSU, die Vertreter der bayerischen Staatsregierung, wir wünschen uns so sehr, dass demnächst irgend jemand darunter einmeißeln muss: Benedikt XVI., Punkt Punkt Punkt, 2006."
Papst Benedikt unterstrich die Traditionsverbundenheit Bayerns, die sich seit langem auch mit einer Offenheit für moderne Wissenschaft und Technik verbinde:
„Aus dem Fortschritt der Wissenschaften können ebenso Segen wie Verderben erwachsen. Hier kommt es darauf an, ob jene, die über rechten Gebrauch oder Missbrauch zu entscheiden haben, dabei bloß den Gesetzen vordergründigen Nutzens einer augenblicklichen Pragmatik oder aber den inneren Gesetzen unseres menschlichen Wesens, den Gesetzen Gottes folgen, die er in dieses Wesen eingeschrieben hat.“
In diesem Zusammenhang unterstrich Benedikt die Wichtigkeit des Einsatzes von Christen in der Politik:
„Männer und Frauen, die sich ihrer Verantwortung vor Gott, dem Geber allen Lebens, bewusst sind, werden ihr Bestes tun, damit die unantastbare Würde des Menschen, dessen Leben in allen Phasen heilig ist, den Umgang mit neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen bestimmt und die Person der Mittelpunkt des Ganzen und nicht zum Gebrauch und Verbrauch schließlich bestimmt wird.“

Damit dies auch in Zukunft gewährleistet sei, so Benedikt, sei eine profunde, den Menschen bildende Formung junger Menschen vonnöten. Diese solle geschehen:
„nicht bloß nach technokratisch-ökonomischen Maßstäben, nicht nur nach den Maßstäben eines augenblicklichen Zufriedenseinwollens, sondern durch ein tiefer reichendes geistiges Erbe, jenes geistige Erbe, das durch die Namen Athen, Jerusalem und Rom charakterisiert wird.“
Außerdem erinnerte der Papst eindringlich an den Beitrag, den gerade die theologischen Fakultäten in Bayern auf diesem Gebiet leisteten. Und er untermauerte diesen Punkt mit seinen eigenen Erfahrungen:
„Ich selbst hatte die Ehre, mich in München zu habilitieren und dann wieder als Professor an der Theologischen Fakultät zu Regensburg, der ich als Honorarprofessor noch angehöre, einige Jahre zu forschen und zu lehren. An diese Zeit denke ich gerne zurück, auch daran, wie sich in einer jungen und auch eben erst bildenden Universität universitas litterarum gezeigt hat, wie eine Begegnung zwischen den Fakultäten stattgefunden hat und nicht nur sozusagen ein Nebeneinander von Fachhochschulen unter dem gemeinsamen Dach Universität war. Wie wirklich das Bewusstsein eines gemeinsamen Auftrages in der Verschiedenheit der Forschungen und der wissenschaftlichen Disziplinen da war, die doch alle gemeinsam um die Wahrheit und um den Menschen ringen und die daher alle dieses Bewusstsein brauchen, dass sie im Letzten Verantwortung für den Menschen tragen und sie nur tragen können, wenn dabei die Verwantwortung vor Gott nicht erlischt.“
Der Papst beendete seine Ansprache mit einem Zitat aus der Bayernhymne:
„Gott mit dir, du Land der Bayern, ... über deinen weiten Gauen walte seine Segenshand.“
Begeistert war nach der Audienz der bayerische Ministerpräsident. Seine viertelstündige Unterredung mit dem Papst sei sehr beeindruckend gewesen, so Stoiber:
„Erleben zu dürfen, wie genau er über die deutsche Politik und die deutsche Innenpolitik informiert ist, was ihn interessiert hat, wie es in Berlin weitergeht, warum ich in Bayern bleibe, warum ich nicht in ein Bundeskabinett eintrete und wie es insgesamt in unserer Gesellschaft weitergeht, welche Werte in Deutschland eine Renaissance haben. Und ich habe deutlich gemacht, dass der Papst aus Bayern, der Papst aus Deutschland in Deutschland unb Bayern auch zu einer Renaissance christlicher Werte gerade auch bei den jungen Menschen führt.“
Und noch einer nahm begeistert etwas aus der Begegnung mit dem Papst mit: Der bayerische Innenminister Günther Beckstein, der evangelische Christ, der ohne die Entscheidung Stoibers für Bayern wohl Ministerpräsident geworden wäre. Der Papst, so erzählte er hinterher lachend, habe zu ihm gesagt:
„'Na, wie geht’s Ihnen denn nach den Enttäuschungen?' Da habe ich gesagt: 'Naja, ganz gut, die Spannungen legen sich. Darauf sagt er: 'Aber wohl anders, als Sie gedacht haben!?' Und ich habe geantwortet: 'Allerdings!' Darauf hat er die Bemerkung gemacht: 'Der Mensch denkt, Gott lenkt.' Und damit ist man wieder in einer Ebene, um das alles zu relativieren. Das ist, glaube ich, ganz gut.“
Eine angenehme Audienz, die von sehr viel Herzlichkeit gekennzeichnet war – und die dem Papst wahrscheinlich Lust gemacht hat, die Einladung nach Bayern anzunehmen.
(rv 3. 11. 05 lw)







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