Papst: Verpflichtung zum jüdisch-christlichen Dialog bekräftigt
Papst Benedikt XVI. hat die Verpflichtung der katholischen Kirche zur Fortsetzung
des christlich-jüdischen Dialogs bekräftigt. Bei einer Festveranstaltung zum 40.
Jahrestag des Konzil-Dokuments "Nostra aetate" gestern abend in Rom verlas der Präsident
der Päpstlichen Kommission für die Beziehungen zum Judentum, Kardinal Walter Kasper,
die Papst-Botschaft zu diesem Anlass: Benedikt ruft in seinem Schreiben die
Angehörigen beider Religionen zu theologischen Gesprächen und zur alltäglichen Zusammenarbeit
auf - etwa in den Bereichen der Menschenwürde, Gerechtigkeit und des Friedens. Trotz
der tragischen Vergangenheit und der Schoah hätten sich Christen und Juden seither
mutig für Versöhnung und bessere Beziehungen eingesetzt, betonte Benedikt XVI. Dies
Konzilserklärung "Nostra aetate" habe "eine neue Ära in den Beziehungen mit dem jüdischen
Volk" eingeleitet. Der Jahrestag gebe Anlass zur Dankbarkeit für die Fortschritte,
die erzielt wurden - trotz der "komplexen und schmerzlichen Geschichte, und insbesondere
nach der tragischen Erfahrung der Schoah", so Benedikt weiter. "Nostra aetate" habe
deutlich gemacht, dass Vorurteile, Gleichgültigkeit und eine Sprache von Geringschätzung
und Feindseligkeit überwunden werden müssten. Bei der Feierstunde ergriff auch
Rabbiner David Rosen vom American Jewish Comitee das Wort. Ein Auszug aus seiner Rede: "Was
das jüdische Volk anbelangt, waren die Folgen der Konzilserklärung wirklich revolutionär
– und das im besten Sinn des Wortes. Mit der Promulgation dieser Erklärung wurde ein
Volk, das man oft im besten Fall als Überbleibsel ansah, aber meistens für zu Leid
verdammt hielt, nun offiziell als von Gott geliebt dargestellt und war so auf eine
gewisse Weise immer noch Teil des göttlichen Plans für die Menschheit. Bei seinem
Besuch in der Synagoge von Rom 1986 sprach Papst Johannes Paul II. von den Juden als
den ‚geliebten älteren Brüdern der Kirche’. Er entwickelte diese Idee mit seiner eigenen
und bemerkenswerten Formel von Nostra Aetate. Als ich ihn 1993 in Assisi traf, unterstrich
er: ‚Ich habe gesagt, ihr, die Juden, seid die geliebten älteren Brüder der Kirche
des Ersten Bundes, der niemals gebrochen wurde und niemals gebrochen werden soll.
" Und das sagte der emeritierte Erzbischof von Paris, Kardinal Jean-Marie Lustiger: "Was
haben wir – Juden und Katholiken – seit mehr als einem halben Jahrhundert doch für
einen erstaunlichen Weg zurückgelegt! Der 40. Jahrestag dieser Deklaration fällt in
dasselbe Jahr wie der 60. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz. In einem Moment,
in dem der Antisemitismus vielerorts wieder neu aufkeimt, spüren wir das enorme Gewicht
von Schmerz und Scham, die die Erinnerung an das unfassbare Verbrechen der Schoah
auf die Gewissen legt. Wir sollten einhalten und all denen danken, die es geschafft
haben, dennoch ein neues Verhältnis zwischen Juden und Katholiken möglich zu machen
– ein Verhältnis des Vertrauens und des Respekts. Es sind daraus viele echte Freundschaften
entstanden. Ich möchte unter all den vielen Namen nur einen hervorheben: Johannes
Paul II.“ Die Teilnahme des einst vom Judentum zum Katholizismus konvertierten
Kardinals Lustiger sorgte für eine Polemik in der jüdischen Gemeinde Roms: Chef-Rabbiner
Riccardo Di Segni ließ einen Sprecher erklären, Lustigers Anwesenheit "sei nicht opportun"
und blieb selbst der Begegnung fern. Andere Rabbiner kristierten diese Haltung Di
Segnis. (kna/rv 28.10.05 hr)