Papst Benedikt XVI. hat heute fünf neue Heilige zu den Ehren der Altäre erhoben. Es
sind Joszef Bilczewski, Gaetano Catanoso, Zygmunt Gorazdowski, Alberto Hurtado Cruchaga
und Felice da Nicosia. Die Eucharistiefeier heute Vormittag war auch gleichzeitig
das Ende des Jahres der Eucharistie und der Bischofssynode. Wir dokumentieren hier
die Ansprache des Papstes in der offiziellen deutschen Übersetzung:
Verehrte
Brüder im Bischofs- und im Priesteramt! Liebe Brüder und Schwestern!
An
diesem 30. Sonntag im Jahreskreis wird unsere Eucharistiefeier durch verschiedene
Gründe zur Danksagung und zum Bittgebet bereichert. Zeitgleich finden das Jahr der
Eucharistie und die Ordentliche Versammlung der Bischöfe, die gerade dem eucharistischen
Geheimnis im Leben und in der Sendung der Kirche gewidmet ist, ihren Abschluss, während
wir auch fünf Selige heiliggesprochen haben: der Bischof Józef Bilczewski, die Priester
Gaetano Catanoso, Zygmunt Gorazdowski und Alberto Hurtado Cruchaga, und der Kapuzinerbruder
Felice da Nicosia. Im Übrigen wird heute der Weltmissionstag begangen, der jährlich
wiederkehrend in der kirchlichen Gemeinschaft den Antrieb für die Mission neu weckt.
Mit Freude entbiete ich allen Anwesenden meinen Gruß, zuerst den Synodenvätern, dann
auch den Pilgern, die zusammen mit ihren Hirten von verschiedenen Ländern hergekommen
sind, um ihre neuen Heiligen zu feiern. Die heutige Liturgie lädt uns ein, die Eucharistie
als Quelle der Heiligkeit und geistliche Nahrung für unsere Sendung in der Welt zu
betrachten: dieses höchste Geschenk und Geheimnis zeigt uns die Fülle der Liebe Gottes
und teilt sie uns mit.
Das Wort Gottes, das soeben im Evangelium erklang, hat
uns daran erinnert, dass in der Liebe das gesamte göttliche Gesetz zusammengefasst
ist. Das doppelte Gebot der Liebe Gottes und des Nächsten schließt in sich die zwei
Aspekte einer einzigen Dynamik des Herzens und des Lebens ein. Jesus führt so die
alte Offenbarung zur Erfüllung, aber ohne ein neuartiges Gebot hinzuzufügen, sondern
indem er in sich selbst und in seinem Heilswirken die lebendige Synthese der zwei
großen Worte des Alten Bundes verwirklicht: “Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben
mit ganzem Herzen...” und “Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst” (vgl.
Dtn 6,5; Lev 19,18). In der Eucharistie erkennen wir das Sakrament dieser lebendigen
Synthese des Gesetzes: Christus vertraut uns in sich selbst die volle Verwirklichung
der Liebe zu Gott und der Liebe zu den Brüdern und Schwestern an. Und diese Liebe
teilt er uns mit, wenn wir uns von seinem Leib und seinem Blut ernähren. Dann kann
sich in uns verwirklichen, was Paulus den Thessalonichern in der heutigen zweiten
Lesung schreibt: “Ihr habt euch von den Götzen zu Gott bekehrt, um dem lebendigen
und wahren Gott zu dienen” (1Thess 1,9). Diese Bekehrung ist der Anfang des Weges
der Heiligkeit, den der Christ in seiner Existenz zu verwirklichen berufen ist. Der
Heilige ist jener, der so sehr von der Schönheit Gottes und seiner vollkommenen Wahrheit
fasziniert ist, dass er selbst fortschreitend davon verwandelt wird. Für diese Schönheit
und Wahrheit ist er bereit, auf alles zu verzichten, auch auf sich selbst. Es genügt
ihm die Liebe Gottes, die er im demütigen und uneigennützigen Dienst am Nächsten und
besonders an denen, die es ihm nicht vergelten können, erfährt. Wie vorsehungsreich
ist in dieser Hinsicht die Tatsache, dass die Kirche heute allen ihren Gliedern fünf
neue Heilige vorzeigt, die sich, genährt von Christus, dem lebendigen Brot, sich zur
Liebe bekehrt haben und ihrer ganzen Existenz deren Züge verliehen haben! In verschiedenen
Situationen und mit verschiedenen Charismen haben sie den Herrn mit ganzem Herzen
geliebt und den Nächsten wie sich selbst, “so dass sie ein Vorbild für alle Gläubigen
wurden” (vgl. 1Thess 1,6f).
Der Heilige Józef Bilczewski war ein Mann des Gebets.
Die Heilige Messe, das Stundengebet, die Betrachtung, der Rosenkranz und andere Formen
der Frömmigkeit prägten seinen Tagesablauf. Ein besonders langer Zeitabschnitt war
der eucharistischen Anbetung gewidmet.
Auch der Heilige Zygmunt Gorazdowski
wurde für seine auf der Feier und der Anbetung der Eucharistie gründenden Frömmigkeit
berühmt. Das Leben der Hingabe Christi trieb ihn zu den Kranken, den Armen und den
Bedürftigen.
“Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen...
und deinen Nächsten wie dich selbst” (Mt 22,37.39). Dies war das Lebensprogramm des
Heiligen Alberto Hurtado, der sich mit dem Herrn zu identifizieren und mit derselben
Liebe die Armen zu lieben versuchte. Ausgebildet in der Gesellschaft Jesu und gefestigt
im Gebet und der eucharistischen Anbetung, ließ er sich von Christus erobern und wurde
zu einem Kontemplativen in der Aktion. In der Liebe und der völligen Hingabe an den
Willen Gottes fand er die Kraft zum Apostolat. Er gründete El Hogar de Cristo für
die Bedürftigsten und die Obdachlosen, indem er ihnen eine familiäre Umgebung voller
menschlicher Wärme bot. In seinem priesterlichen Dienst unterschied er sich durch
seine Einfachheit und Verfügbarkeit für die anderen, wodurch er zu einem lebendigen
Abbild des Meisters wurde, “gütig und von Herzen demütig”. Am Ende seiner Tage hatte
er, unter starken Schmerzen aufgrund der Krankheit, noch die Kraft zu wiederholen:
“Ich bin zufrieden, Herr, zufrieden”, und drückte so seine Freude aus, die ihn sein
ganzes Leben begleitet hatte.
Der Heilige Gaetano Catanaso war Liebhaber und
Apostel des Heiligen Antlitzes Christi. “Das Antlitz Christi - so sagte er - ist mein
Leben. Er ist mein Leben”. In einer glücklichen Intuition verband er diese Verehrung
mit der eucharistischen Frömmigkeit. Er drückte sich so aus: “Wenn wir das wahre Antlitz
Christi anbeten wollen ... finden wir es in der göttlichen Eucharistie, wo der Leib
und das Blut Christi sich unter dem weißen Schleier der Hostie das Antlitz unseres
Herrn verbirgt.” Die tägliche Messe und die häufige Anbetung des Altarsakraments waren
die Seele seines Priestertums: mit brennender und unermüdlicher pastoraler Liebe widmete
er sich der Predigt, der Katechese, dem Dienst des Beichthörens, den Armen, den Kranken,
der Sorge um die Priesterberufungen. Den Schwestern von Veronika vom Heiligen Antlitz,
die er gründete, gab er den Geist der Liebe, der Demut und des Opfers weiter, der
seine ganze Existenz beseelte.
Der Heilige Felice da Nicosia liebte es, in
allen Situationen, freudigen oder traurigen, zu wiederholen: “Es sei aus Liebe zu
Gott”. So können wir gut verstehen, wie intensiv und konkret in ihm die Erfahrung
der Liebe Gottes war, die den Menschen in Christus offenbar geworden war. Dieser demütige
Kapuzinerbruder, berühmter Sohn Siziliens, enthaltsam, bußfertig und treu zu den echtesten
Ausdrucksformen der franziskanischen Tradition, wurde von der Liebe Gottes, die er
in der Nächstenliebe lebte und umsetzte, fortschreitend geformt und verwandelt. Bruder
Felice hilft uns, den Wert der kleinen Dinge zu entdecken, die den Wert des Lebens
steigern, und lehrt uns, den Sinn der Familie und des Dienstes am Bruder zu verstehen,
indem er uns aufzeigt, dass die wahre und dauerhafte Freude, nach der sich das Herz
jeden menschlichen Wesens sehnt, Frucht der Liebe ist.
Liebe und verehrte Synodenväter,
während drei Wochen haben wir gemeinsam ein Klima erneuerten eucharistischen Eifers
erlebt. Ich möchte nun mit euch und dem gesamten Episkopat, den Bischöfen der Kirche
in China einen brüderlichen Gruß übermitteln. Mit lebendigem Schmerz haben wir das
Fehlen ihrer Vertreter gespürt. Dennoch möchte ich allen chinesischen Bischöfen versichern,
dass wir ihnen und ihren Priestern und Gläubigen im Gebet nahe sind. Der Leidensweg
der ihrer pastoralen Sorge anvertrauten Gemeinden ist in unserem Herz präsent: Er
wird nicht ohne Frucht bleiben, denn er ist eine Teilnahme am Paschamysterium zur
Ehre des Vaters. Die Arbeit der Synode hat uns erlaubt, die Hauptaspekte dieses Geheimnisses,
das der Kirche seit ihrem Anfang gegeben ist, zu vertiefen. Die Betrachtung der Eucharistie
muss alle Glieder der Kirche, allen voran die Priester als Diener der Eucharistie,
antreiben, ihre Verpflichtung zur Treue neu zu beleben. In der Feier und Anbetung
des eucharistischen Geheimnisses gründet der Zölibat, den die Priester als wertvolle
Gabe und Zeichen der ungeteilten Liebe zu Gott und dem Nächsten empfangen haben. Auch
für die Laien muss die eucharistische Spiritualität der innere Antrieb zu jeder Tätigkeit
sein, und zwischen dem Glauben und dem Leben in ihrer Sendung zur christlichen Beseelung
der Welt ist keine Dichotomie zulässig. Wie könnte man nun, wenn das Jahr der Eucharistie
zu seinem Abschluss kommt, nicht Gott danksagen für die vielen in dieser Zeit der
Kirche verliehenen Gaben? Und wie könnte man nicht den Aufruf des geliebten Papstes
Johannes Paul II. aufnehmen, “wieder von Christus auszugehen”? Wie die Jünger von
Emmaus, nachdem sie durch das Wort des Auferstandenen im Herzen erwärmt und von seiner
im Brechen des Brotes erkannten lebendigen Gegenwart erleuchtet worden waren, ohne
Zögern nach Jerusalem zurückkehrten und Verkünder der Auferstehung Christi wurden,
so nehmen auch wir unseren Weg wieder auf, beseelt vom lebendigen Wunsch, das Geheimnis
dieser Liebe, die der Welt Hoffnung gibt, zu bezeugen.
In diese eucharistische
Perspektive fügt sich unser heutiger Weltmissionstag gut ein, dem der verehrte Diener
Gottes Johannes Paul II. folgendes Thema zur Reflexion gegeben hatte: “Mission:
gebrochenes Brot für das Leben der Welt”. Wenn die kirchliche Gemeinschaft die
Eucharistie feiert, besonders am Sonntag, wird sie sich immer mehr bewusst, dass das
Opfer Christi “für alle” ist (Mt 26,28) und die Eucharistie drängt den Christen, “gebrochenes
Brot” für die anderen zu sein, sich für eine gerechtere und geschwisterlichere Welt
einzusetzen. Auch heute noch fährt Christus angesichts der Menge fort, seine Jünger
aufzurufen: “Gebt ihr ihnen zu essen” (Mt 14,16), und in seinem Namen verkünden und
bezeugen die Missionare das Evangelium, manchmal auch mit dem Opfer ihres Lebens.
Liebe Freunde, wir müssen alle neu von der Eucharistie ausgehen. Dass Maria, die eucharistische
Frau, uns helfe, darin verliebt zu sein. Im Gehorsam zum Wirken des Geistes und in
Aufmerksamkeit auf die Nöte der Menschen wird die Kirche immer mehr zum Leuchtturm
wahrer Freude und Hoffnung und ihre Sendung als “Zeichen und Werkzeug der Einheit
des gesamten Menschheitsgeschlechts” (LG 1) verwirklichen.