Mit der Wahl des Bundestagspräsidenten hat das deutsche Parlament heute seine Arbeit
aufgenommen. Es ist der 16. Bundestag in der Geschichte der Republik. Zuvor gibt es
traditionelle einen Gottesdienst. In der Französischen Friedrichstadtkirche in Berlin
versammelten sich die Abgeordneten aller Konfessionen zum ökumenischen Gottesdienst.
EKD-Ratspräsident Bischof Wolfgang Huber hielt die Predigt. Der Vorsitzende der Deutschen
Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, begrüßte. "Vergelt's Gott" sagte er den
führenden Politkern Deutschlands für allen Einsatz und lud ein zum Gebet, für alle,
die Macht ausüben. Reformen sind nötig, da waren sich Huber und Lehmann einig.
"In
diesen Zeiten jedoch geht es besonders auch darum, dass wir die großen Wandlungen
und Herausforderungen mutig wahrnehmen, die uns schon seit einiger Zeit grundlegend
gestellt sind und mit deren Erneuerung wir uns so schwer tun." Lehmann warnte eindringlich,
den richtigen Zeitpunkt, den Kairos, dafür nicht zu verpassen, weder für die Entwicklungen
in Deuschland Land noch für die "fundamentalen Verschiebungen im globalen Gefüge von
Völkern und Volkswirtschaften". Lehmann wörtlich: "Die geistigen und ethischen Grundentscheidungen
müssen uns am Ende leiten, nicht die von außen kommenden Zwänge allein. Der Zweifel
wächst, ob denn die säkularen Normen für sich allein ausreichen. Die Bedenken verstärken
sich, wenn wir inmitten von Gewalttaten, Ungerechtigkeit und Katastrophen nach den
wahren Garanten für eine friedvolle menschheitliche Lebensordnung suchen. Als Christen
sind wir – im Gespräch mit dem Judentum und dem Islam, aber auch mit Anhängern anderer
Religionen – der festen Überzeugung, dass nur Gott selbst der letzte Hüter unserer
„Werte“ und am Ende auch der einzige Retter aus aller Not ist. Noch einmal lud Lehmann
zum Gebet ein, zum Gebet gegen alle Ermüdungserscheinungen und den Zerfall des gesellschaftlichen
Zusammenhalts.
Am Nachmittag wird Bundespräsident Horst Köhler Kanzler
Gerhard Schröder und dessen Kabinett die Entlassungsurkunden überreichen. Sie werden
aber auch gebeten, bis zur Ernennung der neuen Regierung zum Übergang die Geschäfte
weiter zu führen.