Der Gründer der ökumenischen Gemeinschaft von Taizé, Frère Roger Schütz, wird beigesetzt.
Den Vatikan vertreten der Apostolische Nuntius in Frankreich, Erzbischof Fortunato
Baldellli, und der Präsident des Einheitsrats, Kurienkardinal Walter Kasper. Kasper
steht der Trauerfeier vor. In seiner Ansprache sagte er:
"Wir alle stehen
unter dem Eindruck des Mordes an Frère Roger, einer der großen geistlichen Gestalten
und auch eines geistlichen Vaters unserer Zeit. Und doch verwandelt sich unsere Trauer
in Hoffnung. Frere Roger überließ sich dem Willen Gottes und gab sich schließlich
selbst hin; und dies wurde bei ihm zu einer Quelle inneren Friedens, der Hoffnung,
ja des Glücks. Wer hätte gedacht, dass diese schlichte Selbsthingabe eines Tages unter
solchen Umständen zu Ende gehen sollte. Und dennoch, selbst und vor allem in einem
solchen Augenblick können wir Worte wiederholen, die Frere Roger gerne sagte: 'Du
liebst uns, dein Verzeihen und deine Nähe lassen in uns die Klarheit des Lobpreises
hervorheben.'"
Der Ökumene-Chef des Vatikans sprach in französisch, englisch
und deutsch. Frère Roger hätte immer unter dem Bruch der christlichen Konfessionen
gelitten, aber genauso unter den Spaltungen zwischen Völkern und Nationen.
15.000
Gäste aus ganz Europa sind in das Dorf in Burgund gekommen, darunter auch Bundespräsident
Horst Köhler und Frankreichs Innenminister Nicolas Sarkozy. Für die Kirchen aus Deutschland
nimmt der katholische Weihbischof Rainer Klug aus Freiburg teil sowie Bischof Wolfgang
Huber, Ratspräsident der Evanglischen Kirchen.
KNA-Korrespondent Christoph
Strack ist vor Ort:
"Wegen der Überfüllung der Kirche harrten Tausende schon
vor der Feier im Regen aus und verfolgen sie nun auf einer riesigen Leinwand. Spätestens
als Frère Alois, der Nachfolger des Ermordeten in einer ersten kurzen Ansprache Gott
darum bat, der Mörderin zu verzeihen, die vor einer Woche Frère Roger tötete, und
diese Mörderin der Gnade Gottes empfahl, heulten die ersten Teilnehmer des Gottesdienstes.
Die Feier ist geprägt von großen Zeichen der Ökumene. Es sprachen katholische und
evangelische Geistliche, es sitzen orthodoxe, katholische, evangelische und anglikanische
Geistliche in der Kirche. Es ist wirklich eine geistige und kirchliche Feier, an der
zivile Staatsvertreter als Gäste nur teilnehmen. Vor allen Dingen ist sie geprägt
von den Tausenden junger Leute, die aus aller Welt nach Taizé gekommen sind, um von
ihrem geistlichen Begleiter Abschied zu nehmen."
UN-Generalsekretär Kofi
Annan würdigte Frere Roger in einem Trauerschreiben als "unermüdlichen Anwalt von
Werten wie Respekt, Toleranz und Solidarität".
(rv 23.08.05 bp)
Wir
dokumentieren hier die Ansprache Kardinal Walter Kaspers im Wortlaut in einer Übersetzung
der KNA:
«Eminenzen, Exzellenzen, liebe Brüder der Communaute de Taize,
Brüder
und Schwestern,
wir stehen alle unter dem Eindruck des Todes von Frere
Roger,
einer der großen geistlichen Gestalten und auch eines geistlichen
Vaters
unserer Zeit. Und doch verwandelt sich unsere Trauer in
Hoffnung.
Frere
Roger überließ sich dem Willen Gottes und gab sich
schließlich selbst hin;
und dies wurde bei ihm zu einer Quelle
inneren Friedens, der Hoffnung, ja des
Glücks. Wer hätte gedacht,
dass diese schlichte Selbsthingabe eines Tages unter
solchen
Umständen zu Ende gehen sollte. Und dennoch, selbst und vor allem
in
einem solchen Augenblick können wir Worte wiederholen, die
Frere Roger gerne
sagte: 'Du liebst uns, dein Verzeihen und deine
Nähe lassen in uns die Klarheit
des Lobpreises hervorheben.'
Durch das Zeugnis seiner Freunde und seiner
Diener geleitet Gott
seine Kirche unaufhörlich und eröffnet ihr eine Zukunft.
Mit
seiner Gegenwart, seinem Wort und seinem Beispiel hat Frere Roger
einen
Strahl der Liebe und der Hoffnung verbreitet, weit über die
Grenzen und Spaltungen
dieser Welt hinaus. Als Mensch der
Gemeinschaft hielt er in seinem Herzen und
in seinem Gebet tiefe
Sehnsucht nach Versöhnung und Begegnung wach. Zusammen
mit den
Brüdern der Communaute de Taize wollte er einen Sauerteig der
Einheit
in die Kirche und die Welt legen.
Der erste Bruch, der Frere Roger
schmerzte, betraf die Spaltung
unter den Christen. Seit seiner Jugend vereinte
er sich mit dem
Gebet Christi, «dass alle eins seien, wie du, Vater, in mir
bist,
und ich in dir bin» (Joh 17,21). Er wollte den Glauben der
ungeteilten
Kirche leben, ohne mit irgendjemandem zu brechen, in
tiefer Brüderlichkeit.
Er glaubte vor allem an die Ökumene der
Heiligkeit, jener Heiligkeit, die den
Grund der Seele verändert
und allein zur vollen Gemeinschaft führt. Ja, der
Frühling der
Ökumene hat auf dem Hügel von Taize geblüht, in dieser Kirche
der
Versöhnung, wo sich Glieder der verschiedenen christlichen
Traditionen
in Achtung und Zwiesprache, in Gebet und brüderlichem
Teilen begegnen, inspiriert
durch die Gegenwart und das Beispiel
Frere Rogers.
Der zweite
Bruch, der Frere Roger wehtat, betraf die Spaltung
zwischen Völkern und Nationen,
reichen und armen Ländern. Jede
Form von Ungerechtigkeit oder des Mangels an
Solidarität
betrübten ihn tief. Er wollte, dass die Brüder der Communaute in
mehreren
Ländern mit den Ärmsten in kleinen Fraternitäten leben,
als schlichtes Zeichen
der Liebe und der Gemeinschaft. Dieses
einfache Zeugnis war ihm sehr wichtig
als ein prophetisches
Zeichen des Reiches Gottes im Kleinen, als Keim der Freundschaft
und
der Versöhnung in einer von Gleichgültigkeit heimgesuchten
Welt. Für Frere
Roger bestand ein bruchloser Übergang von der
Liebe zu Gott zur Liebe zu den
Menschen, zwischen Gebet und
Engagement, Aktion und Kontemplation.
Frere
Roger war ein kontemplativer Mensch, ein Mann des Gebets,
den der Herr zur
Stille und Einsamkeit des monastischen Lebens
gerufen hatte. Dennoch wollte
er sein mönchisches Herz und die
Communaute de Taize für die Jugendlichen der
ganzen Welt, für
ihre Suche und ihre Hoffnung, ihre Freuden und ihr Leiden,
für
ihren Lebens- und Glaubensweg öffnen. Die letzten Zeilen seines
vor
einem Monat erschienenen Buches lauten: «Ich würde bis an das
Ende der Welt
gehen, wenn ich es könnte, um immer wieder neu mein
Vertrauen in die junge
Generation auszudrücken.» Frere Roger war
mehr als ein Begleiter oder geistlicher
Meister, er war für viele
wie ein Vater, eine Art Widerschein des ewigen Vaters
und der
Universalität seiner liebe.
Wir sind jetzt nicht in
dieser Kirche zusammen, um ein Leben zu
erzählen, sondern um Gott zu loben
und zu preisen. Wir sind
dankbar für alles, was die Kirche Christi und die
Menschheit
durch das Leben Frere Rogers und sein Zeugnis empfangen haben,
und
vertrauen ihn heute der ewigen Liebe Gottes an.
Herr, lass deinen Diener
«den Himmel offen schauen und Jesus an
der Rechten des Vaters stehen sehen»
(Apg 7,55), Jesus, den er
ein Leben lang so geliebt und gesucht hat. Lass ihn
im Heiligen
Geist in die Gemeinschaft der Heiligen und die vollkommene
Liturgie
des Himmels eingehen, jene Gemeinschaft, in Gott, in der
er jeden Tag leben,
singen und beten wollte. Lass ihn das Antlitz
des ewigen Vaters in seiner ganzen
Schönheit betrachten, jenes
Gesicht, in dem jeder Blick aus Liebe seine Erfüllung
findet und
auf dem das Leben leuchtet, das ohne Ende ist, und schenke uns
die
Gnade, gemäß seinem Beispiel und voll Hoffnung weiter zu
gehen auf dem Weg
der Versöhnung, der Gemeinschaft und des