2005-09-03 12:21:48

Frankreich: Trauerfeiern für Frère Roger


Der Gründer der ökumenischen Gemeinschaft von Taizé, Frère Roger Schütz, wird beigesetzt. Den Vatikan vertreten der Apostolische Nuntius in Frankreich, Erzbischof Fortunato Baldellli, und der Präsident des Einheitsrats, Kurienkardinal Walter Kasper. Kasper steht der Trauerfeier vor. In seiner Ansprache sagte er:

"Wir alle stehen unter dem Eindruck des Mordes an Frère Roger, einer der großen geistlichen Gestalten und auch eines geistlichen Vaters unserer Zeit. Und doch verwandelt sich unsere Trauer in Hoffnung. Frere Roger überließ sich dem Willen Gottes und gab sich schließlich selbst hin; und dies wurde bei ihm zu einer Quelle inneren Friedens, der Hoffnung, ja des Glücks. Wer hätte gedacht, dass diese schlichte Selbsthingabe eines Tages unter solchen Umständen zu Ende gehen sollte. Und dennoch, selbst und vor allem in einem solchen Augenblick können wir Worte wiederholen, die Frere Roger gerne sagte: 'Du liebst uns, dein Verzeihen und deine Nähe lassen in uns die Klarheit des Lobpreises hervorheben.'"

Der Ökumene-Chef des Vatikans sprach in französisch, englisch und deutsch. Frère Roger hätte immer unter dem Bruch der christlichen Konfessionen gelitten, aber genauso unter den Spaltungen zwischen Völkern und Nationen.

15.000 Gäste aus ganz Europa sind in das Dorf in Burgund gekommen, darunter auch Bundespräsident Horst Köhler und Frankreichs Innenminister Nicolas Sarkozy. Für die Kirchen aus Deutschland nimmt der katholische Weihbischof Rainer Klug aus Freiburg teil sowie Bischof Wolfgang Huber, Ratspräsident der Evanglischen Kirchen.

KNA-Korrespondent Christoph Strack ist vor Ort:

"Wegen der Überfüllung der Kirche harrten Tausende schon vor der Feier im Regen aus und verfolgen sie nun auf einer riesigen Leinwand. Spätestens als Frère Alois, der Nachfolger des Ermordeten in einer ersten kurzen Ansprache Gott darum bat, der Mörderin zu verzeihen, die vor einer Woche Frère Roger tötete, und diese Mörderin der Gnade Gottes empfahl, heulten die ersten Teilnehmer des Gottesdienstes. Die Feier ist geprägt von großen Zeichen der Ökumene. Es sprachen katholische und evangelische Geistliche, es sitzen orthodoxe, katholische, evangelische und anglikanische Geistliche in der Kirche. Es ist wirklich eine geistige und kirchliche Feier, an der zivile Staatsvertreter als Gäste nur teilnehmen. Vor allen Dingen ist sie geprägt von den Tausenden junger Leute, die aus aller Welt nach Taizé gekommen sind, um von ihrem geistlichen Begleiter Abschied zu nehmen."

UN-Generalsekretär Kofi Annan würdigte Frere Roger in einem Trauerschreiben als "unermüdlichen Anwalt von Werten wie Respekt, Toleranz und Solidarität".

(rv 23.08.05 bp)


Wir dokumentieren hier die Ansprache Kardinal Walter Kaspers im Wortlaut in einer Übersetzung der KNA:

«Eminenzen, Exzellenzen, liebe Brüder der Communaute de Taize,

Brüder und Schwestern,



wir stehen alle unter dem Eindruck des Todes von Frere Roger,

einer der großen geistlichen Gestalten und auch eines geistlichen

Vaters unserer Zeit. Und doch verwandelt sich unsere Trauer in

Hoffnung.



Frere Roger überließ sich dem Willen Gottes und gab sich

schließlich selbst hin; und dies wurde bei ihm zu einer Quelle

inneren Friedens, der Hoffnung, ja des Glücks. Wer hätte gedacht,

dass diese schlichte Selbsthingabe eines Tages unter solchen

Umständen zu Ende gehen sollte. Und dennoch, selbst und vor allem

in einem solchen Augenblick können wir Worte wiederholen, die

Frere Roger gerne sagte: 'Du liebst uns, dein Verzeihen und deine

Nähe lassen in uns die Klarheit des Lobpreises hervorheben.'



Durch das Zeugnis seiner Freunde und seiner Diener geleitet Gott

seine Kirche unaufhörlich und eröffnet ihr eine Zukunft. Mit

seiner Gegenwart, seinem Wort und seinem Beispiel hat Frere Roger

einen Strahl der Liebe und der Hoffnung verbreitet, weit über die

Grenzen und Spaltungen dieser Welt hinaus. Als Mensch der

Gemeinschaft hielt er in seinem Herzen und in seinem Gebet tiefe

Sehnsucht nach Versöhnung und Begegnung wach. Zusammen mit den

Brüdern der Communaute de Taize wollte er einen Sauerteig der

Einheit in die Kirche und die Welt legen.



Der erste Bruch, der Frere Roger schmerzte, betraf die Spaltung

unter den Christen. Seit seiner Jugend vereinte er sich mit dem

Gebet Christi, «dass alle eins seien, wie du, Vater, in mir bist,

und ich in dir bin» (Joh 17,21). Er wollte den Glauben der

ungeteilten Kirche leben, ohne mit irgendjemandem zu brechen, in

tiefer Brüderlichkeit. Er glaubte vor allem an die Ökumene der

Heiligkeit, jener Heiligkeit, die den Grund der Seele verändert

und allein zur vollen Gemeinschaft führt. Ja, der Frühling der

Ökumene hat auf dem Hügel von Taize geblüht, in dieser Kirche der

Versöhnung, wo sich Glieder der verschiedenen christlichen

Traditionen in Achtung und Zwiesprache, in Gebet und brüderlichem

Teilen begegnen, inspiriert durch die Gegenwart und das Beispiel

Frere Rogers.



Der zweite Bruch, der Frere Roger wehtat, betraf die Spaltung

zwischen Völkern und Nationen, reichen und armen Ländern. Jede

Form von Ungerechtigkeit oder des Mangels an Solidarität

betrübten ihn tief. Er wollte, dass die Brüder der Communaute in

mehreren Ländern mit den Ärmsten in kleinen Fraternitäten leben,

als schlichtes Zeichen der Liebe und der Gemeinschaft. Dieses

einfache Zeugnis war ihm sehr wichtig als ein prophetisches

Zeichen des Reiches Gottes im Kleinen, als Keim der Freundschaft

und der Versöhnung in einer von Gleichgültigkeit heimgesuchten

Welt. Für Frere Roger bestand ein bruchloser Übergang von der

Liebe zu Gott zur Liebe zu den Menschen, zwischen Gebet und

Engagement, Aktion und Kontemplation.



Frere Roger war ein kontemplativer Mensch, ein Mann des Gebets,

den der Herr zur Stille und Einsamkeit des monastischen Lebens

gerufen hatte. Dennoch wollte er sein mönchisches Herz und die

Communaute de Taize für die Jugendlichen der ganzen Welt, für

ihre Suche und ihre Hoffnung, ihre Freuden und ihr Leiden, für

ihren Lebens- und Glaubensweg öffnen. Die letzten Zeilen seines

vor einem Monat erschienenen Buches lauten: «Ich würde bis an das

Ende der Welt gehen, wenn ich es könnte, um immer wieder neu mein

Vertrauen in die junge Generation auszudrücken.» Frere Roger war

mehr als ein Begleiter oder geistlicher Meister, er war für viele

wie ein Vater, eine Art Widerschein des ewigen Vaters und der

Universalität seiner liebe.



Wir sind jetzt nicht in dieser Kirche zusammen, um ein Leben zu

erzählen, sondern um Gott zu loben und zu preisen. Wir sind

dankbar für alles, was die Kirche Christi und die Menschheit

durch das Leben Frere Rogers und sein Zeugnis empfangen haben,

und vertrauen ihn heute der ewigen Liebe Gottes an.



Herr, lass deinen Diener «den Himmel offen schauen und Jesus an

der Rechten des Vaters stehen sehen» (Apg 7,55), Jesus, den er

ein Leben lang so geliebt und gesucht hat. Lass ihn im Heiligen

Geist in die Gemeinschaft der Heiligen und die vollkommene

Liturgie des Himmels eingehen, jene Gemeinschaft, in Gott, in der

er jeden Tag leben, singen und beten wollte. Lass ihn das Antlitz

des ewigen Vaters in seiner ganzen Schönheit betrachten, jenes

Gesicht, in dem jeder Blick aus Liebe seine Erfüllung findet und

auf dem das Leben leuchtet, das ohne Ende ist, und schenke uns

die Gnade, gemäß seinem Beispiel und voll Hoffnung weiter zu

gehen auf dem Weg der Versöhnung, der Gemeinschaft und des

Friedens, als Vorwegnahme deines ewigen Reiches.»












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