2005-08-20 12:40:31

WJT-DOSSIER


Der Papst in Deutschland beim Weltjugendtag: Hier alle Meldungen auf einen Blick.


20 Uhr 24: "Auf Wiedersehen, Heiliger Vater!"
Nicht nur der Weltjugendtag ist inzwischen zu Ende, auch die erste Auslandsreise des Papstes. Gegen 21 Uhr 15 wird Benedikt XVI. an Bord der Lufthansa-Maschine namens "Regensburg" zurück erwartet. Bundespräsident Horst Köhler, eine Abordnung der Bundeswehr samt Blaskapelle und zahlreiche Jugendliche bereiteten ihm zuvor einen kleinen aber herzlichen Abschied am Flughafen Köln/Bonn.
"Benedikt aus Bayern. Wir wollen mit dir Feiern" - so eine der immer neuen Varianten der Sprechchöre. Köhler, bewegt von den vergangenen Tagen und der Begegnung mit dem deutschen Pontifex, fand warme Worte: "Heiliger Vater, schöne und segensreiche Tage liegen hinter Ihnen. Der XX. Weltjugendtag war ein überwältigendes Ereignis...Ganz besonders danke ich auch den vielen Tausend Freiwilligen Helfern und den Gastgebern...Sie, Heiliger Vater, haben zu diesem Weltjugendtag ihre erste Auslandsreise unternommen. Ihre Heimat und die vielen Gäste aus aller Welt haben Sie mit Begeisterung und mit echter Herzlichkeit empfangen. Sie wiederum haben wichtige Impulse gegeben und Zeichen gesetzt für die verschiedenen Begegnungen zwischen den Konfessionen und Religionen...wir alle sind Ihnen dankbar dafür...Ich danke Ihnen für Ihren Besuch in Deutschland, für Ihre Herzlichkeit, für Ihre Zugewandheit."
Nicht minder herzlich, Benedikt XVI. selbst. Noch einmal dankt er seinem Gastgeberland; er wirkt zufrieden und erfüllt: "Die gemeinsam verbrachten Tage haben vielen jungen Leuten aus aller Welt ermöglicht, Deutschland besser kennenzulernen: Wir wissen alle um das Böse, das im 20. Jahrhundert von unserem Vaterland ausgegangen ist, und bekennen es mit Scham und Trauer. Aber in diesen Tagen ist gottlob weithin sichtbar geworden, daß es auch das andere Deutschland gab und gibt – ein Land einzigartiger menschlicher, kultureller und spiritueller Werte. Ich wünsche mir, daß diese Werte auch dank dem Ereignis dieser Tage neu in die Welt ausstrahlen mögen. Ich wünsche mir, daß sich der gemeinsame Einsatz verstärkt, die jungen Generationen in jenen menschlichen und geistigen Werten zu erziehen, die zur Gestaltung einer Zukunft in wahrer Freiheit und in Frieden unverzichtbar sind. Mein Wunsch ist, daß dieses kirchliche Ereignis in das Leben der Katholiken Deutschlands eingeschrieben bleibe und sie zu neuem geistlichen und apostolischen Schwung motiviere! Möge das Evangelium von allen Jüngern Christi unverkürzt aufgenommen sowie mit aller Kraft bezeugt werden und sich so als ein Ferment echter Erneuerung der gesamten Gesellschaft in Deutschland erweisen, auch dank dem Dialog mit den verschiedenen christlichen Gemeinschaften und den Anhängern anderer Religionen! Das Herz erfüllt von den Erlebnissen und Erinnerungen dieser Tage, trete ich die Rückreise nach Rom an und rufe auf alle die Fülle des göttlichen Segens herab für eine Zukunft sorgenfreien Wohlstands in Frieden und Eintracht."
(rv 21.08.05 bp)

 

 
18 Uhr 47: Abschiedskonferenz mit den Bischöfen
Zum Abschluss seiner Pastoralreise hat Papst Benedikt XVI. die deutschen Bischöfe getroffen. Der Weltjugendtag könne sie zu einem Neuanfang in der Seelsorge ermuntern, sagte der Pontifex zu den deutschen Oberhirten. Das Großereignis - für Diözesen, Pfarreien und Jugendverbände hatte es schon am 12. August begonnen - habe Energien freigesetzt und eine neue Begeisterung für den Glauben geweckt. Die gelte es jetzt zu nutzen; neuer Schwung könne vor allem die Berufungspastoral voran bringen.
Der Mainzer Kardinal Karl Lehmann dankte als Vorsitzender der Bischofskonferenz dem Papst für seinen Besuch, vor allem für seinen "unermüdlichen Einsatz". Die gemeinsamen Tage, der Weltjugendtage sei ein "unvergessliches Erlebnis". Als Souvenir nimmt Benedikt eine kleine Bonifatius-Statue mit nach Rom, das Abschiedsgeschenk des deutschen Episkopats.
(rv 21.08.05 bp)



18 Uhr 24: Abschiedstelegramme Benedikts
Papst Benedikt XVI. hat anlässlich des Rückflugs von Köln nach Rom Telegramme an die Staatspräsidenten geschrieben, derern Länder er betritt bzw. überfliegt. An die Adresse des deutschen Bundespräsidenten Horst Köhler ging ein Abschiedstelegramm. "Auf meinem Rückflug nach Köln begleiten mich frohe Erinnerungen", so der Papst. Er danke allen Bürgern sowie den hunderttausenden Jugendlichen aller Welt für die "herzliche Gastfreundschaft" und verspreche allen sein Gebet.
Dem österreichischen Bundespräsidenten Heinz Fischer schrieb Benedikt: "Ihnen sowie allen Bürgerinnen und Bürgern ihres geschätzten Landes erbitte ich Gottes Schutz und Segen:" Und: Er schicke "herzliche Grüße".
Erneut erhält auch Italiens Präsident Carlo Azeglio Ciampi einen Gruß: Bei seiner Pastoralreise nach Köln habe er Jugendliche aus aller Welt getroffen, so der Papst, die bereit wären, eine Zukunft zu bauen, die "fest in den ewigen christlichen Werten verwurzelt" sei. Den Bürgern Italiens versprach Benedikt erneut sein besonderes Gebet.
(rv 21.08.05 bp)


 
17 Uhr 47: Köln und der Wandel Europas. Ein Kommentar zum Abschluss.
Zum Abschluss des Weltjugendtags in Köln noch einmal ein Kommentar von Pater Eberhard von Gemmingen. Er beleuchtet das Christentreffen und die Papstreise aus dem Blickwinkel der Kulturkritik:

"Man kann diesen gelungenen Weltjugendtag im Grunde nur verstehen, wenn man ihn einordnet in einen größeren geschichtlichen Rahmen. Wer Europa realistisch betrachtet, muss realisieren, dass es mit der europäischen Kultur bergab geht und sie in 50 Jahren für die Welt keine Rolle mehr spielen könnte. So wird auch Papst Benedikt die Lage sehen, wenn er jetzt heim fliegt. Wenn er dies verhindern will, dann wird er Köln als einen kleinen - und doch nicht zu übersehenden Schritt - gegen den Verfall Europas werten. Es ist die Frage, ob weitere erfolgreiche Schritte folgen, oder ob Köln einfach zu schwach war, um den Verfall des ehemaligen Abendlandes zu verhindern. In 50 Jahren könnte Köln als Beitrag zur Trendwende gesehen werden, oder wenigstens als Schritt zur Rettung eines kleinen Restes in Europa. Oder doch nur als hoffnungsloser Versuch, den Untergang des Abendlandes zu verhindern. Worum geht's? Es geht darum, ob Generationen heranwachsen, die aufgrund einer religiösen Fundierung sich für eine wahrhaft humane Gesellschaft engagieren, eine humane Gesellschaft, in der jedes Leben sakrosankt ist, in der Kranke, Alte, Kinder und Greise und auch Frauen gleiche Rechte haben wie Arbeitsfähige; ein Gesellschaft, in der Solidarität zwischen Starken und Schwachen gilt, in der Religion geschätzt und nicht belächelt wird; eine Gesellschaft, in der über Kirche ebenso qualifiziert berichtet wird wie über Sport und Börse; eine Gesellschaft, die nicht für die Freizeit lebt, sondern für einen Lebenssinn. Es geht letztlich darum, ob überzeugte Christen soweit Sauerteig sein werden, dass Europa auf die Höhe zurückkehrt, auf der früher einmal beispielsweise China, die arabische Welt oder eben auch Europa gewesen sind. Es muss eine Gesellschaft sein, in der die Frage nach Gott so lebendig ist, dass das Denken der Mehrheit davon berührt wird."
(rv 21.08.05 bp/gem)


 
14 Uhr 30: Messe zum größten deutschen Glaubensfest
Unter grauverhangenem Himmel war es eine würdige, mal ausgelassene, mal besinnliche Eucharistiefeier. Hunderttausende haben die Nacht auf dem Feld verbracht, der Malteser Hilfsdienst, der seinen größten Einsatz seit der Schlacht von Lepanto leistet, spricht von mehreren Unterkühlten, eine Frau bekommt Wehen, im nahen Krankenhaus wird eine kleine Benedikta geboren. Eine Million Menschen - schätzungsweise - sind zur Messe auf das Marienfeld gekommen; so viele waren noch nie bei einem Gottesdienst in Deutschland.

Der Papst ist für die Meisten nur ein kleines Pünktchen oben auf dem Papsthügel, über dem raumschiffartig ein weißes Dach ruht. Aus Sicherheitsgründen – um panikartige Momente wie am Vorabend zu verhindern – muß Benedikt diesmal auf eine große Rundfahrt im Papamobil mitten durch die Jugendlichen verzichten; er entschuldigt sich auf sympathische Weise dafür.

Ein Grußwort von Kardinal Meisner – auch ein Grußwort vom Präsidenten des Päpstlichen Laienrates, Erzbischof Stanislaw Rylko. Musik eines Essener Komponisten: die Missa Mundi, mit Instrumenten aus aller Welt. Jeder der fünf Messteile steht für einen Kontinent. Einmal wird eine indische Sitar gezupft; dann ertönt ein Horn der australischen Ureinwohner. Und immer wieder das Mottolied dieses Weltjugendtags: "Wir sind gekommen, um ihn anzubeten."

Riesenbeifall, als der Papst am Schluss der Feier bekannt gibt: Den nächsten Weltjugendtag außerhalb Roms gibt’s 2008 im australischen Sidney! Der Papst geht mit etwas unsicherem Schritt, lächelt etwas verschämt, freut sich aber doch sichtlich über Applaus und Benedetto-Rufe. Das Evangelium erzählt noch einmal die Suche der Sterndeuter aus dem Osten. Die Fürbitten werden in allen möglichen Sprachen gesprochen, u.a. im afrikanischen Bambara, auch Senioren wirken hier mit, als Zeichen, dass in der Kirche alle Generationen zusammengehören. Als einmal Papst Johannes Paul II. gewürdigt wird, klatscht auch der neue, deutsche Papst von seinem Stuhl aus. Bei der Gabenprozession bringen tatsächlich Heilige Drei Könige – in Wirklichkeit Sternsinger aus Aachen – Gold, Weihrauch und eine Myrrhe-Pflanze aus dem Heiligen Land zum Papst.

Nach der Messe eine kleine Sendungsfeier: Kardinal Joachim Meisner – vom Papst mal aus Versehen Johann genannt – überreicht Jugendlichen von allen Kontinenten Teile des Weltjugendtag-Logos. Sie sollen den Geist von Köln in ihren Ländern verbreiten. In diesem Moment sind das Verkehrschaos, die Kälte der Nacht, die Übermüdung und mancher Ärger über die Organisation vergessen. Es ist ein eindrucksvoller Schlusspunkt für Kölns, ja Deutschlands größtes Glaubenstreffen aller Zeiten.
(rv 21.08.05 sk/bp)

 

 
13 Uhr 38 Papst beklagt "seltsame Gottvergessenheit"
Mit dem meistbesuchten Gottesdienst auf deutschem Boden hat der Kölner Weltjugendtag seinen Höhepunkt und Abschluss erreicht. Papst Benedikt XVI. beklagte in seiner Predigt vor rund einer Million Jugendlichen aus 197 Staaten auf dem Marienfeld bei Köln "eine seltsame Gottesvergessenheit". Zu dem Gottesdienst begrüßte der gastgebende Bischof, Kardinal
Joachim Meisner, auch rund 10.000 Geistliche, darunter viele Kardinäle und Bischöfe. Nach der Messe bei neblig-trübem, aber trockenem Wetter bestätigte das Kirchenoberhaupt unter großem
 Beifall, dass der nächste Weltjugendtag 2008 in Sydney stattfindet. Benedikt XVI. dankte auch allen, die zum Gelingen des Weltjugentages beigetragen hätten. Der Papst betonte in seiner in fünf Sprachen gehaltenen Predigt, dass Religiöses zwar boome, aber Religion nicht selten "quasi ein Produkt des Konsums" werde. Jeder wähle, was ihm gefalle. In seiner Ansprache ging Benedikt XVI. besonders auf das Sakrament der Eucharistie ein. In der Eucharistiefeier beginne ein Prozess der Verwandlung, der allein die Welt wirklich erneuern könne. Gewalt werde zur Liebe und Tod zu Leben. So habe der Tod nicht "mehr das letzte Wort". Das sei "die Kernspaltung im Innersten des Seins", die "innerste Explosion des Guten".
Der Papst unterstrich, wer Christus entdeckt habe, müsse auch andere zu Christus bringen, so wie man auch eine große Freude nicht für sich alleine behalten könne. Die Teilnahme an der
Eucharistie müsse Folgen für das tägliche Leben haben. Als Beispiele nannte er die Fähigkeit des Vergebens, Sensibilität für die Nöte anderer und den Einsatz für andere. Alte Menschen
dürften nicht ihrer Einsamkeit überlassen bleiben, an den Leidenden dürfe nicht vorbeigegangen werden.
Bei dem Gottesdienst wurde die "Messe der Welt" von Thomas Gabriel uraufgeführt. In dem Werk setzte der Seligenstädter Komponist die fünf Gottesdienstteile mit den Kontinenten in
Verbindung. Das europäische Kyrie musste wegen Zeitnot leider gestrichen werden, aber es ertöne ein südamerikanisches Gloria und ein indisches Credo. Das Sanctus prägten afrikanische Trommelrhythmen, Didgeridoos erklangen beim
australischen Agnus Dei.
Die meisten Jugendlichen hatten die Nacht von Samstag auf Sonntag auf dem Marienfeld verbracht. Die Polizei bezeichnete die Verhältnisse als sehr ruhig. Die Rettungsdienst-Zentrale beklagte allerdings, dass die "euphorisierten jungen Menschen" nur schwer zum Verlassen der Wege für Krankenwagen angehalten werden konnten. Die 3.000 Rettungsdienst-Kräfte versorgten mehrere hundert Pilger, die meist unter leichteren Beschwerden wie
Erschöpfung und oder kühlen Temperaturen gelitten hätten.
(rv/kna 21.08.05 bg/bp)

 

 
22 Uhr 37: Nachtwache mit dem Papst

Eine große Gebetsvigil mit Jugendlichen aus aller Welt ist der Höhepunkt des XX. Weltjugendtags, zumindest der emotionale. Die Nacht mit Gebeten, Gesängen und Anbetung des Allerheiligsten soll auf die Messfeier mit Papst Benedikt XVI. vorbereiten. Den ganzen Samstag zogen Hunderttausender junger Menschen auf das Marienfeld, eine ehemalige Braunkohle-Grube bei Kerpen. Am Samstag Abend, gegen 20 Uhr, traf auch der Papst dort ein.

Eine „Kathedrale für einen Tag“ erhebt sich auf dem Marienfeld: 27 Leuchtsäulen, die für die deutschen Bistümer stehen. Eine Nacht mit dem Papst im Zeichen des Lichtes: mit mehr als 12.000 strahlenden Kerzen, um den Papsthügel und das Kreuz der Weltjugendtage zu erleuchten. Auch das „Licht von Bethlehem“, das alljährlich nach Europa und auch nach Deutschland gebracht wird, spielt eine Rolle bei der Feier dieser Nacht. Dem Pontifex werden auch die Texte all der Gebete überreicht, die Jugendliche im Geistlichen Zentrum des Weltjugendtags direkt am Rhein in diesen Tagen geschrieben haben.
Papst Benedikt selbst hielt eine persönliche, ans Herz gehende Predigt, in jugendgemäßer Sprache und warmem Tonfall, so gar nicht professorenhaft, deutsch, englisch, französisch und spanisch: die Sendung der drei Weisen aus dem Morgenland ins Heute übersetzt.

(rv 20.08.05 bp)

 

 
22 Uhr 28: "Die Jugend ist das Beste!" Kommentar von Pater Eberhard von Gemmingen
Es geht um die Jugendlichen. Und die sind das Großartigste, was dieser Weltjugendtag zu bieten hat - sagt Pater Eberhard von Gemmingen in seinem Kommentar:

"Ich bin der Ansicht, dass das Interesse der breiten Öffentlichkeit und der Medien sich beim WJT nicht auf das Wichtigste richtet. Ich muss das erklären: Dass ein Papst sich mit Vertretern anderer Kirchen und mit Politikern trifft, ist eigentlich schon normal, ebenso dass er mit Seminaristen betet und mit Muslimen spricht. Hervorgehoben wird zu Recht, dass er die Synagoge in Köln besucht hat. Das ist wirklich historisch. Am Wichtigsten und doch am Wenigsten beachtet ist aber doch das Verhalten der Jugendlichen hier in Köln. Wer sie aufmerksam beobachtet, sieht nicht nur, dass sie singen und tanzen und fröhlich sind, sondern er kann auch sehen, dass sie unglaublich geduldig und tolerant sind. Sie warten stundenlang, dass sie endlich in den Kölner Dom und zum Schrein der Heiligen Drei Könige kommen, denn das gehört zum Wallfahrtsprogramm. Sie trinken nicht, sie schreien nicht, sie geraten nicht in Panik, wenn es plötzlich stark regnet. Sogar die Kölner Polizei ist erstaunt über so viel Disziplin. Und wer noch ein wenig genauer hinschaut, der sieht sie auch beten und meditieren - früh am Morgen und spät am Abend und immer wieder zwischendurch. Das Verhalten dieser Jugendlichen ist das Schönste und Erstaunlichste bei diesem Weltjugendtag. Darüber sollten sich die Fachleute, die die öffentliche Meinung mitprägen, noch Gedanken machen. Auch die Journalisten, die immer nur nach Liberalisierung der Kirche rufen, sollten bemerken, dass für die Jugend offenbar etwas anderes gilt: Sie sucht - jedenfalls die Jugend hier in Köln - Vorbilder, Herausforderung, Qualität und nicht Glaube zu ermäßigten Preisen. Es ist vielleicht gerade für Journalisten sehr mühsam festzustellen, dass die Lage der Menschen doch anders ist, als man sie sich immer vorgestellt hatte."
(rv 20.08.05 bp/gem)
 

 
20 Uhr 09: Hoffnungsvolles Treffen mit Moslems
Neuer Impuls für den interreligiösen Dialog zwischen Christentum und Islam: Nach Benedikts Treffen mit muslimischen Vertretern am frühen Samstagabend haben sich beide Seiten positiv über die Begegnung geäußert. Kardinal Karl Lehmann, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz:
"Wir sind zunächst glücklich, dass es zu dieser Begegnung gekommen ist. Allein schon die Begegnung in dieser sehr friedlichen und verständnisvollen Atmosphäre war wichtig. Der Heilige Vater hat mit sehr kräftigen Worten hervorgehoben, dass der interreligiöse Dialog, vor allem aber der zwischen Christen und Muslimen, wie er sagte, von vitaler Notwendigkeit ist. Dieser zentrale Satz bekräftigt vieles, was sein Vorgänger gesagt hat."
Auch der Präsident der Türkisch Islamischen Union DITIB, der das Grußwort an Benedikt gesprochen hatte, hob den positiven Gesprächsverlauf hervor. Es gebe viele Gemeinsamkeiten der Religionen – die Heiligkeit des Lebens sei nur eine davon. Und das ist das Fazit von Nadeem Elyias vom Zentralrat der Muslime in Deutschland:
"Das Treffen und das Gespräch mit Papst Benedikt XVI. war für uns nicht groß, eine Höflichkeitsgeste. Es ist für uns ein Signal, wir verbinden mit diesem Signal mehr Mut, mehr Sicherheit und mehr Vertrauen zueinander in beide Richtungen, dass die Muslime und die Christen mehr Mut zum Gespräch miteinander fassen, und dass wir den Dialog nicht nur als Gespräche auffassen, sondern dass wir daraus gemeinsame Aktionen planen und durchführen. Wir erhoffen uns von Papst Benedikt XVI., dass er in seiner Amtszeit den Dialog zu einem ständigen Forum gestaltet gemeinsam mit der islamischen Welt, damit die Probleme überall in der Welt gemeinsam behandelt werden, und dass wir Muslime und Christen einen Strich unter die schwarzen Kapitel unserer gemeinsamen Geschichte ziehen."
(rv 20.08.05 gs)

 
18 Uhr 39: Benedikt, Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen

Benedikt XVI. hat am Abend im Erzbischöflichen Palais in Köln führede Islam-Vertreter empfangen. In der Vergangenheit hätten sich "die Beziehungen zwischen Christen und Muslimen nicht immer durch gegenseitige Achtung und durch Verständnis ausgezeichnet", sagte der Papst vor der 10-köpfigen Delegation. Im Namen der Religion seien Grausamkeiten begangen worden und diese Fehler dürften nicht wiederholt werden. Gemeinsam müssten sich Christen und Moslems gegen jede Form von Intoleranz und Gewalt stellen. Terrorismus sei immer pervers.


Hier die Kernsätze aus der nicht-öffentlichen Ansprache:
"Ich bin sicher, auch Ihre Meinung zum Ausdruck zu bringen, wenn ich unter allen Sorgen diejenige hervorhebe, die aus dem sich immer weiter ausbreitenden Phänomen des Terrorismus entspringt. In verschiedenen Teilen der Welt wiederholen sich fortlaufend terroristische Aktionen, die Tod und Zerstörung verbreiten und viele unserer Brüder und Schwestern in Kummer und Verzweiflung stürzen. Die Ersinner und Planer dieser Attentate zeigen, dass sie unsere Beziehungen vergiften wollen. Sie bedienen sich aller Mittel, sogar der Religion, um jedem Bemühen um ein friedliches, loyales und entspanntes Zusammenleben entgegenzuwirken. Der Terrorismus, welcher Herkunft er auch sei, ist eine perverse und grausame Entscheidung… Wenn es uns gemeinsam gelingt, das Hassgefühl aus den Herzen auszurotten, uns gegen jede Form von Intoleranz zu verwahren und uns jeder Manifestation von Gewalt zu widersetzen, dann werden wir die Welle des grausamen Fanatismus aufhalten, die das Leben so vieler Menschen aufs Spiel setzt und den Fortschritt des Friedens in der Welt behindert. Die Aufgabe ist schwer, aber nicht unmöglich…
Liebe Freunde, ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir, ohne dem negative Druck der Umgebung zu weichen, die Werte der gegenseitigen Achtung, der Solidarität und des Friedens bekräftigen müssen. Das Leben jedes Menschen ist heilig, für die Christen wie auch für die Muslime… Es ist eine Botschaft, die man hören und zu Gehör bringen muß: Würde ihr Widerhall in den Herzen verstummen, wäre die Welt der Finsternis einer neuen Barberei ausgesetzt…
Die Erfahrung der Vergangenheit lehrt uns, dass sich die Beziehungen zwischen Christen und Muslimen nicht immer durch gegenseitige Achtung und durch Verständnis ausgezeichnet haben. Wie viele Seiten der Geschichte verzeichnen Schlachten und Kriege, die auf der einen wie auf der anderen Seite unter Anrufung des Namens Gottes begonnen wurden, als ob die Bekämpfung des Feindes und die Tötung des Gegners etwas sein könnte, das Ihm gefällt! Die Erinnerung an diese traurigen Ereignisse müsste uns mit Scham erfüllen, denn wir wissen sehr wohl, was für Grausamkeiten im Namen der Religion begangen worden sind. Die Lektionen der Vergangenheit müssen uns davor bewahren, die gleichen Fehler zu wiederholen… Die Verteidigung der Religionsfreiheit ist in diesem Sinne ein ständiger Imperativ, und die Achtung der Minderheiten ein unanfechtbares Zeichen wahrer Zivilisation."
(rv 20.08.05 bp)

 

 
 
14 Uhr 59: Treffen mit Islamvertretern

Gestern die Begegnung mit den Vertretern des Judentums, heute das Treffen mit Moslems. Am Abend empfängt Benedikt eine Gruppe von in Deutschland lebenden Muslimen – darunter übrigens drei Frauen. In der 10-köpfigen Delegation wird auch Ridvan Cakir sein – er ist Präsident der Türkisch-Islamischen-Union und wird einen Gruß an den Papst richten. Uns sagte Ridvan Cakir: "Deutschland liebt die Muslime. Wir haben eine bestimmte Zahl, die leben in einem christlichen Land beziehungsweise in einem Land, in dem die Christen in der Mehrheit sind. Wenn Papst Benedikt XVI. hier in dieses Land kommt ist das eine sehr gute Sache. Wenn er auch in diesem Land mit Muslimen spricht, ist das für uns eine Ehre. Und das überhaupt diese Begegnung mit Muslimen stattfindet, das ist eine wunderbare Sache. Ich denke das diese Begegnung zwischen uns Freundschaften zwischen Menschen stärken kann."
(rv 20.08.05 gs)

 
14 Uhr 15: Benedikt gibt Privataudienzen für Politiker

Am Tag drei der Papstreise gaben sich im Erzbischöflichen Palais in Köln Politiker die Klinke in die Hand. Zuvor - außerplanmäßig - ein Treffen mit Brasiliens Alt-Fußball-Starr Pelé. Der Pontifex traf in Köln mit Bundeskanzler Gerhard Schröder, der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel, Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) sowie Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers zusammen. Insgesamt dauerten die Gespräche im Erzbischöflichen Haus eine Stunde, dem Bundeskanzler gewährte Benedikt eine Viertelstunde Zeit. Über den Inhalt des Gesprächs mit dem Kanzler machte das Bundespresseamt keine Angaben. CDU-Chefin Merkel sagte: "Wir sind alle stolz, dass wir einen deutschen Papst haben." Die CDU-Kanzlerkandidatin führte aus, sie habe mit dem Pontifex über die Ökumene sowie die Zukunft Deutschlands und Europas gesprochen.
Wir hatten die Gelegenheit, NRW-Minsterpräsident Jürgen Rüttgers nach seiner heutigen Begegnung mit dem Pontifex zu fragen. Und das hat er uns geanwortet:
„Er hatte Zeit im Rahmen seiner Möglichkeiten, wir haben miteiander ausführlich reden können. Ich bin beeindruckt davon, dass er nicht nur Köln, nicht nur das Erzbistum, nicht nur NRW und Deutschland kennt, sondern auch viele Menschen ganz persönlich kennt. Er hat auch eine sehr genaue Vorstellung davon, was hier bei uns besser sein muss und was wir tun können, um ein Stück weit auch etwas von der WJT-Stimmung retten zu können.“

(rv 20.08.05 gs)

 
13 Uhr 29: Junge Iraker schreiben an Papst
Rund 1.000 junge Katholiken aus Bagdad sind zum Weltjugendtag nach Köln gereist. "Wir sind gekommen, um den Herrn besser kennen zu lernen und uns zu fragen, was er von uns in einer so schwierigen Situation für unser Land und uns selbst verlangt", schreiben sie in einem offenen Brief an Benedikt XVI. Der Papst hat das Schreiben gelesen und seine Nähe zu den Jugendlichen aus Bagdad ausgedrückt.
(rv 20.08.05 gs)

 
13 Uhr 04: Kard. Kasper, wichtig - gerade in Deutschland
Ein deutscher Papst in einer deutschen Synagoge, 60 Jahre nach dem Ende eines Krieges, der sieben Millionen Juden den gewaltsamen Tod brachte. Der Besuch Papst Benedikt XVI. in der Kölner Synagoge war ein Meilenstein für die weitere Aussöhnung zwischen Katholiken und Juden. So kommentiert Kardinal Walter Kasper, Präsident des päpstlichen Einheitsrates und zuständig für den Dialog mit dem Judentum, den Synagogenbesuch des Papstes:
"Es war wichtig, dass er diesen Schritt getan hat, und es war wichtig, dass er ihn ausgerchnet in Deutschland getan hat, hier in Köln. Und ich habe den Eindruck es ist sehr gut gelaufen, wenn man so sagen darf: mit großem gegenseitigen Respekt. Der Papst hat ganz klar noch einmal gesagt, er will auf der Linie seines Vorgängers Papst Johannes Paul II. fortfahren. Sehr viele Juden sind jetzt daran zu sagen, wir müssen antworten auf diesen Gestus des Papstes. Und ich fand das sehr sehr schön, diese ausgetreckte Hand. Die Christen und Juden haben so viel gemeinsam, dass sie zusammenarbeiten müssen in dieser immer mehr säkularisierten Gesellschaft."
(rv 20.08.05 cb/bp)

 
12 Uhr 55: Positive Reaktionen auf Papst-Ökumene
Ein positives Signal für die Ökumene – so bewerteten Vertreter beider Seiten die gestrige Begegnung von Papst Benedikt mit Repräsentanten orthodoxer und evangelischer Kirchen. Bei der Zusammenkunft mit 30 Ökumenevertretern rief der Papst in Köln zu mehr Anstrengungen in der Ökumene auf. Die Spaltung der Christenheit stehe im Kontrast zum Willen Jesu.

Natürlich war auf katholischer Seite auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, mit dabei. Er hatte den Papst herzlich im Stammland der Reformation begrüßt, und ihm für das Signal, das er mit diesem Ökumene-Treffen setze, gedankt. Lehmanns Bilanz im Anschluss:
Ich bin sicher, dass ist eine gute Ermutigung auf unserem ökumenischem Weg in unserem Land.
Außer Frage steht für den Mainzer Oberhirten aber auch, „dass man in der Ökumene erst mal sehr viele in der eigenen Kirche gewinnen muss, die mitgehen auf dem Weg und die nicht einfach bremsen und blockieren. Zweitens muss man ja immer wieder den Konsens finden mit den Partnern auf der anderen Seite. Das kann man nicht erzwingen, das kann auch kein Papst.
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, sprach sich für einen ehrlichen Dialog zwischen Protestanten und Katholiken aus. Dazu gehörten auch die Themen Abendmahl und Frauenordination. Bischöfinnen gehörten der Delegation der deutschen Lutheraner aber nicht an. Nach dem Treffen war Huber zufrieden:
„Die Begegnung mit Papst Benedikt hier in Köln war ein gutes Zeichen für die Ökumene. Es war eine Begegnung, die von Offenheit füreinander geprägt war, von wechselseitigem Respekt, von Geschwisterlichkeit von gemeinsamer Verpflichtung auf die Botschaft des Evangeliums.
Doch Huber wehrt sich entschieden dagegen, um jeden Preis sich einander anzunähern.
Es war eine Begegnung, die konkreten Fragen keineswegs ausgewichen ist, die eine Grundlinie gezeigt hat, in der wir das ökumenische Gespräch fortführen können und deswegen gehe ich aus diesem Gespräch zuversichtlich heraus.
Fortschritt im Dialog hieße nicht, Unterschiede einfach abzuschleifen. Wer das glaubt, könne nur enttäuscht werden, so der EKD-Mann.
"Ich glaube, wir sind gegenwärtig in einer Phase der Ökumene der Profile, die uns dazu nötigt, nicht nur auf erreichte Gemeinsamkeiten stolz zu sein, sondern zugleich Verschiedenheiten im wechselseitigen Respekt wahrzunehmen. Das ist glaube ich auch der einzige Weg der schließlich zu einem wechselseitigen Respekt für die jeweiligen kirchlichen Ämter führen wird. Und wir alle wissen, dass das ein wichtiges Element auf dem Weg ist, die große, schwierige und drängende Abendmahlsfrage zu lösen."
(rv 20.08.05 bp)
 
10 Uhr 50: Presse-Jubel
Auch am dritten Tag des Papstbesuchs ist die Resonanz der Medien unvermindert hoch. Eine Presseschau zum 20. August von Pater von Gemmingen:


"Der Besuch in der Kölner Synagoge steht eindeutig im Zentrum der Aufmerksamkeit der deutschen Presse. Der Papst verurteile alten und warne vor neuem Antisemitismus. Er unterstreiche die gleiche Menschenwürde aller, spreche von geschwisterlichen Beziehungen zwischen Christen und Juden, suche Verständigung. Eine kleine Auseinandersetzung findet in der Presse statt über die Frage, ob der Papst noch einmal ein "Mea Culpa" hätte sprechen sollen oder nicht. Die "Frankfurter Rundschau" meint, er hätte das tun sollen. "Die Welt" findet die Papstworte hinreichend und kann sich dabei auch auf den Präsidenten des Zentralrats der Juden, Paul Spiegel, berufen. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" erinnert besonders an die Papstworte, dass eine neu-heidnische Ideologie Schuld an der Schoa gewesen sei.
Vergleichsweise wenig Raum nehmen die Begegnungen des Papstes mit Vertretern der anderen christlichen Kirchen ein. Die "Kölnische Rundschau" geht hier weiter. Die Atmosphäre der Begegnung sei sehr gut gewesen. Manche hätten freilich konkretere Schritte in der Ökumene erwartet, was aber utopisch sei, bei einer kurzen Begegnung. Das Blatt merkt an der Papst habe dem schriftlichen Text hinzugefügt, die katholische Kirche erwarte heute keine Rückkehr der anderen Kirche mehr in ihren Schoß. Die Einheit müsse in der Zukunft gesucht und gefunden werden. Ein evangelischer Theologe habe bemerkt, dass der Papst nicht mehr daran festhalte, der Begriff der Einheit werde allein von der katholischen Seite definiert.
Die Kölner Zeitungen widmen bis zu sieben Seiten ausschließlich dem Papstbesuch, zeigen viele Bilder, bringen zahlreiche Berichte und Kommentare. Die populäre Presse überschlägt sich wie in den vergangenen Tagen in Titeln, Bildern und Nebensächlichkeiten. Die Rede ist vom "Weltjubeltag" und von "Verliebt in Köln" , so der "Express". Die Journalisten seien vom Weltjugendtag begeistert, die Pilger aber seien im Härtetest. Und einmal heißt es: Fürchte dich nicht, denn dein Gebet ist erhört. Die Bildzeitung nennt Papst Benedikt einfach "Friedenspapst" und "Hoffnungsträger". Ein Polizeihund, der den Past angeblich bewacht, wird überschrieben: "Wau-le-luja". Und beim Essen mit dem Papst erkannten die Jungen, laut Bildzeitung, der Papst lässt die Forelle links liegen und isst lieber Omlette."
(rv 20.08.05 bp)
 
10 Uhr 49: Papst-Programm am Tag der drei
Papst Benedikt XVI. trifft heute Abend mit Vertretern des Islam zusammen. Nachdem er gestern in der Kölner Synagoge den Dialog mit dem Judentum bekräftigt hatte, ist für heute 18 Uhr eine Begegnung mit den Präsidenten der türkisch-islamischen Union geplant. Danach hält Benedikt eine Vigil mit den über 400.000 zum WJT angereisten Jugendlichen auf dem Marienfeld. Wegen des anhaltenden Regens fürchten die Veranstalter um die Stabilität des Geländes.
Heute früh hat Benedikt im Erzbischöflichen Palais eine Messe mit rund 20 Ordensleuten gefeiert. Danach empfing er deutsche Spitzenpolitiker in Audienz: Bundeskanzler Gerhard Schröder, Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, CDU-Vorsitzende Angela Merkel und Jürgen Rüttgers, den Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen. In Deutschland finden am 18. September vorgezogene Bundestagswahlen statt.
(rv 20.08.05 gs)
 
09 Uhr 58: Benedikt, mehr Dialog, aber Geduld
Etwa dreißig Repräsentanten christlicher Kirchen Deutschlands hat der Papst am Freitag Abend im Erzbischöflichen Haus von Köln empfangen. Dabei sprachen Kardinal Karl Lehmann und EKD-Ratsvorsitzender Bischof Wolfgang Huber auch Probleme im ökumenischen Miteinander an. Bischof Huber forderte einen offenen Dialog über Kirchendifferenzen. Jetzt müsse über das unterschiedliche Verständnis des Abendmahls und über Frauen und kirchliches Amt gesprochen werden, so Huber. Dann kam die erste ökumenische Grundsatz-Rede von Benedikt XVI. Es sei "ein Gebot der Stunde", den Dialog auf allen Ebenen des kirchlichen Lebens weiter zu führen. Gemeinsam mit vielen Christen erwarte er sich weitere konkrete Schritte der Annäherung. Die Spaltungen stünden "im Kontrast zum Willen Jesu und machen uns vor den Menschen unglaubwürdig". Benedikt mahnte aber auch zur Geduld: "Es darf keinen Dialog um den Preis der Wahrheit geben." Nach Überzeugung der katholischen Kirche bestehe die Einhait eben "unverlierbar in der katholischen Kirche". Das bedeute jedoch nicht Einheitlichkeit in allen Ausdrucksformen der Theologie und der Spiritualität, in den liturgischen Formen und in der Disziplin", sondern "Einheit in der Vielfalt und Vielfalt in der Einheit…"

 
 
09 Uhr 53: Papst an Seminaristen
Fahnen, Jubel, Benedetto-Rufe, als das Papamobil an der schönen romanischen Kirche eintrifft. Trotz des Nieselregens schüttelt ein lächelnder, entspannter Papst im Vorhof viele Hände, segnet ein krankes Kind mit Mundschutz. St. Pantaleon ist eine von zwölf romanischen Kirchen, die einen Kranz um den Dom bilden. Von einem überdachten Podium im Hof aus betet Benedikt XVI. die feierliche Vesper mit – neben ihm ein Kreuz, Kerzen, eine Marienstatue. Ein Priesteramtskandidat im kanariengelben Polohemd grüßt ihn im Namen der Seminaristen aus 88 Ländern. Beherzt wird das „Großer Gott, wir loben dich“ gesungen, und als ein junger Mann aus dem Collegium Albertinum in Bonn Zeugnis von seiner Berufung ablegt, bricht die Fernsehübertragung komplett zusammen – das technische Netz in Köln ist völlig überlastet. Die entscheidenden Bilder hat man da aber schon gesehen: einen gelösten Papst, singende junge Priesteramtskandidaten – im Kölner Nieselregen.


Hier die Kernsätze an die Seminaristen:


Ich freue mich über diese Begegnung mit euch. Ich wollte, dass in dem Programm dieser Kölner Tage ein spezielles Treffen mit den jungen Seminaristen stattfinde, damit die Dimension der Berufung, die in den Weltjugendtagen immer eine Rolle spielt, ausdrücklicher und stärker betont würde. Sicher erlebt ihr diese Erfahrung ganz besonders eindrücklich, eben weil ihr Seminaristen seid, das heißt junge Männer, die sich im Hinblick auf eine wichtige Aufgabe in der Kirche in einer intensiven Zeit der Suche nach Christus und nach einer Begegnung mit ihm befinden. Das nämlich ist das Seminar: weniger ein Ort als vielmehr ein bedeutsamer Abschnitt im Leben eines Jüngers Jesu. Ich stelle mir vor, welche Resonanz die Worte des Themas dieses XX. Weltjugendtags, „Wir sind gekommen, um ihn anzubeten“, und die gesamte biblische Erzählung von den Heiligen Drei Königen, aus der es entnommen ist, in euch auslösen können…
Das Seminar ist die Zeit der Vorbereitung auf die Sendung. Die Weisen aus dem Orient kehrten zurück in ihr Land, und sicher legten sie Zeugnis ab von ihrer Begegnung mit dem König der Juden. Auch ihr werden nach dem langen und notwendigen Ausbildungsgang des Seminars ausgesendet werden, um geweihte Diener Christi zu sein; jeder von euch wird als ein „alter Christus“ zu den Menschen zurückkehren. Auf ihrer Heimreise mussten die Sterneuter sich sicher mit Gefahren, Mühen, Verirrungen und Zweifeln auseinanderzusetzen. Der Stern, der sie geführt hatte, war nicht mehr da! Inzwischen trugen sie das Licht in sich….
Erinnert euch immer an die Worte Jesu: Bleibt in meiner Liebe. Wenn ihr in Christus bleibt, werdet ihr reiche Frucht bringen. Nicht ihr habt ihn erwählt, sondern er hat euch erwählt: das ist das Geheimnis eurer Berufung und eurer Sendung!
 
(rv 19.08.05 bp)

 
09 Uhr 14: Nächste Auflage des WJT in Sydney
Die australische Metropole Sydney wird 2008 die katholische Jugend der Welt willkommen heißen. Das hat gestern auch eine Jugendliche bestätigt, nachdem sie mit Benedikt XVI. in Köln zu Mittag gegessen hatte. Dabei hatte der Papst sie auf den nächsten Weltjugendtag in Sydney angesprochen. Die 19jährige Australierin berichtete anschließend den Journalisten, Benedikt habe ihr gesagt, er freue sich auf seine Reise auf den fünften Kontinent aus Anlass des nächtsen Weltjugendtages.
Offiziell soll der Austragungsort des nächsten WJT erst zum Abschluss des Kölner Treffens am Sonntag bekannt gegeben werden.
(rv 20.08.05 gs)
 
09 Uhr 07: Vatikan für mehr Hochschulseelsorge
Der Präfekt der vatikanischen Bildungskongregation, Kardinal Zenon Grocholewski, hat sich für eine Stärkung der Hochschulpastoral ausgesprochen. Gerade höher Gebildeten müsse «auf dem Niveau universitärer Bildung» das Licht des Glaubens erschlossen werden, sagte Grocholewski gestern beim Weltjugendtag in Köln. Besonders im Umfeld von Hochgebildeten gebe es bedrängende «Armut im geistlichen und seelischen Bereich».
(kna 20.08.05 gs)
 

 
Freitag, 19. August:

 
16 Uhr 41: Papst besucht Synagoge
Papst Benedikt XVI. hat heute Mittag die Kölner Synagoge besucht.
Es war ein sehr langer Händedruck und mit beiden Händen – jener, den Papst Benedikt XVI. und Rabbi Netanel Teitelbaum wechselten. Und der Applaus der Anwesenden in der Kölner Synagoge war mindestens genauso lang. Sicherlich war dieser Moment einer der Höhepunkt des Besuches von Papst Benedikt in der Kölner Synagoge. Der Rabbi hatte in seiner Ansprache kurz vorher unterstrichen, dass er seine Hand stellvertretend für das ganze jüdische Volk dem Papst und damit der katholischen Kirche reiche. Die Ansprache des Rabbis war tief persönlich – und vor allem tief beeindruckend. Alle fünf Finger hielt er in die Höhe, als er sagte, dass er den Katholiken seine Hand reiche. Die ganze Hand wolle er den Christen reichen. Es war der erste Besuch von Papst Benedikt XVI. in dem Gotteshaus einer anderen Religion seit seiner Wahl, der erste Besuch des deutschen Papstes in einer deutschen Synagoge – und historisch sicherlich, nach jenem ersten Besuch eines Papstes überhaupt, als Johannes Paul II. die Synagoge in Rom besucht hatte. Dass die Shoa, das schreckliche Hinschlachten von Juden durch Deutsche, bei diesem Besuch eine große Rolle spielte, war mehr als selbstverständlich: Der Papst ging gleich nach der Begrüßung zusammen mit allen Anwesenden in den Gedächtnisraum, der dort für die während des Dritten Reichs ermordeten Juden eingerichtet ist. Das Kaddish, das jüdische Totengebet erklang dort. Danach verharrte der Papst kurz in einem stillen Gebet, bevor er in den Gebetsraum der Synagoge geführt wurde. Und dort: Der Kantor singt auf hebräisch einen Psalm, den der Papst etwas dahinter sitzend hört. Nach dem Rabbiner ergreift auch der Papst das Wort – und unterstreicht die Erfolge, die der Dialog zwischen Juden und Katholiken gebracht hat. Außerdem erinnert er an das Konzilsdokument Nostra Aetate – und vergisst vor allem auch nicht, die Shoah zu erwähnen. Er verurteilt – auch und gerade mit Berufung auf das Konzil jeglichen Antisemitismus. Und - das ist wohl äußerst wichtig: Der Papst spricht die „gemeinsamen Wurzeln und das äußerst reiche christliche Erbe“, das Juden und Christen miteinander teilen. Aus diesem Erbe resultiert auch eine gemeinsame Aufgabe für die Zukunft, so der Papst. Am Ende stellen die Gemeindeleiter dem Papst wichtige Mitglieder der Synagogengemeinde vor – unter anderem einen Shoah-Überlebenden aus Köln oder neue Gemeindemitglieder aus Osteuropa, von denen zwei sogar Generäle der Roten Armee waren. Begleitet von Klezmer-Musik geht ein Treffen zu Ende, das mit Fug und Recht historisch genannt werden kann.
(rv 19.08.05 gs)


14 Uhr 44: Rabbi Teitelbaum
Hier die Ansprache des Kölner Rabbi Netanel Teitelbaum in der Synagoge in Kernsätzen.

Ihr Besuch heute, hochverehrter Papst Benedikt, ist ein Zeichen hin zur Öffnung des Friedens in der ganzen Welt und ... ein Schritt zum Frieden zwischen den Völkern der Welt. Ihr Besuch ist auch ein aktives Zeichen gegen den früheren christlichen Antisemitismus. Ihr Besuch hat darin größte Symbolkraft. Er zeigt allen, dass und wo Sie die katholische Kirche im Verhältnis zu den Juden in aller Welt sehen...
Im Judentum besteht die Grundlage für den Frieden aus fünf Säulen....
Ihr Besuch heute ist ein ein Symbol für den Frieden, der auf der Welt herrschen muss. Einen Frieden ohne Terror. Wenn wir diese fünf Säulen zusammenfassen, so bildet sich hieraus eine Hand. Und obwohl sie fünf Finger hat – sie ist doch eins. Sie ist eine Hand, die Hand des jüdischen Volkes, und diese Hand gebe ich Ihnen als ein Symbol des Friedens des jüdischen Volkes für alle Völker auf dieser Welt.
(rv 19.08.05 gs)




 
13 Uhr 46: Der Papst in der Synagoge
Papst Benedikt XVI. hat zu Mittag in Köln als erster Pontifex eine deutsche Synagoge besucht. Das Kirchenoberhaupt gedachte in der Trauerhalle mit Gemeinderabbiner Netanel Teitelbaum der von den Nazis ermordeten Juden. Beim anschließenden einstündigen Festakt rief der Papst Christen und Juden auf, sich gegenseitig "noch viel mehr und viel besser gegenseitig kennenzulernen". Er verurteilte jede Form von Antisemitismus und bedauerte, dass es erneut Zeichen dafür gebe. Mit dem Synagogenbesuch wolle er die "Freundschaft mit dem
jüdischen Volk" verbessern, sagte der Pontifex.

Der Papst setzte sich in Kontinuität zu seinem Vorgänger Johannes Paul II., der 1980 in Mainz dem Zentralrat der Juden in Deutschland und der Rabbinerkonferenz begegnet sei und sich intensiv um den christlich-jüdischen Dialog bemüht habe. "Auch und gerade in dem, was uns aufgrund unserer tiefsten Glaubensüberzeugung voneinander unterscheidet, müssen wir uns gegenseitig respektieren und lieben", so Benedikt XVI. Er hatte die Ansprache auf Hebräisch mit den Worten "Friede sei mit Euch" begonnen. Als Gastgeschenk erhielt er von der Gemeinde ein Schofar-Horn, das Juden für liturgische Zwecke nutzen. Er revanchierte sich mit einem Faksimile des Codex Vaticanus.

Benedikt XVI. erinnerte an die Geschichte der christlich-jüdischen Beziehungen, die "komplex und oft schmerzlich" sei. 60 Jahre nach Befreiung der Konzentrationslager der Nazis verneigte er sich vor den Opfern des Holocaust. Die Kirche müsse die Erinnerung daran in der Jugend wach halten, damit "die Mächte des Bösen nie wieder die Herrschaft erlangen". Christen und Juden sollten in Zukunft zusammen für Frieden und Gerechtigkeit eintreten. Ihr gemeinsames Erbe seien die Zehn Gebote, so der Papst.

Michael Rado vom Vorstand der jüdischen Gemeinde, die den Papst kurz nach seiner Wahl eingeladen hatte, bewertete den Besuch als außergewöhnliches Ereignis mit enormer religiöser und politischer Bedeutung. Möglicherweise könne er dazu beitragen, immer noch vorhandenen kirchlichen Antisemitismus zu bekämpfen. Er bezeichnete Benedikt XVI. als "Brückenbauer zwischen den Religionen" und würdigte, dass das Kirchenoberhaupt den von seinem Vorgänger eingeschlagenen Weg forsetze.


(kna 19.08.05 gs)








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