Deutschland: Lehmann rechnet nicht mit liberalem Papst
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, ist überzeugt,
dass Kardinal Joseph Ratzinger als neuer Papst Benedikt XVI. wesentlich freier vorgehen
kann als in seiner Zeit als Präfekt der Glaubenskongregation. „Ich kann mir vorstellen,
dass er sich etwa zum Terrorismus, zur Europapolitik, auch im Blick auf die Türkei,
äußern wird. Aber auch zur Globalisierung und zu den Problemen, die diese mit sich
bringt. Hier hat die katholische Soziallehre noch ein Defizit.“ Das sagte Lehmann
im Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Mehr Liberalität
als Johannes Paul II. schreibt Lehmann dessen Nachfolger allerdings nicht zu. „Das
wäre auch ein falsches Signal. Beide sind darin verwandt, dass sie - auch vor dem
Hintergrund der kommunistischen und der nationalsozialistischen Erfahrung - in Glaubensdingen
zu Kompromissen nicht bereit sind“, meint Lehmann nach den ersten 100 Tagen des neuen
Pontifikats. Es sei „eine riesige Aufgabe, gerade bei der Betonung der Entschiedenheit
den Glauben vor dem Abrutschen in Fanatismus und Fundamentalismus zu schützen“. Immer
wieder müsse der Versuchung widerstanden werden, eine überzogene konservativistische
Festigkeit an den Tag zu legen, um nicht als Weichei zu gelten. Doch dieser Versuchung
werde Benedikt XVI. sicher nicht erliegen. (FASZ)