Vatikan/Israel: Franziskanerpater: "Da steckt was anderes dahinter!"
Als unangemessen und absurd hat Kardinal Ersilio Tonini die israelischen Angriffe
gegen den Vatikan und den Papst bezeichnet. Es sei unglaublich, wie die Riesenschritte
der vergangenen 40 Jahre in den vatikanisch-jüdischen Beziehungen in wenigen Tagen
nahezu zerstört würden, sagte der Kardinal in einem Interview mit dem "Corriere
della Sera". Der Kardinal unterstrich die gewachsenen Beziehungen besonders unter
dem Pontifikat Johannes Pauls - angefangen vom Synagogenbesuch des Papstes mit der
Bezeichnung "ältere Brüder" bis hin zum Besuch der Klagemauer. Er sei "sprachlos"
angesichts der Vorwürfe aus Israel. Unterdessen hat der römische Oberrabbiner seine
Besorgnis über die diplomatische Krise zwischen Israel und dem Heiligen Stuhl geäußert.
In einem Interview sagte Riccardo di Segni, die Diskussion um die Nichterwähnung Israels
bei einer Aufzählung von Terrorakten durch Papst Benedikt sei "für beide Seiten nur
schädlich". Als religiöser Führer sei er über den eskalierenden Streit sehr besorgt
und hoffe, dass die Angelegenheit so schnell wie möglich gestoppt werden könne - der
Oberrabbiner unterstrich, er hoffe, das geschehe vor dem Besuch von Papst Benedikt
in der Kölner Synagoge in wenigen Wochen. Unterdessen hat ein ehemaliger Botschafter
Israels, Sergio Minervi, in einem Interview dem Heiligen Stuhl vorgeworfen, teilweise
auf Seiten der Araber und da insbesondere der Palästinenser stehen zu wollen. Was
aber steckt hinter der diplomatischen Krise? Der zur Heilig Land-Provinz gehörende
und in Israel geborene Franziskanerpater und Kirchenrechter David Maria Jaeger sagt,
die Aufregung um die Worte des Papstes seien nur vorgeschützt:
"Beamte
im israelischen Außenministerium waren zu einer Konferenz für Verhandlungen mit dem
Heiligen Stuhl nicht genügend vorbereitet, das am 25. Juli stattfinden sollte. Aber
weil die Verhandlungen so lang schleiften - und sie ließen sie schleifen! - waren
es ihnen, ums einfach zu sagen, peinlich, dass sie immer noch nicht fertig waren!
Sie schauten sich den Text der Papstansprache zum Angelus an und dachten, dass sie
eine wunderschönen Grund hätten, die Krise zu erfinden und die Gespräche abzusagen.
Genau das haben sie nämlich gemacht! Danach aber ging das Ganze nach dem Schneeballsystem
- und wir sind hier nahe zu diesen Sachen. Wir wissen genau, wie es lief!"
Das
könnte alles sehr einfach gelöst werden, meint Pater Jäger. Seiner Meinung nach könnte
der Regierungschef, Premierminister Ariel Sharon, die Sache ganz leicht stoppen:
"Ich
bin nämlich absolut sicher, dass der Premierminister über all diese Geschichte überhaupt
nichts gewusst hat, dass der Regierungschef vollkommen im Dunkeln gehalten wurde.
Denn der Premierminister ist es ja, der Präsident Bush und dessen Regierung vor etwa
zwei Jahren versprochen hatte, die Beziehungen zum Heiligen Stuhl zu beschleunigen
und voranzubringen und so die Vereinbarung mit dem Heiligen Stuhl zu erreichen, die
sie mit ihm erreichen müssen. Es ist nun Aufgabe des Regierungschefs eine vorbehaltlose
Entschuldigung gegenüber dem amtierenden Papst und seinem Vorgänger seligen Angedenkens
zu veröffentlichen." (rv 30. 7. 05 lw)