Der Seligsprechungsprozess für Papst Johannes Paul II. wird schnell zum Abschluss
kommen. Davon ist der römische Kardinalvikar Camillo Ruini überzeugt. Bei der feierlichen
Eröffnung des Verfahrens meinte er gestern Abend in der römischen Lateranbasilika,
in den Augen der Welt sei Papst Wojtyla schon jetzt heilig. Der vor drei Monaten verstorbene
Papst habe sein Leben für die Verbreitung des Evangeliums gegeben. Nur noch Papst
Benedikt fehlte gestern Abend beim Prozess-Auftakt in der römischen Kathedrale San
Giovanni: Benedikt nahm zeitgleich an einem Konzert im Vatikan teil, ließ Kardinal
Ruini bei der Lateran-Feier den Vortritt. Anders, als viele deutsche Blätter meldeten,
wurde Johannes Paul gestern Abend nicht etwa schon selig gesprochen - es startete
nur das entsprechende Verfahren, mit einer feierlichen Vesper. Vor vielen Kardinälen
und Politikern legten die Teilnehmer an dem Verfahren ihren Eid ab; darunter auch
der Postulator Slawomir Oder. Mit dabei in der Basilika war übrigens auch Erzbischof
Stanislaus Dziwisz, langjähriger Privatsekretär von Johannes Paul. Bewegend der Moment,
als die Gläubigen in der Lateranbasilika noch einmal in Sprechchöre ausbrachen - "Giovanni
Paolo", ein Ruf, der vielen nach fast 27 Jahren polnischen Pontifikats noch in den
Ohren hallt. In seiner Ansprache erinnerte Kardinal Ruini in bewegenden Worten
an Johannes Paul II. "Die Überzeugung, dass er ein Heiliger ist, ist tief und allgemein
verbreitet. Er war schon als Erzbischof von Krakau ein guter und verständnisvoller
Hirte für seinen Klerus und sein Volk, auch in sehr schwierigen Momenten. Ein unermüdlicher
Arbeiter für den Frieden, gegen den Krieg, für die Armen und Unterdrückten, für die
Menschenwürde, für die Ökumene, für das Miteinander der Religionen. Mit Weitblick
und Mut hat er zum Fall der Mauer, die Europa teilte, beigetragen. An der Wurzel seines
apostolischen Eifers war sein intensives, tiefes Gebet. Auf dem Petersplatz hat
er beim Attentat von 1981 wirklich sein Blut gegeben - und später nicht sein Blut,
aber dafür sein ganzes Leben, in den langen Jahren seiner Krankheit. Er gab dadurch
ein außerordentliches Zeugnis vom toten und auferstandenen Christus. Er zeigte der
Welt das Gesicht des von Christus erlösten Menschen." (rv 29.06.05 sk)