Vatikan: Papst warnt vor "radikaler Emanzipation des Menschen von Gott"
"Das Europa Benedikts in der Krise der Kulturen" - das ist der Titel des ersten in
Italien erschienenen Buches von Papst Benedikt XVI. Gestern abend wurde der Band mit
Texten aus der Zeit vor seiner Wahl zum Kirchenoberhaupt in Rom vorgestellt: "Die
wahre Konfrontation der heutigen Welt ist nicht die zwischen den unterschiedlichen
Religionskulturen, sondern die zwischen der radikalen Emanzipation des Menschen von
Gott auf der einen Seite und den großen Religionskulturen auf der anderen Seite."
Das ist eine der Kernthese des ersten Papstbuches. Die Adressaten der Textesammlung
sind auch laizistische Leser. Sie lädt der Papst ein, Gott nicht aus ihrem Leben auszuschließen,
sondern den Mut zu haben, ihn in die eigene Existenz zu integrieren. Benedikt zeichnet
ein Bild der aktuellen europäischen Gesellschaft als der einer einseitig rational
und wissenschaftsgläubig geprägten Gesellschaft. In Europa hat sich eine Kultur entwickelt,
so Bendikt weiter, die im radikalen Widerspruch nicht nur zum Christentum, sondern
zu den religiösen Traditionen der Menscheit überhaupt steht. Stellt nicht die individuelle
Freiheit als höchsten Wert über alles andere - so einer der päpstlichen Appelle. Weiter
warnt Benedikt vor einem "Relativismus, der zum Dogmatismus wird und sich im Besitz
der definitiven Erkenntnis der Vernunft glaubt". Benedikts Kulturkritik ist Bestandteil
eines Vortrags über das Vermächtnis des Mönchsvaters Benedikt an Europa, den Ratinger
am 1. April, einen Tag vor dem Tod Johannes Pauls, in Subiaco hielt. Dazu enthält
das Buch weitere Aufsätze aus Ratzingers Zeit als oberster Glaubenshüter. (kna/rv
22.06.05 hr)