Kaum stand der Wahlsieg der Opposition im Libanon fest, hat schon wieder ein brutaler
Mord die Öffentlichkeit erschüttert. Der tödliche Bombenanschlag auf einen offen anti-syrischen
Politiker scheint Beobachtern als Beweis dafür, dass auch nach dem Rückzug der Syrer
der syrische Geheimdienst im Land aktiv bleibt. Tausende Menschen demonstrierten gestern
in Beirut, um den feigen Mord zu verurteilen. Unterdessen haben die USA und Großbritannien
Syrien öffentlich gerügt. Wir haben Bechara Rai, den maronitischer Bischof von Jbeil,
um eine Einschätzung gebeten: „Die meisten Libanesen wundern sich über gar
nichts - weil der libanesische Staat sich noch immer nicht von diesen Agenten befreit
hat. Und jetzt sind es die Libanesen selbst, die sich anstrengen müssen, um ihre eigene
Politik, ihre eigene Demokratie zu errichten." Und dafür blickt das Land jetzt
auf den Wahlsieger Saad Hariri, den Sohn des ermordeten Ministerpräsidenten. Auf
ihn kommen große Aufgaben zu, sagt Bischof Rai: „Alle sagen, dass das Land
dringend Reformen braucht. Das beste wäre, einfach die Verfassung von 1990 in Kraft
treten zu lassen, die bisher nicht gelten konnte, weil es keinen souveränen Staat
gab. Was hinzukommt ist, dass die Wahlen auf der Grundlage des Gesetzes von 2000 stattgefunden
haben – einem unausgewogenen, ungerechten Gesetz. Das wäre die dringendste Reform:
die des Wahlrechts, es muss gerechter werden. (rv 22.06.05 hr)