Der Libanon hat gewählt. Die ersten demokratischen Wahlen ohne Kontrolle Syriens nach
33 Jahren sind zu Ende gegangen, und die bisherige anti-syrische Opposition im Zedernstaat
hat nach vier Wahlrunden die meisten Stimmen auf ihrem Konto verbucht. Saad Hariri,
der Sohn des im Februar ermordeten Ex-Premiers Rafik Hariri, hat sich zum Wahlsieger
erklärt. Die neue Regierung steht vor klaren Herausforderungen, sagt Camille Eid,
Libanese und katholischer Journalist in Italien: „Die Resolution, die den Abzug
der syrischen Truppen ermöglicht hat, sieht auch die Entwaffnung der Hisbollah-Milizen
und der palästinensischen Organisationen vor. Dem muss man sich jetzt im Libanon stellen,
vor allem Hariri und Djumblatt. Wie auch immer die neue libanesische Regierung, die
sicherlich aus diesen beiden Gruppen und anderen Partnern gebildet werden wird, damit
umgehen wird - in dieser Frage wird sie in Schwierigkeiten geraten.“ Der Libanon
hat eine Zukunft in der internationalen Staatengemeinschaft, sagt Eid. Auch wenn der
Weg für den Zedernstaat noch weit ist: „Wir müssen über die Unterstützung der Vereinigten
Staaten und Frankreichs nachdenken. Nach dreißig Jahren syrischer Vorherrschaft ist
eine totale Autonomie nicht ohne weiteres möglich. Wir erleben also derzeit eine Phase
des Übergangs, die sehr positiv ist. Denn der Libanon hat begonnen, auf eigenen Füßen
zu stehen. Es gibt Schwierigkeiten und Hindernisse, aber es war auch nicht zu erwarten,
dass man innerhalb von einem oder zwei Monaten aus der Besatzung zur Unabhängigkeit
gelangt.“ (rv 20.06.05 bp)