"Ich bin kein Sieger, ich habe nicht gewonnen!" Mit diesen Worten hat Kardinalvikar
Camillo Ruini, der Vorsitzende der Italienischen Bischofskonferenz, auf Pressestimmen
reagiert, die ihm einen Sieg zuschreiben. Schließlich ist gestern das Referendum zur
künstlichen Befruchtung gescheitert - zu wenig Stimmberechtigte waren in den Wahllokalen
erschienen. Die katholische Kirche Italiens hatte genau das erhofft: Die Gesetzesnovelle
zu stoppen durch zu geringe Wahlbeteiligung. "Ich habe nur versucht meine Pflicht
als Bischof zu tun", betonte Kardinal Ruini gestern Abend im italienischen Staatsfernsehen
Rai. "Ich habe versucht auf mein Gewissen als Mensch, Christ und Bürger zu hören".
Gegenüber Radio Vatikan meinte Ruini: "Auf der einen Seite: Sicherlich, die
katholische Welt ist so vereint gewesen wie selten. Sie hat gezeigt, dass sie tief
die Gründe versteht, derentwegen man der Linie folgen musste, auf der wir dann auch
vorwärts gegangen sind. Auf der anderen Seite haben einige katholische Laien, die
in der Gesellschaft von Rang sind, voll diese Linie geteilt, ja sogar voran gebracht,
die Linie der Verteidigung des Menschen als solchem." Die Kritik, die Kirche
habe sich zu sehr in die Politik eingemischt, weist Kardinal Ruini zurück: "Das
ist total falsch! Wenn man unter Laizität eines Staates versteht, dass die Kirche
sich nicht öffentlich äußern darf, dann handelt es sich nicht um Laizität, sondern
um einen Laizismus, der dem Staat mehr als der Kirche schadet. Wenn man aber unter
Laizität die Freiheit eines jeden zur Aufgabenteilung versteht, dann wurde diese Laizität
in keinster Weise verletzt." Kardinal Ruini äußerte sich sehr zufrieden über
den Ausgang des Referendums. Dass nur rund ein Viertel der Wahlberechtigten zur Abstimmung
gegangen sei, übertreffe seine Erwartungen bei weitem, so Ruini. (rv 14. 6. 05
lw)