2005-06-14 16:21:48

Deutschland: "Halt, Herr Bundeskanzler", sagt ein Ethikratsmitglied


Der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder hat sich deutlich für eine Lockerung der Embryonen-Schutz-Gesetze in Deutschland ausgesprochen. Er brach eine Lanze für die Forschungsfreiheit: "Wir müssen der Chance eine Chance geben", so Schröder in Anspielung auf die von manch einem versprochenen Segnungen, die die Behandlung mit embryonalen Stammzellen bringen könnten. "Wir werden uns der Tendenz zur Liberalisierung mit der Forschung mit menschlichen Stammzellen nicht entziehen können", so Schröder weiter. Allerdings unterstrich der Bundeskanzler, er wolle eine "Forschung ohne Fesseln, nicht ohne Grenzen". Dass Gerhard Schröder sich für eine Lockerung des Embryonenschutzes einsetzt, ist nichts neues, sagt Eberhard Schockenhoff, Professor für Moraltheologie und Mitglied des Nationalen Ethikrates. Schon von Anfang seiner Amtszeit an sei das ein Thema für den Bundeskanzler gewesen:
"Zu diesem Zweck hat er ja dann damals versucht, den Nationalen Ethikrat einzusetzen und auf dieser Linie von der Zusammensetzung seiner Mitglieder her zu bringen. Damals - das war in der vergangenen Legislaturperiode - führte das nicht zu dem Ziel, weil es einfach am Mehrheitswillen des Parlamentes scheiterte. Damals wurde ja dann das Stammzellengesetz verabschiedet. Das war ein parlamentarischer Kompromiss, aber er blieb weit hinter dem zurück, was dem Kanzler vorschwebte an Liberalisierung, an 'Deregulierung', wie man das so schön sagt. Deshalb versucht er es jetzt in einem weiteren Anlauf. Außerdem ist es sicher auch ein Versuch, in den wenigen Politikfeldern, in denen er überhaupt noch handlungsfähig ist, einmal wieder die Meinungsführerschaft an sich zu ziehen."
Natürlich muss man zustimmen, sagt Eberhard Schockenhoff: Die Freiheit der Forschung ist ein großes Gut in einem demokratischen Staat.
"Auch kann man die Forschungsfreiheit nicht dadurch begrenzen, dass man eine Art Bringschuld der Wissenschaft - also dass sie den Erfolg ihrer Bemühung zuvor nachweisen muss - konstruiert. Aber auf der anderen Seite ist die Forschungsfreiheit natürlich nicht unbegrenzt, sondern sie findet ihre Grenze an den grundlegenden, fundamentalen Rechten anderer. Hier steht ihr in diesem Fall das Recht auf Leben gegenüber, das ein fundamentales Recht ist, das sich anders als die Forschungsfreiheit auch nicht partiell eingrenzen lässt. Das Recht auf Leben kann man entweder missachten und zerstören oder man anerkennt und respektiert es. Da geht es um alles oder nichts!"
Es gehe nicht nur um eine noch zumutbare Einschränkung, so der Moraltheologe. Vielmehr steht hier die Frage nach Sein oder Nichtsein im Raum:
"In diesem Konflikt muss die Forschungsfreiheit jedenfalls nach Auffassung des Embryonenschutzgesetzes und auch nach dem Grundsatz des Stammzellengesetzes zurücktreten. Es gibt kein Recht, menschliches Leben zur Verfügungmasse, auch nicht für hochrangige Ziele der Wissenschaft, zu machen."
Der Vorstoß zur embryonalen Stammzellforschung des Kanzlers ist unsinnig, sagt auch Peter Liese, Arzt und Abgeordneter des Europäischen Parlamentes. Der Leiter der Arbeitsgruppe Bioethik der Christdemokratischen Fraktion im EU-Parlament sagt: Man muss sich wenn dann auf die adulten Stammzellen konzentrieren!
"Wir haben bei den adulten Stammzellen im Gegensatz zu den embryonalen schon konkrete Erfolge. Es gibt Patienten, die sind gesund, weil es adulte Stammzelltherapie gibt. Embryonale Stammzellen erzeugen im Tierversuch Krebs, deswegen hat noch niemand versucht, sie auf Patienten zu übertragen. Trotzdem gibt es wenig etablierte Therapien mit adulten Stammzellen, weil die gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht gut genug sind und weil auch die finanzielle und die allgemeine politische Unterstützung nicht ausreichend ist. Das wird immer so ein bisschen als weniger wichtig dargestellt. Das ist aber wichtiger für die Patienten! Und es ist die ethische Alternative zur embryonalen Stammzellforschung."
Gerhard Schröder äußerte sich übrigens aus Anlass der Überreichung der Ehrendoktorwürde durch die Universität Göttingen.
(rv 14. 6. 05 lw)







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