Die Schweiz hat gestern abgestimmt. Über das Schengen-Abkommen und über ein neues
Partnerschaftsgesetz. Homosexuelle können künftig also ihre Partnerschaft auf dem
Standesamt regiestrieren lassen. Für die Paare gelten dann weitgehend die gleichen
Rechten und Pflichten wie für Ehepaare, vor allem was die soziale Sicherung angeht,
das Erbrecht oder Steuerfragen. Adoption und Methoden der künstlichen Fortpflanzung
bleiben verboten. Eine "Homo-Ehe" ist es aber nicht, sagt der katholische Ethiker
Alberto Bondolfi aus Lausanne: "Es steht nirgends in diesem Modell, dass der
Staat diese Lebensform unterstützen oder begünstigen will, sondern er anerkennt die
Wirklichkeit. Unser Staat sagt, lieber eine gesellschaftlich sichtbare Form, die eine
gewisse Institutionalisierung bedeutet, als einfach die volle Promiskuität. Die Alternative
ist nicht eingetragene Partnerschaft versus Ehe, sondern eingetragene Partnerschaft
versus Zügellosigkeit. Somit ist das sicherlich ein Fortschritt." Eine Homo-Ehe,
wie in Spanien, wäre mit den Schweizern nicht zu machen gewesen, sagt Bondolfi. "Die
Schutzelemente, die enthalten sind, sind vor allem Dinge, die mit den Modalitäten
des sexuellen Lebens nichts zu tun haben, sondern hier ist das Versprechen der gegenseitigen
Hilfen und Unterstützung zentral. Das bedeutet für die beiden Partner auch eine Art
Verpflichtung zur gegenseitigen Hilfe, hat auch indirekt eine Art sittenbildende Funktion." Doch
der Umgang mit Homosexualität sei in der Schweiz anders als im Rest Europas. In den
80-ern hatte der Alpenstaat die höchste Todesrate unter aidskranken Männern. Ein generelles
Nein der Katholiken hat es nicht gegeben, sagt Bondolfi. "Es gibt einzelne Kantone,
die diese Vorlage abgelehnt haben. Alle diese Kantone haben eine katholische Mehrheit
in der Bevölkerung. Aber es gibt auch andere Situationen, nämlich Basel-Stadt oder
Genf oder Zürich, wo die Mehrheit der Wähler mindestens vom Papier her auch katholisch
sind. Dort hat die Vorlage einen sehr großen Erfolg gehabt. Das heißt mit anderen
Worten - und das sage nicht nur ich, sondern auch Politologen, die diese Abstimmung
kommentiert haben - der Unterschied ist zwischen Stadt und Land und nicht so sehr
zwischen katholisch und nicht-katholisch." Bondolfi kann - auch aus ethischer
Sicht - mit dem neuen Gesetz leben. Aber verbesserungswürdig ist es in seinen Augen
allemal. Ihm schwebt ein Modell vor, wie es in Frankreich praktiziert wird: Ein rein
zivilrechtlicher Vertrag, den Bruder und Schwester, den Pfarrer und Haushälterin oder
eben Mann und Freund, Frau und Freundin miteinander abschließen können. (rv 06.06.05
bp)