Nur drei Tage nach dem "Nein" der Franzosen zur so genannten EU-Verfassung sind heute
die Niederländer zum Urnengang aufgerufen. Und: Die Prognosen verheißen auch hier
ein deutliches Scheitern des Verfassungstextes - 60 Prozent der Wahlbrechtigten
könnten Umfragen zufolge dagegen stimmen. Wir haben den Oberhirten von Rotterdam nach
den Hintergründen dieser augenscheinlichen Europa-Skepsis seiner Landsleute gefragt.
Bischof Adrianus van Luyn sagt: "Das Misstrauen ist enorm - durchaus mit der
Situation in Frankreich vergleichbar. Da ist zum einen die Osterweiterung - die Niederländer
haben Angst, dass sie jetzt von Arbeitskräften aus dem Osten überlaufen werden. Viele
sind auch gegen die Verhandlungen über einen EU-Beitritt der Türkei. Dann die gestiegenen
Lebenshaltungskosten nach der Euro-Einführung... Unsere Bürger haben Angst, dass die
Niederlande durch den neuen Vertrag ihre Autonomie in ganz unterschiedlichen Bereichen
verlieren könnten. Hinzu kommen Zweifel, ob dieses Vetragswerk wirklich demokratisch
ist. Die Ängste sind also groß - und werden von bestimmten Politikern instrumentalisiert.
Die großen Parteien sind für die Verfassung - und so lehnen manche Bürger den Text
auch deshalb ab, um gegen die Sozialpolitik ihrer eigenen Regierung zu protestieren."
Die katholische Kirche hatte sich im Vorfeld des Referendums mit Nachdruck
für die Annahme des Vertragstextes ausgesprochen. (rv 01.06.05 hr)