Vatikan: Papst ruft reiche Nationen zum Teilen auf
Jedes Volk der Welt muss dazu bereit sein, seine spirituellen und materiellen Güter
zu teilen. Papst Benedikt XVI. hat den Nationen der internationalen Gemeinschaft heute
ins Gewissen geredet, mehr Anstrengungen zum Wohl aller zu unternehmen. Bei seiner
Antritts-Audienz für die am Heiligen Stuhl akkreditierten Botschafter sagte der Papst:
„Alle zusammen sind aufgerufen – die christlichen Gemeinschaften, die Verantwortlichen
der Nationen, die Diplomaten und alle Menschen guten Willens, eine friedliche Gesellschaft
zu gestalten. Es gilt, die Versuchung des Streits zwischen Kulturen, Ethnien und verschiedenen
Welten zu meistern. Deshalb muss jedes Volk in sein spirituelles und kulturelles Erbe
die besten Werte einfließen lassen, die es in sich trägt. So kann es ohne Angst dem
Anderen entgegengehen, und gleichzeitig seine spirituellen und materiellen Reichtümer
zum Wohl aller teilen.“ Zum ersten Mal nahm Benedikt indirekt Stellung zu Presseberichten,
die ihm, namentlich in der englischen Boulevardpresse, seine Mitgliedschaft als Kind
in der Hitlerjugend vorhielten. „Ich komme aus einem Land, in dem der Frieden
und die Brüderlichkeit allen Menschen am Herzen liegen – vor allem jenen, die, so
wie ich, den Krieg und die Trennung zwischen Brüdern erlebt haben, die doch einer
einzigen Nation angehören. Dort waren zerstörerische und unmenschliche Ideologien
am Werk, die unter dem Mantel der Träume und Illusionen die Menschen unter das Joch
der Unterdrückung zwangen. Sie werden also verstehen, dass mir besonders viel am Dialog
zwischen allen Menschen liegt, um jede Form von Konflikt und Spannung zu überwinden,
und um aus unserer Welt eine Welt des Friedens und der Brüderlichkeit zu machen.“ Der
Dekan des Diplomatischen Corps, Giovanno Galassi, der Botschafter von San Marino,
bezeichnete in seiner Dankesrede an den Papst diesen als Hoffnungsträger für Menschen
nicht nur der Christenheit. „Ihnen, Heiliger Vater, wenden sich mit erneuertem
Vertrauen Menschen aller Kontinente und Religionen zu, um aus der bösartigen Spirale
der Egoismen und der Amtsverletzungen auszubrechen. Was diese Menschen antreibt, ist
die Hoffnung, dass Ihre Amtsführung ein neues friedliches Zusammenleben zwischen den
Menschen und Völkern im gegenseitigen Respekt ermöglichen wird; wir brauchen eine
neue Gesellschaft, die nicht dem freien Markt unterworfen ist noch den Ideologien
der Macht, sondern die sich des spirituellen Schatzes bewusst ist, den jedes Geschöpf
in sich trägt.“ Der Heilige Stuhl unterhält diplomatische Beziehungen mit 174
Ländern, außerdem mit dem Malteserorden und der Europäischen Union. Andere Länder
lud der Papst dazu ein, diplomatische Beziehungen mit dem Heiligen Stuhl aufzunehmen.
Zu diesen Nationen zählen etwa China, Vietnam und Saudi Arabien. (rv 12.05.05
gs)