Die Kardinäle im Konklave haben Kardinal Joseph Ratzinger wegen "seiner großen Einfachheit"
zum Papst gewählt. Diesen Eindruck hat der tschechische Jesuit und Ostkirchen-Experte,
Kardinal Tomas Spidlik. Der Purpurträger durfte zwar nicht mitwählen, weil er die
Altersgrenze überschritten hat - aber die Kardinals-Versammlungen vor dem Konklave
haben sich ihm eingeprägt: "Ich fühlte mich erbaut von diesem ruhigen Klima. Ich glaube,
der jetzige Papst hat bei diesen Versammlungen großen Eindruck gemacht, weil er mit
großer Einfachheit und Organisations-Talent den Vorsitz geführt hat. Ich glaube, diese
Einfachheit hat alle beeindruckt." Unmittelbar vor dem ersten Wahlgang am Montag
vor einer Woche hielt Kardinal Spidlik den Kardinälen im Konklave eine Betrachtung.
Bei uns deutet er jetzt erstmals an, was er den Papstwählern dabei gesagt hat: "Christliche
Wurzeln. Wir stehen jetzt vor der Tatsache, dass das Christentum nach Asien, Afrika
und in Länder kommt, wo es keine christlichen Wurzeln gibt. Was tun? Muß Europa jetzt
seine Kultur dahin exportieren? Nein, das nicht - aber doch dabei helfen, dass Christus
dort Wurzeln schlagen kann, so wie das etwa die heiligen Kyrill und Methodius getan
haben. Wir wollen, dass Christus arabisch spricht, dass er asiatische Sprachen spricht
usw. Dazu müssen wir von unserer rein europäischen Perspektive abkommen - wir sind
nicht mehr die Welt schlechthin, das ist vorbei! Wir müssen uns klarwerden, dass es
da draußen eine ganze Welt gibt." (rv 27.04.05 sk)