Der neue Papst will vor allem Diener sein. Das meinte er bei einer Audienz für die
Kardinäle heute Vormittag in der Sala Clementina des Vatikans. In seiner Ansprache
meinte er, er wolle den Kardinälen "in einfacher und brüderlicher Weise meine Gefühle
in diesen Tagen erzählen". Er habe derzeit ein "tiefes Bedürfnis nach Schweigen, tiefe
Dankbarkeit und einen Sinn des Umvermögens" angesichts seiner neuen Aufgabe. Seine
erste Begegnung mit den Gläubigen auf dem Petersplatz nach seiner Wahl sei "wirklich
bewegend" gewesen. Er danke für die ihm gezeigte Solidarität, vor allem aber auch
den Kardinälen für ihre "aktive Mitarbeit in der Leitung der Kirche während der Sedisvakanz".
Er hoffe auch weiter, so Papst Benedikt, "auf eure großzügige Mitarbeit". "Ich bitte
euch, laßt es nie an dieser Unterstützung für mich fehlen!"
Er wisse um seine Grenzen, betonte der Papst. "Ich weiß auch, was die Natur der Mission
ist, die mir anvertraut wurde und die ich mit innerer Hingabe erfüllen will. Hier
geht es nicht um Ruhm, sondern um einen Dienst, den es mit Einfachheit und Bereitschaft
zu leisten gilt." Er nehme sich, so der Papst weiter, Christus zum Vorbild, "der ja
nicht kam, um zu herrschen, sondern um zu dienen". Er wolle sein Bestes tun, um dem
zu entsprechen.
Benedikt XVI. erinnerte auch an seine Vorgänger, vor allem an Johannes Paul II. "Sein
Zeugnis in den letzten Tagen hat uns mehr als je zuvor gestützt, und seine Präsenz
fühlen wir immer noch." Der Tod Johannes Pauls habe "österliche Merkmale gehabt; mit
seiner "Agonie hat er eine Art letzter Messe gefeiert, die im "Amen" gipfelte - ein
völlig als Opfer dargebrachtes Leben".
Nach der Ansprache und dem Segen Benedikts XVI. defilierten die Kardinäle an ihm vorbei.
Dabei begrüßte Papst Ratzinger, neben dem Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano saß,
ältere oder kranke Kardinäle wie etwa Augustin Mayer im Stehen. Münchens Kardinal
Friedrich Wetter, als Münchner Erzbischof Nachfolger des früheren Kardinal Ratzinger,
sagte zum Papst: "Wir sehen uns dann" und "Für viele Jahre!" Antwort des neuen Papstes:
"Gottes Segen für dich!" Der Kölner Kardinal Joachim Meisner sagte dem Papst unter
Anspielung auf den kommenden Weltjugendtag im August: "Wir warten!" Wiens Kardinal
Christoph Schönborn meinte zu Benedikt: "Es freut mich." Der Vorsitzende der deutschen
Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, grüßte den Papst, den er mit "Heiliger Vater"
ansprach, besonders herzlich. Sehr lebhaft unterhielen sich der orientalische Patriarch
Moussa I. Daoud und später Kardinal Renato Martino mit dem Neugewählten. Mit jedem
Kardinal unterhielt sich der Papst ungefähr zwanzig Sekunden lang.
Nach der Audienz stimmte Papst Ratzinger das "Regina Coeli" an; dann verabschiedete
er sich auf italienisch mit den Worten: "Danke, alles Gute, wir seh`n uns am Sonntag!"
Die anwesenden Kardinäle sangen zum Schluß noch ein lateinisches Glückwunsch-Lied.
(rv 22.04.05 sk)