Von schwerer Krankheit gezeichnet, übt Johannes Paul II. sein Amt seit mehr als 26
Jahren aus. Bei seiner Wahl im Alter von 58 Jahren strotzte er vor Gesundheit, sportlich
durchtrainiert durch Kanufahren, Schwimmen, Wandern und Skifahren. Als ihn knapp drei
Jahre später, am 13. Mai 1981, der türkische Attentäter Ali Agca auf dem Petersplatz
mit einem Bauchschuss schwer verwundete, nahm sein Leben auch physisch eine entscheidende
Wende.
Schon damals versteckte der Papst sein Leiden nicht. Er bestand darauf, in der römischen
Gemelli-Klinik fotografiert zu werden. Nicht nur damals war er als Patient ungeduldig.
Gegen den Rat der Ärzte drängte er auf eine rasche Rückkehr an seinen vatikanischen
Schreibtisch - zu früh, wie sich bald herausstellte. Am 20. Juni musste er erneut
in die Klinik: Eine schwere postoperative Virusinfektion zwang zu weiteren 24 Tagen
Klinikaufenthalt.
Im Februar 1982 nahm er seine weltweite Reisetätigkeit mit unvermindertem Tempo wieder
auf; das Kapitel «Krankheit» schien vorerst abgeschlossen. Doch zehn Jahre später,
am 12. Juli 1992, wurde er erneut in die Gemelli-Klinik eingeliefert: Ein orangengroßer
Darmtumor wird von den Ärzten als mögliche Spätfolge des Attentats gewertet. Im selben
Jahr machte sich erstmals auch ein Zittern der linken Hand bemerkbar. Noch lange dementierte
Vatikansprecher Joaquin Navarro-Valls, dass es sich um die Parkinsonsche Krankheit
handele; erst 1996 räumte er den Befund indirekt ein und sprach von einer «extrapyramidalen»
Nervenerkrankung.In den 90er Jahren ließ eine Reihe gefährlicher Stürze die Diagnose
Parkinson immer deutlicher werden. Ende 1993 strauchelte Johannes Paul II. bei einer
Audienz und zog sich eine Schulterfraktur zu. Ende April 1994 folgte, nach einem Sturz
im Bad, ein Oberschenkelhalsbruch. Die Operation zum Einsatz einer Hüftprothese gelang
nur bedingt; eine zunehmende Gehbehinderung war die Folge. Weihnachten 1995 musste
Johannes Paul II. die Segnungszeremonie «Urbi et Orbi» wegen plötzlicher Übelkeit
unterbrechen. Im Oktober 1996 der sechste Klinikaufenthalt: Diesmal wird der entzündete
Blinddarm sowie wucherndes Narbengewebe - eine Spätfolge der früheren Operationen
- aus dem Bauchraum entfernt.
Seit 1999 bestimmten die Parkinson-Erkrankung sowie die zunehmende Gehbehinderung
das Leben des Papstes. Seit dem Heiligen Jahr 2000 benutzt Johannes Paul II. regelmäßig
eine fahrbare Plattform, um den Petersdom bei Veranstaltungen zu durchqueren.
Seit Frühjahr 2002 macht sich eine Arthritis immer mehr bemerkbar; der Papst kann
nur noch unter Schmerzen wenige Schritte gehen. Bei seinen Auslandsreisen wird ein
Aufzugeingesetzt, um ihm den Weg über die Gangway zu ersparen. Auch der geliebte Sommerurlaub
in den Alpen fällt seit zwei Jahren aus. Seit diesem Frühjahr feiert der Papst auf
einem eigens für ihn angefertigten Rollsessel große Gottesdienste im Sitzen. Dank
einer verbesserten Medikation und eines speziellen Trainings gelang es ihm zwischenzeitlich
jedoch, wieder verständlicher zu sprechen.
Nach Meinung des Papstes müssen Schmerz, Krankheit und Leiden als Teil der menschlichen
Natur angenommen werden. In mehreren Ansprachen und Dokumenten hat er betont, dass
für einen Christen das Leiden in einem tiefen inneren Zusammenhang mit der Passion
Christi steht, durch die er die Welt erlöste. Bei einer Begegnung mit Kranken im Jahr
2000 sagte er, im Kreuz Christi erhalte «alles Leiden eine Möglichkeit von Sinn».
Die Krankheit bleibe eine Prüfung, aber sie werde von Hoffnung erhellt.
Im Jahr 2005 ist Johannes Paul schon zweimal in die Gemelli-Klinik eingeliefert worden
- wegen Infektion und akuter Atemnot. Zuletzt wurde ihm ein Luftröhrenschnitt gesetzt
und - zur besseren Atmung - eine Röhre in den Rachen eingeführt. Derzeit wird Johannes
Paul II., der wieder im Vatikan ist, über eine Nasen-Magen-Sonde flüssig ernährt.
Ein weiterer Gemelli-Aufenthalt - es wäre sein elfter - ist abzusehen.
Die zahlreichen Spekulationen, er werde wegen seiner angeschlagenen Gesundheit zurücktreten,
hat Johannes Paul II. im Laufe der Jahre immer wieder zurückgewiesen. Auch hat er
Ratschläge seiner Umgebung, auf Reisen oder andere Anstrengungen zu verzichten, stets
ausgeschlagen. Im Gespräch mit einem südamerikanischen Bischof soll er zu diesem Thema
einmal geäußert haben, dass Jesus ja auch nicht vom Kreuz gestiegen sei.
(kna 31.03.05 gs)