Bei den Diskussionen um die Gesundheit des Papstes geht es immer auch darum: Wird
der Papst nun am Karfreitag beim Kreuzweg am Kolosseum in Erscheinung treten oder
nicht? Dieser Kreuzweg hat sich in den letzten Jahren zu einer der weit reichendsten
Veranstaltungen der Kar- und Ostertage in Rom entwickelt. In diesem Jahr hat Kardinal
Joseph Ratzinger die Texte für den Kreuzweg verfasst. Uns gegenüber erklärte er, wie
er auf die Bitte des Papstes, die Meditationen zu verfassen, reagiert hat:
"Es war einerseits ein Problem für mich, den Text zu schreiben, weil ich mit Arbeit
überlastet bin. Andererseits habe ich mich auch gefreut, ich habe ja Jahrzehnte meines
Lebens immer wieder den Kreuzweg meditiert; etwas davon weiterzugeben für das Gebet
in der Kirche, war für mich auch eine Freude, und ich hoffe, dass ich Menschen damit
helfen kann, nicht nur zu beten, sondern ihr Leben recht zu gestalten. Den Grundgedanken
des Kreuzwegs habe ich im Jahr der Eucharistie aus Johannes 12 genommen: 'Das Weizenkorn,
das nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt allein. Stirbt es in der Erde, so bringt
es viele Frucht.' Der Herr hat damit der ganzen Passion, dem Kreuzweg, eine eucharistische
Deutung gegeben und zugleich eine existentielle Deutung: Nur wer sein Leben verliert,
findet es, wer sein Leben festhalten will, findet es gerade nicht. Und: Mitgehen auf
dem Kreuzweg ist nicht einfach eine Quälerei oder eine Sentimentalität, sondern bedeutet,
dieses Grundgesetz des Weizenkorns annehmen im Sichverlieren/Sichfinden - und so ist
Kreuzweg Teilnahme an der eucharistischen Mitte der Kirche."
(rv 23. 3. 05 lw)